Orale ADT Relugolix in die aktualisierte S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom aufgenommen
Das Leitlinienprogramm Onkologie hat zum 26. Juni 2024 die aktualisierte
S3-Leitlinie zur Therapie des Prostatakarzinoms veröffentlicht [1]. Dabei wird die orale
Androgendeprivationstherapie (ADT) Orgovyx® (Relugolix) von Accord Healthcare als gleichwertig mit
anderen Antagonisten und Agonisten des Gonadotropin-Releasing-Hormons (GnRH) sowie der
bilateralen Orchiektomie in Bezug auf die Testosteron-Deprivation aufgenommen. Als einzige in der
EU verfügbare orale ADT erweitert es somit die Behandlungsmöglichkeiten des fortgeschrittenen,
hormonsensitiven Prostatakarzinoms [2,3] zu dessen Therapie es seit April 2022 bei erwachsenen
Patienten zugelassen ist [4].
Relugolix führt zu einer schnellen, anhaltenden Unterdrückung von
Testosteron ohne initialen Schub. In der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie HERO3 war Relugolix
dem injizierbaren GnRH-Agonisten Leuprorelin bezüglich der anhaltenden Senkung des
Testosteronspiegels über 48 Wochen gleichwertig [3,4,5]. Zudem zeigte es ein günstigeres
kardiovaskuläres Risikoprofil [3].
Prostatakrebs ist die häufigste Krebsart bei Männern [6]: 2020 erkrankten 65.820 von ihnen neu [7]. Die
jüngste Aktualisierung der S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom [1] reflektiert die grundlegenden Änderungen
in den vergangenen Jahren, die sich in der Therapie des hormonsensitiven, metastasierten
Prostatakarzinoms (mHSPC) vollzogen haben.
Rasche ADT nach Diagnose empfohlen
Obwohl es keine randomisierten Phase-III-Daten gibt, ist nach Diagnose eines mHSPC die rasche Einleitung
einer ADT empfohlen [1]. Dies basiert auf einer Cochrane-Analyse (2019), die zu dem Schluss kam, dass eine
frühe ADT wahrscheinlich das Gesamtüberleben verlängern kann [8]. Innerhalb von 3 Monaten soll dann
eine Aufklärung über eine Kombinationstherapie mit neuen Hormontherapien (NHTs) stattfinden.
Relugolix als einzige in der EU zugelassene orale Option zur ADT lässt sich flexibel durch die Patienten
zuhause anwenden und erfordert keine turnusmäßigen Arztbesuche zur Verabreichung einer DepotInjektion.
Auch mögliche Reaktionen an der Einstichstelle lassen sich vermeiden [9]. Die orale ADT mit
Relugolix wurde in der überarbeiteten Version der S3-Leitlinie zur Therapie des hormonsensitiven,
metastasierten Prostatakarzinoms als gleichwertig mit anderen GnRH-Antagonisten wie Degarelix
aufgenommen [1].
Kombinationstherapie ADT+ als neuer Standard [1]: Relugolix als flexibel anzuwendende orale Option
Insbesondere die modernen Kombinationstherapien mit einem Hormonpräparat (ADT+) konnten die
mediane Überlebenszeit gegenüber einer alleinigen ADT deutlich verlängern (im Median zwischen 53,3
und 79 Monaten), wobei die zu erwartende Überlebenszeit sowie der Einfluss der Therapie auf die
Lebensqualität besprochen werden sollten. Relugolix als flexibel anzuwendende orale ADT fügt sich hier
in das orale Therapieschema möglicher Kombinationspartner wie ADT + Darolutamid + Docetaxel, ADT +
Apalutamid, ADT + Enzalutamid und ADT + Abirateron + Prednison/Prednisolon ein, was die Therapietreue
begünstigen kann.
