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Varikozele
Neue Daten ergeben das Bild einer vorherrschend bilateralen Erkrankung


Die Varikozele ist eine Erweiterung und Vermehrung der Venae spermaticae internae im Hodensack (Plexus pampiniformis), deren Prävalenz bei den Patienten in reproduktionsmedizinischen Zentren bis zu 40 % beträgt und die weit überwiegend nur linksseitig diagnostiziert wird. Die Krankheit gilt als eine der wesentlichen Ursachen für Subfertilität. Um die Zeugungsfähigkeit betroffener Männer zu verbessern, hat sich die weit überwiegend einseitig vorgenommene Behandlung der Varikozele allerdings als wenig erfolgversprechend erwiesen [1]. Dies drückt sich insbesondere darin aus, daß sich zur Erfüllung eines Kinderwunsches bei Männern mit Varikozele die Behandlung der Varikozele als nicht erfolgreicher erwiesen hat wie die regelmäßige Untersuchung und intensive andrologische bzw. gynäkologische Betreuung der Paare [2]. Nach neuen Daten auf der Basis komplexer diagnostischer Methoden tritt die Varikozele in mehr als 80 % der Fälle beidseitig auf, so daß auch nur bei beidseitiger Behandlung eine signifikante Verbesserung der Zeugungsfähigkeit zu erwarten ist.

Pathophysiologie der Varikozele

    Neben einer angeborenen Gefäßwandschwäche werden fehlende oder insuffiziente Klappen in der V. spermatica interna bzw. dem Plexus pam­piniformis für die Entstehung einer Varikozele verantwortlich gemacht. Letzteres ist allerdings keine hinlängliche Erklärung, da solche Klappen auch bei gesunden Männern kaum ausgebildet sind. Die Verminderung des Blutflusses in der V. spermatica ist eher auf eine Atonie des sie begleitenden M. cremaster zurückzuführen, ohne dessen Pumpwirkung der venöse Blutfluß stagniert.

    Die Entstehung variköser Veränderungen im Bereich des Plexus pampiniformis wird sicher auch durch den langen retroperitonealen Verlauf der V. testicularis begünstigt. In dieser Passage wird der Fluß des Blutes nicht durch Muskelkontraktionen unterstützt. Die rechte V. testicularis mündet direkt in die V. cava inferior, während die linke V. testicularis ihr Blut etwas höher in die linke V. renalis abführt. Daher verursacht erhöhter hydrostatischer Druck linksseitig fast immer stärker ausgeprägte variköse Veränderungen, die sich zumeist auch nur dort ertasten lassen.

Wodurch beeinträchtigt eine Varikozele die Fertilität?
    Bei Vorliegen einer Varikozele kommt es in der V. spermatica interna zu einem Rückstau bzw. retrograden Blutfluß. Durch die resultierende Minderdurchblutung des Hodens werden die Keimzellen und die Leydig-Zellen hypoxisch geschädigt. Darüber hinaus wird hypothetisiert, daß die Hoden durch den venösen Rückfluß schädigenden Metaboliten aus den Nieren und Nebennieren ausgesetzt sind.

    Verschiedentlich wurde ein Anstieg der testikulären Temperatur für die Beeinträchtigung der Spermatogenese bei Männern mit einer Varikozele als ausschlaggebend erachtet. Im Sperma dieser Patienten finden sich neben einer verminderten Spermienkonzentration vermehrt abnormale und immotile Spermatozoen. Durch die erhöhte Temperatur soll die Aktivität der 17-Hydroxyprogesteron-Aldolase beeinträchtigt sein, die zur Bildung von Testosteron benötigt wird.

Hohe Rate an bilateral erkrankten Männern [3, 4]
    Die weithin vertretene Auffassung, daß sich eine Varikozele in mehr als 90 % der Fälle nur auf der linken Seite bildet, beruht im wesentlichen auf einer Reihe von Berichten, deren Grundlage Diagnosestellungen auf der Basis körperlicher Untersuchungen bilden. Auch in einer aktuellen, am Rabin Medical Center in Tel Aviv durchgeführten Studie ergibt sich eine überwältigende Dominanz der linksseitigen Varikozelen, wenn zur Beurteilung lediglich die körperliche Untersuchung herangezogen wird.

    Zu einem völlig anderen Ergebnis bezüglich der links-, rechts- bzw. beidseitigen Prävalenz kommt man, wenn auch die diagnostischen Daten dreier weiterer Methoden herangezogen werden, d.h. die der skrotalen Kontaktthermographie, des Dopplerultraschalls und der Vasographie. Letztere Methode gilt als Goldstandard bei der Entdeckung auch kleiner Varikozelen. Sie beruht darauf, daß ein retrograder Blutfluß nur bei Patienten mit einer Varikozele provoziert werden kann. Ähnlich hoch wie bei der Venographie sind die Sensitivität und Spezifität auch bei der Kontaktthermographie.

    In unserem Patientenkollektiv aus 286 infertilen Männern mit Verdacht auf Varikozele wurde mit Hilfe der aufwendigen Diagnostik bei 255 Patienten (89,1%) eine Varikozele verifiziert. Hiervon hatten 45 Männer (17,6%) eine linksseitige, 4 (1,5%) eine rechtsseitige und 206 (80,8%) eine beidseitige Varikozele. Allein durch die körperliche Untersuchung wären 10% der linken und 91% der rechten Fälle unentdeckt geblieben [3].

    Bei Adoleszenten mit Variko­zele wurde mittels Kontakt­ther­mographie und nachfolgender Bestätigung durch Venographie eine 85,7%ige bilaterale Prävalenz registriert. Auch in dieser Studie wurde lediglich jede zehnte Varikozele auf der rechten Seite bei der körperlichen Untersuchung entdeckt [4].

Verbesserte Hodenfunktionen nach Embolisation [5]
    Bei infertilen Männern mit Varikozele lassen sich die testikuläre Testosteronproduktion und die Spermatogenese durch Embolisation der V. spermatica interna deutlich bessern. Das ist das Resultat einer Studie mit 83 Patienten, von denen 75 (90,3%) beidseitig, 5 (6%) linksseitig und 3 (3,6%) rechtsseitig betroffen waren.

    Als Folge der Embolisation der V. spermatica stieg die Serum-Testosteronkonzentration im Durchschnitt um 43% von 12,07 ± 6,07 auf 17,22 ± 8,43. Bei einer Gruppenanalyse nach dem Schweregrad der Varikozele ergaben sich keine signifikanten Unterschiede.

    Bei allen 83 Männern dieser Studie war eingangs eine Oligo-Astheno-Teratozoospermie (OAT) diagnostiziert worden. Nach Embolisation der V. spermatica interna verbesserten sich bei 76 Patienten (91,5 %) die Samenparameter signifikant (Abb.). Die Verbesserung der Spermatogenese wird offenbar durch die ansteigende Testosteronproduktion be­günstigt.



Beeinflußt eine linksseitige Varikozele die Spermatogenese rechtsseitig?
    Warum sollten Männer mit unilateraler Varikozele infertil sein? Das wäre nicht einsichtig, zumal bekannt ist, daß Männer mit nur einem Hoden durchaus zeugungsfähig sind. Auch vereinzelt beschriebene intertestikuläre venöse Verbindungen sind keine hinreichend plausible Erklärung. Daher ist zu folgern, daß einer OAT eine bilaterale Störung der Hodenfunktion zugrunde liegt.
    Die hier beschriebenen Befunde bestätigen eindeutig verschiedene vorausgegangene Berichte, wonach die Inzidenz der bilateralen Varikozele bislang erheblich unterschätzt worden ist. Sowohl bei Adoleszenten als auch bei erwachsenen Männern sind bei Vorliegen einer Varikozele weit überwiegend beide Seiten betroffen. Dies impliziert, daß die Thermographie und die Venographie bei der Diagnose einer Varikozele eine größere Rolle spielen sollten.

    Literatur:
    [1] Evers J, Collins A. 2003. Assessment of efficacy of varicocele repair for male subfertility: a systematic review. Lancet 361:1849-1852.
    [2] Nieschlag E, Hertle L, Fischedick A, et al. 1998. Update on treatment of varicocele: counselling as effective as occlusion of the vena spermatica. Hum Reprod 13:2147-2150.
    [3] Gat Y, Bachar GN, Zukerman Z. et al. 2004. Varicocele: a bilateral disease. Fertil Steril 81:424-429.
    [4] Gat Y, Zukerman Z, Bachar GN, et al. 2003. Adolescent varicocele: is it a unilateral disease? Urology 62:742-747.
    [5] Gat Y, Gorenish M, Belenky A, Bachar GN. 2004. Elevation of serum testosterone and free testosterone after embolization of the internal spermatic vein for the treatment of varicocele in infertile men. Hum Reprod 19:2303-2306.

    Verfasser:
    Yigal Gat Andrology Unit, Department of Obstetrics and Gynecology, Rabin Medical Center, Beilinson Campus, Petah Tiqva (affiliated with the Sackler Faculty of Medicine), Tel Aviv University, Tel Aviv, Israel.
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