Nebenwirkungsmanagement bei Krebs: S3-Leitlinie Supportive Therapie aktualisiert
Das Leitlinienprogramm Onkologie hat die S3-Leitlinie zur Supportiven Therapie bei onkologischen Patient*innen aktualisiert. Neu hinzugekommen
sind unter anderem Behandlungsempfehlungen zum Nebenwirkungsmanagement der Immuntherapie, der Kardio- und zentralen Neurotoxizität
sowie zur Behandlung von Nebenwirkungen bei Bestrahlung des Urogenitaltraktes. Die S3-Leitlinie entstand unter Federführung der Deutschen
Krebsgesellschaft, vertreten durch die Arbeitsgemeinschaft „Supportive Maßnahmen in der Onkologie“, der Deutschen Gesellschaft für R
adioonkologie sowie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie. Weitere 43 Fachgesellschaften und
Organisationen haben an der Leitlinienerstellung mitgewirkt. Finanziert wurde die Aktualisierung von der Deutschen Krebshilfe im
Rahmen des Leitlinienprogramms Onkologie.
Die Supportive Therapie ist ein zentraler Baustein in der Krebsbehandlung: Sie trägt dazu bei Therapienebenwirkungen, wie etwa Hautausschläge,
kardiologische Komplikationen und Magen-Darmprobleme, zu reduzieren und die Lebensqualität onkologischer Patient*innen während und
nach der Behandlung zu verbessern. Aufgrund der stark veränderten Therapielandschaft – unter anderem durch den Einsatz von
Immuncheckpoint-Inhibitoren, die spezifische Nebenwirkungen hervorrufen können – ist ein engmaschiges Nebenwirkungsmanagement
aller an der Behandlung beteiligten Expert*innen unerlässlich. Entsprechend wurde die S3-Leitlinie Supportive Therapie aktualisiert und
um neue Themenkomplexe ergänzt.
Nebenwirkungsmanagement von Immuncheckpoint-Inhibitoren
Immuncheckpoint-Inhibitoren werden in der Krebstherapie mittlerweile bei vielen Tumorentitäten in der kurativen und palliativen Therapie
eingesetzt. Sie können durch autoimmun-bedingte Entzündung verschiedener Gewebe oder Organe zu immunvermittelten Nebenwirkungen
führen. Das Nebenwirkungsmanagement ist dabei komplex. „Um das Risiko schwerwiegender Komplikationen zu minimieren, ist es
entscheidend, patient*innenindividuelle und therapiebezogene Risiken zu kennen, zu bewerten und eine risikoadaptierte Therapie dieser
Nebenwirkungen mit entsprechendem Monitoring zu etablieren. Deshalb haben wir in der Leitlinie ein entsprechendes Kapitel zu
Immuncheckpoint-Inhibitoren neu aufgenommen,“ sagt Professorin Karin Jordan vom Klinikum Ernst von Bergmann. Gemeinsam mit
Dr. Franziska Jahn vom Universitätsklinikum Halle/Saale hat sie die S3-Leitlinie Supportive Therapie koordiniert.
Kardiotoxizität
Tumortherapien können zudem dem kardiovaskulären System langfristig schaden und so den Therapieverlauf und die Lebensqualität
der Patient*innen teilweise auch nach Ende der Krebstherapie beeinflussen. Entsprechend wurde die Leitlinie thematisch erweitert.
Sie enthält nun einen detaillierten Überblick über die Risiken verschiedener Tumortherapeutika, individuelle Risikofaktoren der Patient*innen
und darauf basierende Diagnose-, Monitoring- und Therapieempfehlungen. „Das Risiko zur Kardiotoxizität hängt sowohl von den
Arzneimitteln als auch von den Vorerkrankungen der Betroffenen ab. Es ist wichtig vulnerable Patient*innen frühzeitig zu identifizieren
und Behandlungsstrategien zu entwickeln,“ sagt Jahn und ergänzt: „Die Leitlinie gibt zudem Hinweise zur kardiologischen Nachsorge
nach Behandlungsabschluss. Auch das ist ein wichtiges Thema, denn einige Patient*innen können auch nach erfolgreicher Therapie
an Langzeit-Nebenwirkungen leiden“.
Haut- und Neurotoxizität
Auch Hautreaktionen können eine Nebenwirkung im Rahmen der Krebstherapie sein. Krebsbetroffene empfinden diese oftmals als
stigmatisierend und berichten von einer deutlichen Beeinträchtigung. Während in der ersten Fassung der Leitlinie medikamententypische
Nebenwirkungen an der Haut, wie ein Akne ähnlicher Hautausschlag und das Hand-Fuss-Syndrom, dargestellt wurden, geht das
Leitlinienupdate nun auch auf Arzneimittelexantheme (AME) ein. „In den schweren Varianten, wie dem toxischen Exanthem unter
Chemotherapie oder der toxischen dermalen Nekrolyse, muss das Arzneimittel unmittelbar abgesetzt werden. Bei leichteren
Formen kann auch eine Pausierung des Medikamentes möglich sein. Wichtig ist auch hier das frühe Erkennen und eine gute
Zusammenarbeit mit Hautärzt*innen,“ sagt Jordan.
Ergänzt wurde die Leitlinie zudem um das Thema Zentrale Neurotoxizität. Neurotoxische Effekte am zentralen Nervensystem können
zu einer Schädigung der Hirnnerven führen. Betroffene berichten etwa von Hörverlust und Tinnitus (Ototoxizität) sowie Bewusstseins- und
Sehstörungen. „Das Erscheinungsbild ähnelt häufig anderen schweren Erkrankungen, wie einer Hirnhautentzündung. Auch wenn die
Datenlage zur Zentralen Neurotoxizität noch begrenzt ist und es oftmals keine wirksame medikamentöse Prophylaxe gibt, ist es
wichtig diese Nebenwirkungen zu erkennen und richtig einzuschätzen, um die Patient*innenversorgung bestmöglich zu gewährleisten,“
so Jahn.
Nebenwirkungen Strahlentherapie: Urogenitaltrakt
Bei Bestrahlungen der Blase, der Prostata, des Rektums, der Gebärmutter und der Eierstöcke kann es unter anderem zu Inkontinenz,
erektiler und sexueller Beeinträchtigungen kommen. Themen, die Krebserkrankte oft stark beschäftigen. In der S3-Leitlinie sind
evidenzbasierte Empfehlungen zur Prophylaxe und Therapie neu aufgenommen, um auch hier Beschwerden zu lindern.
Die S3-Leitlinie ist auf dieser Webseite abrufbar:
www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/supportive-therapie
Zudem sind die Inhalte in der kostenfreien Leitlinien-App integriert. Weitere Informationen unter:
www.leitlinienprogramm-onkologie.de/app
Quelle: Deutsche Krebsgesellschaft e.V.
www.krebsgesellschaft.de