Schnelle Testosteronsuppression, günstiges kardiovaskuläres Sicherheitsprofil [3]
Die zulassungsrelevante Phase-III-Studie HERO verglich die Wirksamkeit und Sicherheit von Relugolix mit
dem GnRH-Agonisten Leuprorelin bei 930 Männern mit fortgeschrittenem, hormonsensitiven
Prostatakarzinom. Ein Drittel der Studienteilnehmer erhielt dreimonatlich Leuprorelin-Spritzen, die
anderen zwei Drittel einmal täglich Relugolix oral. 96,7% der mit Relugolix behandelten Patienten
erreichten den primären Endpunkt, eine anhaltende Testosteronsuppression unterhalb des
Kastrationsniveaus (Serum-Testosteronspiegel <50 ng/dl) von Tag 29 über 48 Wochen, im Vergleich zu
88,8% derer mit Leuprorelin (p <0,001 für Überlegenheit). Zudem war Relugolix Leuprorelin in allen
wichtigen sekundären Endpunkten überlegen. Bereits nach viertägiger Therapie hatte über die Hälfte der
Patienten mit Relugolix, aber kein Patient mit Leuprorelin eine Absenkung des Testosteronspiegels unter
50 ng/dl erreicht. Nach Therapieende erholte sich der Testosteronspiegel nach Relugolix signifikant
rascher als nach Leuprorelin: 54% derjenigen, die über 48 Wochen Relugolix eingenommen hatten, hatten
90 Tage nach Beendigung der Behandlung wieder einen Testosteronspiegel von mindestens 280 ng/dl –
die untere Grenze des Normalbereichs – erreicht, in der Leuprorelin-Gruppe waren es lediglich 3%. Dabei
betrug das mediane Testosteron 288,4 ng/dl (Relugolix) gegenüber 58,6 ng/dl (Leuprorelin).
Als häufigste Nebenwirkungen wurden Hitzewallungen (54%), Muskel- und Gelenkschmerzen (30%) [4],
Müdigkeit (26%) sowie Durchfall und Verstopfung (jeweils 12%) beobachtet. Diese basieren auf den
physiologischen Effekten der Testosteronsuppression und waren bei beiden Therapien vergleichbar
häufig [3,4]. Unter Relugolix kam es jedoch nur halb so oft zu schwerwiegenden kardiovaskulären
Ereignissen (major adverse cardiovascular events, MACE) wie unter Leuprorelin (2,9% vs. 6,2%) [3]. Das
günstigere kardiovaskuläre Sicherheitsprofil von Relugolix ist besonders relevant, da viele Patienten mit
fortgeschrittenem, hormonsensitiven Prostatakrebs älter sind [1] und daher ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
und Begleitkrankheiten aufweisen [10].
Weitere Informationen auf www.accord-healthcare.de
[1] Leitlinienprogramm Onkologie: S3-Leitlinie Prostatakarzinom (Version 7.0).
https://www.leitlinienprogrammonkologie.de/leitlinien/prostatakarzinom (zuletzt aufgerufen am 15.07.2024).
[2] Merseburger AS, et al. Advanced delivery of leuprorelin acetate for the treatment of prostatic cancer. Expert Rev Anticancer
Ther. 2022; 22(7): 703–715.
[3] Shore ND, Saad F, Cookson MS, et al. Oral Relugolix for Androgen-Deprivation Therapy in Advanced Prostate Cancer. N Engl J Med. 2020; 382(4): 2187–2196.
[4] Fachinformation Orgovyx®, Stand Juli 2024.
[5] Fragkoulis C, Glykas I, Dellis A, et al. Relugolix: A new kid on the block among gonadotrophin-releasing hormone antagonists. Arab J Urol. 2021; 19(4): 460–463.
[6] Bundesministerium für Gesundheit: Krebs.
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/gesundheitsgefahren/krebs (zuletzt aufgerufen am 15.07.2024).
[7] Robert Koch Institut: Prostatakrebs (Prostatakarzinom).
https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Prostatakrebs/prostatakrebs_node.html (zuletzt aufgerufen am 15.07.2024).
[8] Kunath F, Jensen K, Pinart M, Kahlmeyer A, Schmidt S, Price CL, et al. Early versus deferred standard androgen suppression
therapy for advanced hormone-sensitive prostate cancer. The Cochrane database of systematic reviews. 2019; 6: CD003506.
[9] Thomaidou E, Ramot Y. Injection site reactions with the use of biological agents. Dermatol Ther. 2019 Mar; 32(2): e12817.
[10] Bundesministerium für Bildung und Forschung: Viele Erkrankungen werden mit dem Alter häufiger.
https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/viele-erkrankungen-werden-mit-dem-alter-haufig-6786.php (zuletzt aufgerufen am 15.07.2024).
[11] INSIGHT Health, ODV National, Datenstand: Juli 2020.
[12] IQVIA Institute, IQVIA MIDAS MAT March 2020.