Hintergrund/Zielsetzung
Mit Testosteron (T)-Therapien lassen sich je nach Applikationsform unterschiedliche Spiegel, Frequenzen und
Zeitabstände zwischen den Höhen und
Tiefen der Serum-T-Konzentrationen erreichen. Einige Formulierungen bewirken zirkadiane T-Spiegel, die denen bei
älteren Männern nahekommen,
während andere ein Pharmakokinetik-Profil erzeugen, das eher dem von jungen Männern angeglichen ist. In einem Review
wurden die pharmakokinetischen
Profile unterschiedlicher T-Präparate verglichen.
Patienten und Methoden
In Literaturrecherchen wurden zunächst die täglichen Variationen von endogenem T bei gesunden Männern und Männern
mit Testosteronmangel eruiert.
Ferner wurden Daten zu den pharmakokinetischen T-Profilen bei der Therapie mit verschiedenen Testosteron-Formulierungen
(transdermal, subdermal, bukkal, nasal, peroral oder intramuskulär) gesammelt.
Zirkadiane Variationen der Serum-Testosteron-Spiegel
Der Serum T-Spiegel ist bei jungen Männern morgens am höchsten und fällt nach etwa 12 h auf einen Tiefpunkt.
Bei alternden Männern wird die endogene zirkadiane T-Schwankung allgemein als gedämpft beschrieben (Abb. 1, 2).
Im Fall eines Testosteronmangels fehlen die T-Variationen und im Vergleich zu eugonadalen Männern ergibt sich
ein stark abgeflachtes Profil.
|
Abb. 1: Durchschnittliche mittlere T-Profile mit T-Gelen und T-Lösungen.
|
|
Abb. 2: Durchschnittliche mittlere T-Profile mit T-Enantat und T-Undecanoat.
|
T-Gel und T-Lösung
Transdermale T-Gele und -Lösungen werden aufgrund ihrer bequemen und einfachen Applikation von zahlreichen Patienten präferiert.
Sie sind durch akkurate T-Dosierung in einem kleinen Gelvolumen ausgezeichnet. Idealerweise sollten während des gesamten 24-stündigen
Anwendungsintervalls Testosteronkonzentrationen im mittleren Normbereich resultieren. Mit der einmal täglichen Dosierung eines topischen
Gels wird ein pharmakologisches Profil erreicht, das eine Ähnlichkeit mit dem bei jungen Männern aufweist (Abb. 1).
Intramuskuläre Injektion
Da injiziertes T eine Halbwertszeit von nur 10 Minuten hat, wird die intramuskuläre Injektion mit am 17-Kohlenstoffatom
veresterten T-Derivaten vorgenommen.
Die intramuskuläre Verabreichung verlängert die Wirkungsdauer. Durch die Veresterung ist die Löslichkeit von T in Öl
erhöht und sorgt für eine
langsamere Freisetzung des Testosterons. Allerdings resultiert mit der langfristig wirksamen intramuskulär verabreichten
Testosteronsubstitution
keine Simulation eines physiologischen zirkadianen Konzentrationsverlaufs.
Testosteron-Undecanoat oral
Testosteron-Undecanoat oral ist in den USA von der FDA zugelassen. Der höchste T-Spiegel wird bereits 4 bis 5 Stunden
nach der Einnahme
erreicht und kehrt nach 12 h auf Baseline zurück, so dass täglich eine zweifache Anwendung erforderlich ist, die mit
zwei subtherapeutischen Tiefpunkten einhergeht.
Buccaltabletten
Mit Buccaltabletten (in Deutschland nicht erhältlich) wird ein T-Spiegel im Normbereich erst bei zweimal täglicher
Anwendung erreicht. Die Route über die Mundschleimhaut umgeht den First-Pass-Effekt.
Kernaussagen
❏ Mit Testosterontherapien kann das Serum-Testosteron auf einen Spiegel im physiologischen Bereich angehoben werden,
bei dem sich Testosteronmangel-Symptome bessern lassen.
❏ Kein Testosterontherapieprodukt stimuliert genau, die bei jungen und älteren Männern beobachtete
endogene tägliche T-Variation.
❏ Ein pharmakologisches Profil, das dem bei jungen Männern nahekommt, wird am ehesten mit Testosteron-Gelen bei einmal
täglicher Applikation erzeugt.
Literatur:
Pastuszak AW, Gittelman M, Tursi JP, et al. 2022.
Pharmacokinetics of testosterone therapies in relation to diurnal variation of serum testosterone levels as men age.
Andrology 10:209–222.