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Testosteronausgleich bei Schmerzpatienten mit Opioid-induziertem Hypogonadismus

Hintergrund

In der Behandlung von chronischen und starken Schmerzen gehören Opioide zu den am häufigsten angewandten Analgetika. Eine Opioid-Therapie ist jedoch mit erheblichen Nebenwirkungen belastet. Neben Obstipation, Übelkeit und Erbrechen wirken sich Opioide auch negativ auf die körpereigene Testosteronproduktion aus. Die Beeinflussung des endokrinen Systems durch Schmerzmittel kann zu einem Opioid-induzierten Hypogonadismus (OPIAD, Opioid-induced Androgen Deficiency) führen [1].

Von den behandelnden Ärzten wird OPIAD oft nicht erkannt. Betroffene Männer erfahren daher selten die gebührende Aufmerksamkeit und die adäquate Behandlung.

Entwickeln Patienten aufgrund einer Schmerzbehandlung mit Opioiden einen OPIAD, wird in den EAU-Leitlinien eine Behandlung mit Testosteron empfohlen [2].

Symptome eines OPIAD ähneln denen eines Hypogonadismus: Der Gesamttestosteron-Spiegel sinkt auf <12,1 nmol/l bzw. das freie Testosteron auf <243 pmol/l. Die Männer haben Beschwerden wie sexuelle Dysfunktion, depressive Verstimmung, Hitzewallungen und Osteoporose. Typisch sind auch Verlust an Muskelmasse und die Entwicklung einer Adipositas oder eines metabolischen Syndroms.

Patienten, die unter einer Schmerztherapie stehen, sollten daher in der Sprechstunde aktiv nach diesen Symptomen gefragt werden, um gegebenenfalls eine entsprechende Testosterontherapie einleiten zu können [2].

Positive Effekte einer Testosterontherapie bei Opioid-Patienten
 
In einer randomisierten, doppelblinden und Placebo-kontrollierten Studie wurden bei Schmerzpatienten mit Opioid-verursachtem Hypogonadismus positive Effekte einer Testosteron-Ausgleichstherapie auf die Schmerzempfindung, die Sexualfunktion, die Körperzusammensetzung sowie die gesundheitliche Lebensqualität ermittelt [3].

Die Studienteilnehmer waren Männer (mittleres Alter 18-64 Jahre) mit chronischen Nichttumorschmerzen. Der Spiegel an Gesamttestosteron lag bei <3,5 ng/ml. Sie erhielten entweder 5g Testosteron-Gel 1% 1x tgl. oder Placebo-Gel (bei Bedarf war die Erhöhung der Testosteron-Dosis auf 7,5g Gel pro Tag vorgesehen) [3].

Mit der Testosterontherapie wurden gegenüber Placebo innerhalb des Untersuchungszeitraumes von 14 Wochen sowohl signifikante positive Effekte auf die individuellen Schmerzempfindungsschwellen als auch auf das sexuelle Verlangen und die Reduktion des Körperfetts erreicht. Zudem wurden die Muskelmasse und andere Aspekte der Lebensqualität positiv beeinflusst [3].

Kernaussagen
 
❏ OPIAD wird als Nebenwirkung einer Opioidtherapie häufig übersehen, obwohl die Testosteronspiegel bis auf Kastrationsniveau absinken können.

❏ Bei chronischen Schmerzpatienten unter längerfristiger Opioidtherapie sollte der Testosteronspiegel kontrolliert sowie nach Testosteronmangel assoziierten Symptomen gefragt werden, um gegebenenfalls eine entsprechende Testosterontherapie einleiten zu können.

❏ Die Testosteron-Ausgleichstherapie führte bei Männern mit chronischen Schmerzen und Opioid-induziertem Androgenmangel zu Verbesserungen verschiedener schmerzhafter Stimuli. Das bestätigt antinozizeptive Eigenschaften des Testosterons. Deutliche positive Effekte wurden auch bei der Körperzusammensetzung und dem sexuellen Verlangen registriert.

❏ OPIAD kann unkompliziert mittels Testosterontherapie behandelt werden und Testosteronmangel-assoziierte Symptome reduzieren.

❏ Testosteron scheint einen positiven Einfluss auf die Schmerzempfindung zu haben und kann so die Wirksamkeit der Schmerztherapie unterstützen.

Literatur:
[1] Coluzzi F, et al. 2018. Testosterone Deficiency in Non-Cancer Opioid-Treated Patients. J Endocrinol Invest 41:1377-1388
[2] Dohle, et al. 2018. Guidelines on male hypogonadism. European Association of Urology 2018. Online unter: https://uroweb.org/guideline/male-hypogonadism/ .
[3] Basaria S, Travison TG, Alford D, et al. 2015. Effects of testosterone replacement in men with opioid-induced androgen deficiency: a randomized controlled trial. Pain 156:280-288.

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