Proliferation des Mammaepithels beim Mann
Gynäkomastie bezeichnet die ein- oder beidseitige Schwellung des rudimentären männlichen Mammagewebes mit
tastbarem Drüsenkörper. Sie ist von der Pseudogynäkomastie (Lipomastie) zu unterscheiden, bei der es sich
nur um eine lokale Anreicherung von Fettgewebe handelt wie sie bei adipösen Männern häufig mehr oder weniger
deutlich ausgeprägt ist. Die echte Gynäkomastie kann als Symptom gewertet werden, das auf eine hormonelle
Störung hinweist. Die Ursache dafür sind insbesondere Hormon produzierende Tumoren bzw. eine unzureichende
Testosteronwirkung, so dass diesbezüglich zu fahnden ist. Medikamentöse Therapien bei Gynäkomastie basieren
bislang auf wenig überzeugenden Evidenzen, so dass Nutzen und Risiken von Fall zu Fall abgewogen werden
müssen [1].
Gynäkomastie in verschiedenen Lebensabschnitten
Ein hoher Prozentsatz der Jungen ist in der Pubertät von der so genannten Pubertätsgynäkomastie betroffen. Während der hormonellen Übergangsphase werden adrenale Androgene in der Körperperipherie zu Estrogenen umgewandelt. Erst wenn die testikuläre Testosteronsekretion hinreichend hohe Werte erreicht, überwiegt der Androgeneinfluss am Mammagewebe. Die männliche Brustentwicklung kann in der Pubertät die Tanner-Stadien 1 und 2 erreichen und bildet sich zumeist innerhalb von zwei bis drei Jahren zurück. Persistiert die Gynäkomastie oder wird ein Tanner-Stadium 3 oder gar 4 erreicht, ist mit einer kompletten Rückbildung nicht zu rechnen, so dass bei Nichtgreifen medikamentöser Maßnahmen eine operative Korrektur erforderlich werden kann.
Mit zunehmendem Lebensalter steigt die Inzidenz der Gynäkomastie an. Über 70% der 70-jährigen Männer können
betroffen sein.
Der altersbedingte Rückgang der Testosteronbildung kann dazu führen, dass vermehrte periphere Estrogenbildung
den Testosteroneinfluss am Mammagewebe soweit antagonisiert, dass es zur Entwicklung einer Gynäkomastie kommt.
Gynäkomastie kann sich als Folge von Nebenwirkungen bei Medikamenteneinnahme entwickeln. Unter anderen sind Cyproteronacetat, Flutamid, Bicalutamid, Digitalispräparate, Spironolacton, Antihypertensiva, Antidepressiva [2] und Chemotherapeutika als mögliche Verursacher von Gynäkomastie verzeichnet.
Xenoestrogene wie das Biphenol A – eine weit verbreitete Industriechemikalie, die als endokriner Disruptor die Fortpflanzung beeinträchtigt – wurden in der Umwelt in Konzentrationen nachgewiesen, die auch als Verursacher von Gynäkomastie in Frage kommt [3].
Als weitere Ursachen für Gynäkomastie sind Allgemeinerkrankungen wie Leberzirrhose infolge Alkoholabusus oder
Virusinfektion, chronische Nierenkrankheiten und Unterernährung in Betracht zu ziehen.
Als Laborwerte sind Testosteron, Estradiol, LH, β-HCG und α-Fetoprotein (Hodentumor ?) obligatorisch.
Weiterhin empfiehlt sich die Bestimmung von SHBG (Berechnung des freien Testosterons), DHEA-S (Nebennierenkarzinom ?), FSH, Prolaktin,
TSH, Bilirubin, γ-GT, GOT, Albumin und Kreatinin.
Tritt Gynäkomastie als Nebenwirkung von Medikamenteneinnahme auf, ist abzuklären, inwieweit die Verursachende Behandlung abgeändert
werden kann. Medikamentöse Therapieversuche bei Gynäkomastie können mit Clomiphen, Tamoxifen oder in Ausnahmefällen auch mit Danazol
unternommen werden. Bei Fehlschlagen konventioneller Therapiestrategien kann die chirurgische Entfernung der entwickelten
Brustdrüse ins Auge gefasst werden.
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