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Welche Rolle spielt Testosteron bei der erektilen Funktion?
FAZIT:
Strukturelle und physiologische Wirkungen des Testosterons am kavernösen Gewebe spielen eine Rolle bei der Aufrecht-erhaltung der erektilen Funktion. Bei schwergradigem Hypogonadismus führt die Degeneration zellulärer Bestandteile, die den veno-okklusiven Mechanismus regulieren, zu Erektionsstörungen. Bei hypogonadalen Männern mit ED, die auf PDE5-Hemmer nicht ansprechen, kann die erektile Funktion durch zusätzliche Gabe von Testosteron deutlich verbessert werden. Liegt bei ED-Patienten ein Hypo-gonadismus vor, haben Testosteron und PDE5-Hemmer offenbar synergistische Wirkungen

Obwohl der Schwellenwert, ab dem Testosteronmangel zur Entwicklung einer erektilen Dysfunktion beiträgt, sehr tief anzusetzen ist [1], kommt Testosteron eine zunehmende Bedeutung in der Behandlung der erektilen Dysfunktion zu [2]. Offenbar spielen strukturelle und physiologische Wirkungen des Testosterons am kavernösen Gewebe eine Rolle bei der Aufrechterhaltung der erektilen Funktion. Insbesondere wird auch vermutet, dass PDE5-Hemmer erst oberhalb eines Testosteronschwellenwertes ihre volle Wirkung entfalten.


Zusammenhang zwischen Testosteron und erektiler Dysfunktion?

    Aus altersangepassten epidemiologischen Daten ergibt sich kein eindeutiger Zusammenhang zwischen erektiler Dysfunktion (ED) und Testosteron [3, 4]. Vielmehr deutet vieles darauf hin, dass erst das Absinken des Testosteronspiegels auf Werte deutlich unterhalb des eigentlichen Normbereichs kritisch für die erektile Funktion sein könnte.

    Das bestätigen auch die Analysen der Daten aus dem letzten Follow-up der Massachusetts Male Aging Study (MMAS; Abb.). Diese zeigen jedoch eine Korrelation von Testosteron und ED bei Männern mit erhöhtem Spiegel an luteinisierendem Hormon (LH), was darauf hindeutet, dass der Hypogonadismus bei primärer Hodenunterfunktion mit einer ED im Zusammenhang steht [5].


Das penile Gewebe benötigt Testosteron
    Bei schwergradigem Hypogonadismus kommt es zu tief greifenden Veränderungen im penilen Gewebe. Die Degeneration zellulärer Bestandteile, die den veno-okklusiven Mechanismus regulieren, führt zu Erektionsstörungen.
  • In den Corpora cavernosa kastrierter Labortiere gehen Muskelzellen und elastische Fasern verloren und werden durch funktionsloses Bindegewebe ersetzt. Bei den Tieren verschlechterte sich die penile Hämodynamik, es kam zu veno-oklusiven Störungen und zu ED [6].
  • Kastrierte Tiere wiesen tief greifende Veränderungen des dorsalen Penisnervs auf, die sich durch eine Behandlung mit Testosteron zurückbildeten [7].
  • Aufgrund histologischer Untersuchungen am Penis kastrierter Kaninchen und Ratten kamen Traish und Kim [8] zu der Hypothese, dass Testosteron die Weichen für die Differenzierung von Vorläuferzellen in glatte Muskelzellen stellt. Bei Testosteronmangel differenzieren sich die Vorläuferzellen zu Adipozyten.
  • Yassin und Saad [9] berichteten den Fall eines 56-jährigen Mannes mit Typ-II-Diabetes mellitus, metabolischem Syndrom, schwergradiger ED und Hypogonadismus (1,8 ng/ml). Mittels Pharmako-Kavernosographie wurde ein venöses Leck diagnostiziert. Unter einer Testosteron-Substitutionstherapie besserte sich die ED erheblich.
  • Inwieweit Hypogonadismus auch beim Mann zur Degeneration des kavernösen Gewebes führt oder Veränderungen an der nervalen Versorgung des Penis verursacht, muss noch geklärt werden. Allerdings können Erektionsstörungen – übereinstimmend mit den Befunden bei Labortieren – insbesondere bei organbedingtem Hypogonadismus junger Männer, aber auch bei schwergradigem Hypogonadismus älterer Männer durch Substitution von Testosteron behoben werden.

Rolle für Testosteron in der Pathophysiologie der erektilen Funktion?
    Zur Auslösung und Aufrechterhaltung einer Erektion ist Stickstoffmonoxid (NO), das in nitrergen Nervenendigungen von NO-Synthase (nNOS) und in Endothelzellen durch eNOS gebildet wird, von entscheidender Bedeutung. Dieses Signalmolekül veranlasst in glatten Muskelzellen die Bildung von zyklischem Guanosinmonophosphat (cGMP), dessen Konzentration durch Phosphodiesterase-5 (PDE5) reguliert wird. Dieser Mechanismus ist auf NO- und PDE5-Ebene Testosteron-abhängig:
  • In Laborversuchen wurde am Rattenmodell nachgewiesen, dass die Bildung der nNOS deutlich von der Höhe der Testosteronkonzentration abhängt [10].
  • Die Expression von PDE5 im Penis ist Testosteron-abhängig. Dies wurde auch für den Menschen nachgewiesen [11]. Kastrierte Labortiere reagieren auf Elektrostimulation erst mit einer Erektion, wenn Testosteron substituiert wird [12].
  • Auch wenn ED-Patienten in bis zu 80% der Fälle mit einem PDE5-Hemmer geholfen werden kann, sollte möglichst vor Beginn einer Therapie der Testosteronspiegel gemessen werden. Bei einem niedrigen Spiegel kann sinnvollerweise vor der Behandlung mit einem PDE5-Hemmer ein Therapieversuch mit Testosteron unternommen werden.

Testosteronsubstitution bei erektiler Dysfunktion
    Bei jungen ED-Patienten mit einem organisch bedingten Hypogonadismus lässt sich die erektile Funktion durch eine Testosteron-Substitutionstherapie in den meisten Fällen wiederherstellen. In einer Metaanalyse von 17 randomisierten, kontrollierten Studien ermittelten Isidori et al. [13] Verbesserungen der Sexualfunktionen bei hypogonadalen Männern, während die erektile Funktion bei eugonadalen Männern nicht beeinflusst wird.

    Bei ED-Patienten mittleren Alters und darüber hinaus, bei denen im Rahmen der ED-Diagnostik ein Hypogonadismus festgestellt wurde, waren Versuche, allein durch die fällige Testosteronsubstitution die ED beheben zu wollen, meist nicht sehr erfolgreich [3]. Andererseits liegen hinreichend Daten dafür vor, dass Männer mit ED und Hypogonadismus nach Anheben des Testosteronspiegels verbessert auf die Therapie mit einem PDE5-Hemmer ansprechen [3, 14].

    Bei hypogonadalen Männern mit ED, die auf PDE5-Hemmer nicht ansprechen, kann die erektile Funktion durch zusätzliche Gabe von Testosteron-Gel deutlich verbessert werden. In einer Plazebo-kontrollierten Studie erhöhte sich der IIEF (International Index of Erectile Function) um 4,4 Punkte gegenüber 2,1 Punkte unter Plazebo (p=0,029). Trendmäßig verbesserten sich auch die Orgasmusfunktion und die allgemeine Zufriedenheit mit dem Sexualleben [15]. Liegt bei ED-Patienten ein Hypogonadismus vor, haben Testosteron und PDE5-Hemmer offenbar synergistische Wirkungen [16].

    Literatur:
    [1] Zitzmann M, Faber S, Nieschlag E. 2006. Association of specific symptoms and metabolic risks with serum testosterone in older men. J Clin Endocrinol Metab 91:4335-4343.
    [2] Shabsigh R, Rajfer J, Aversa A, et al. 2006. The evolving role of testosterone in the treatment of erectile function. Int J Clin Pract 60:1087-1092.
    [3] Buvat J, Jaoudé GB. 2006. Significance of hypogonadism in erectile dysfunction. World J Urol 24:657-667.
    [4] Mikhail N. 2006. Does testosterone have a role in erectile dysfunction? Am J Med 119:373-382.
    [5] Kupelian V, Shabsigh R, Travison TG, et al. 2006. Is there a relationship between sex hormones and erectile dysfunction? Results from the Massachusetts Male Aging Study. J Urol 176:2584-258.
    [6] Traish AM, Munarriz R, O´Connell L, et al. 2003. Effects of medical or surgical castration on erectile function in an animal model. J Androl 24:381-387.
    [7] Shen ZJ, Zhou XL, Lu YL, Chen ZD. 2003. Effect of androgen deprivation on penile ultrastructure. Asian J Androl 5:33-36.
    [8] Traish AM, Kim N. 2005. Weapons of penile smooth muscle destruction: androgen deficiency promotes accumulation of adipo­cytes in the corpus cavernosum. Aging Male 8:141-146.
    [9] Yassin AA, Saad F. 2006. Dramatic improvement of penile venous leakage upon testosterone administration. A case report and review of literature. Andrologia 38:34-37.
    [10] Zvara P, Sioufi R, Schipper HM, et al. 1995. Nitric oxide mediated erectile activity is a testosterone dependent event: a rat ere­ction model. Int J Impot Res 7:209-219.
    [11] Morelli A, Filippi S, Mancina R, et al. 2004. Androgens regulate phosphodiesterase type 5 expression and functional activity in corpora cavernos. Endocrinology 145:2253-2263.
    [12] Zhang XH, Morelli A, Lucconi M, et al. 2005. Testosterone regulates PDE5 expression and in vivo responsiveness to tadalafil in rat corpus cavernosum. Eur Urol 47:409-416.
    [13] Isidori AM, Giannetta E, Gianfrilli D, et al. 2005. Effects of testosterone supple­mentation on sexual function in men: res­ults of a meta-analysis. Clin Endocrinol 63:381-394.
    [14] Morales A, Buvat J, Gooren LJ, et al. 2004. