Ejaculatio praecox ist die bei Männern am häufigsten auftretende sexuelle Störung. Die bei vorzeitigem Samenerguss hervorgerufene Unzufriedenheit mit dem Sexualleben betrifft fast immer beide Partner. Letztendlich steht nicht selten die Partnerschaft selbst auf dem Spiel. Ursprünglich wurde für die Ejaculatio praecox eine primär psychogene Ätiologie angenommen. Doch in jüngerer Zeit zeigt es sich immer mehr, dass auch eine physiologische Basis für die Störung existiert. Dabei spielen in erster Linie gestörte serotoninerge Übertragungsmechanismen eine Rolle. Ferner besteht vielfach ein Zusammenhang mit der erektilen Dysfunktion. Dementsprechend verlagert sich die Behandlung der Ejaculatio praecox immer mehr in Richtung medikamentöse Intervention. Bei publizierten Studienergebnissen wird oft von guten und zufrieden stellenden therapeutischen Ergebnissen berichtet. Jedoch waren Männer, die unter Ejaculatio praecox leiden und diesbezüglich ärztliche Hilfe in Anspruch genommen haben, einer Internetbefragung zufolge durch die erfahrene Behandlung in den seltensten Fällen zufrieden gestellt worden.
Prävalenz der Ejaculatio praecox
Aktuell veröffentlichten Porst H, et al. [3] die Ergebnisse der
umfassenden Premature Ejaculation Prevalence and Attitudes (PEPA)-Survey.
Diese Erhebung stützt sich auf Auskünfte, die von den Teilnehmern aus
Deutschland, Italien und den Vereinigten Staaten über ein Internetportal
gegeben wurden.
Abb. 1: Prävalenz der Ejaculatio praecox nach Altersgruppen: Ergebnisse der Premature Ejaculation Prevalence and Attitudes (PEPA) Survey, einer Internet-basierten Umfrage in Deutschland, Italien und den USA (Porst H, et al. 2007). |
Aus der PEPA-Umfrage geht weiter hervor, dass Männer mit Ejaculatio praecox vermehrt von Komorbidität betroffen sind. Das betrifft in besonderem Maße weitere sexuelle Störungen wie Anorgasmie, verminderte Libido und erektile Dysfunktion. Darüber hinaus kommen überdurchschnittlich häufig psychogene Symptome wie Depressivität und Angstgefühle vor.
Die PEPA-Erhebung liefert auch Erkenntnisse darüber, inwieweit betroffene
Männer über Therapiemöglichkeiten informiert sind, inwieweit sie sie
nutzen, inwieweit sie ärztliche, psychologische oder sexualtherapeutische
Hilfe in Anspruch nehmen, und inwieweit ihnen dabei geholfen wurde: Meist
haben die Betroffenen von sich aus vergeblich versucht, ihr Problem mit
Maßnahmen wie dem Einnehmen bestimmter Positionen beim
Geschlechtsverkehr, Masturbation, gedanklicher Ablenkung und erhöhter
Koitus-Frequenz in den Griff zu bekommen. Medikamentöse Therapieversuche
wurden hingegen selten unternommen. Ernüchternd ist ferner, dass die
meisten Männer mit Ejaculatio praecox diesbezüglich keinen Arzt oder
Sexualtherapeuten konsultiert haben, und wenn sie es taten, waren sie
fast immer (91,5%) vom Resultat enttäuscht.
In einer neueren Studie zur nicht medikamentösen Therapie bei Ejaculatio
praecox wurden zwei Behandlungsmethoden in zwei Gruppen mit jeweils neun
Paaren miteinander verglichen. In einer Gruppe kamen herkömmliche
verhaltenstherapeutische Maßnahmen zur Anwendung, während in der anderen
Gruppe ein neues Konzept, das als funktionell sexologische Behandlung
bezeichnet wird, erstmals unter klinischen Bedingungen getestet wurde.
Letztere Methode hat zunächst das Ziel, die sexuelle Erregung des Mannes
auf niedrigem Niveau zu halten. Von den Paaren wird hierfür Einsicht in
die diesbezüglichen physiologischen Abläufe abverlangt. Des weiteren soll
durch die Behandlung mehr Freude am Sex beim Geschlechtsverkehr
vermittelt werden. Hierfür werden eine Reihe von Verhaltensweisen auf
emotionaler Ebene trainiert. Mit der funktionell sexologischen
Behandlungsmethode wurden in etwa gleich gute Ergebnisse erzielt wie mit
herkömmlichen verhaltenstherapeutischen Maßnahmen: Die Zeitdauer bis zum
Samenerguss in der Vagina verbesserte sich von 42,5 ± 43,9 Sekunden auf
267 ± 224,6 Sekunden bzw. von 56,8 ± 43,9 Sekunden auf 472,0 ± 226,0
Sekunden nach der Behandlung [4].
Zur topischen Anwendung bei Ejaculatio praecox steht gegenwärtig ein
Lidocain-Prilocain-Präparat in Aerosol-Form in der klinischen Erprobung.
In einer Phase-II-Studie mit 62 Männern im Alter von 18 bis 75 Jahren
verlängerte sich die IELT bei den Probanden um 3,8 Minuten gegenüber nur
0,7 Minuten bei Anwendung eines Plazebos [5].
Herkömmliche SSRI sind bedauerlicherweise aufgrund ihrer Pharmakokinetik
schlecht für eine On-demand-Therapie geeignet. Sie benötigen zwei Wochen
oder länger, um eine Steady-state-
Abb. 2: Mittlere Zeitdauer bis zum Samenerguss in der
Scheide (IELT, intravaginal ejaculatory latency time) während des
Studienverlaufs (nach Pryor JI, et al. 2006).
Daten zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von Dapoxetin wurden in einer
zwölfwöchigen, randomisierten, doppelblinden, Plazebo-
Im Vergleich zum Therapieergebnis mit Paroxetin alleine registrierten Salonia et al. [8] mit der Kombination Paroxetin/Sildenafil eine deutlich größere Verlängerung bis zur Ejakulation (4,2 ± 0,03 Min. versus 5,3 ± 0,02 Min.; p < 0,001).
In der Kombination mit verhaltenstherapeutischen Maßnahmen wurde mit Sildenafil eine Verlängerung der IELT von 0,78 ± 0,24 Minuten auf 3,63 ± 0,55 Minuten erzielt [9].
Chen et al. [10] untersuchten bei 138 Männern mit Ejaculatio
praecox die Wirksamkeit von Sildenafil als adjuvante Therapie zu SSRI
unterstützt durch fortwährende psychologische und verhaltensmäßige
Betreuung. In dieser Studie wurde initial mit 5%iger Lidocain-Salbe
behandelt. Blieb der Patient unzufrieden, wurde ihm 30 Tage lang 20 mg
Paroxetin täglich verordnet. Zusätzlich hatte er sieben Stunden vor
einem geplanten Geschlechtsverkehr nochmals 20 mg Paroxetin einzunehmen.
Diejenigen, die immer noch nicht den erwünschten Erfolg hatten, nahmen
zudem eine Stunde vor einem geplanten Geschlechtsverkehr Sildenafil ein.
Es zeigte sich, dass Paroxetin plus Sildenafil bei Bedarf eingenommen
einen 98 %igen Erfolg brachte, während allein die On-demand-Behandlung
von Paroxetin nur 42% der Männer zufrieden stellte.
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