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Erniedrigte Testosteronspiegel als Vorreiter eines Myokardinfarkts

Hintergrund/Zielsetzung

In einer Studie mit Männern und Frauen mittleren Alters wurde die potenzielle Assoziation der Testosteronkonzentration in Haaren mit dem Risiko eines Myokardinfarkts im Vergleich zu einer großen aus der Allgemeinbevölkerung wahllos zusammengestellten Kontrollkohorte untersucht. Die Verwendung von Haaren für die Testosteron-Analytik ermöglicht es, bei Eintritt eines kardialen Ereignisses auf endokrine Zustände zurückgreifen zu können.

Patienten und Methoden

An der Studie beteiligten sich 168 Patienten mittleren Alters (116 Männer und 52 Frauen) die infolge Hebung der ST-Strecke oder eines akuten Nicht-ST-Hebungsinfarkts ins Krankenhaus eingewiesen worden waren. Zur Messung der Testosteronkonzentration im Haar (TKH) diente ein Radioimmunassay. Die Bestimmung wurde bei jedem Patienten an zwei Segmenten abgeschnittener Haare vorgenommen, die einen Zeitraum von etwa drei Monaten und einen Monat vor dem kardialen Ereignis repräsentierten. Als Kontrollen (n=3.150) dienten Personen aus der Allgemeinbevölkerung von vergleichbarem Alter, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wurden. Bei ihnen erfolgte die Messung der Testosteronspiegel im Haar zu einem beliebigen Zeitpunkt.

Abb.: Testosteron-Konzentration (T-K) bei den akuten Myokardinfarkt-Fällen drei Monate und einen Monat vor dem Infarkt.  
Testosteron 3 und 1 Jahre vor einem AKI

Einen Monat vor dem kardialen Ereignis wurde in den proximalen Haarsegmenten eine erniedrigte TKH nachgewiesen (Abb.). Bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt (AMI-Fällen) sank die Testosteron-Konzentration zwischen drei und einem Monat vor dem kardialen Ereignis im Mittel un 0,62 (p <0,001). Bei Betrachtung der AMI-Fälle gesondert nach Männern und Frauen, sank die mediane Testosteron-Konzentration (p <0,0001) bei Männern zwischen drei Monaten und einen Monat vor dem kardialen Ereignis signifikant ab. Eine solche Absenkung der Testosteron-Konzentration trat auch bei Frauen ein (p <0,0001).

Vergleiche mit Kontrollen

Ein Vergleich der mittleren TKH bei der Kontrollgruppe ergab bei Männern und Frauen der AMI-Fälle drei Monate vor dem kardialen Ereignis verleichbare Konzentrationen (p >0,3). Dagegen war die TKH bei weiblichen und männlichen Patienten mit AMI einen Monat vor dem Ereignis signifikant niedriger als bei den Kontrollen (p <0,001).

Bei den AMI-Fälle wurden in den zwei Monaten, die ihrem Infarkt vorausgingen, eine wesentliche negative Veränderungen registriert, die bei Männern stärker ausgeprägt war als bei Frauen (p=0,004). Allerdings ergab sich durch die höhere TKH der Männer zu Baseline eine vergleichbare prozentuale Veränderung (26% bei Männern und 23% bei Frauen.

Störfaktoren

Bei Berücksichtigung möglicher störender Einflüsse durch herkömmliche kardiovaskuläre Risikofaktoren, erfüllten bei Männern nur Hypertonie und bei Frauen nur Hyperlipidämie die Kriterien einer störenden Einflussnahme. Alle anderen herkömmlichen Risikofaktoren waren nicht mit Veränderungen des Testosterons korreliert. Der Unterschied zwischen AMI-Fällen und Kontrollen bei einer Diagnose von Hypertonie bewirkte bei Männern eine geringgradige Verminderung des Unterschieds des Testosteron-Wertes für drei Jahre und einem Jahr vor dem kardialen Ereignis. Er blieb jedoch statistisch signifikant (adjustierter Unterschied: 0,29, p=0,001). Bei Frauen resultierte bei deiner Hyperlipidämie-Diagnose ein adjustiertet Unterschied zwischen den Veränderungen von 0,25, p=0,04.

Kernaussagen
 
❏ Die Testosteron-Konzentration im Haar ist ca. einen Monat vor einem Myokardinfarkt signifikant erniedrigt – sowohl bei Männern als auch bei Frauen.

❏ Der Befund steht im Einklang mit einem aus Tierstudien bekannten Mechanismus der Stress-Reaktion.

❏Die Testosteron-Absenkung könnte Teil eines Stress-bezogenen pathophysiologischen Prozesses sein, der einem Myokardinfarkt vorausgeht.


Literatur:
Faresjö Å, Preinbergs J, Jones M, et al. 2023. Decreased testosterone levels precede a myocardial infarction in both men and women. Am J Cardiol 186:223–227.
Januar 2023 Druckversion jfs
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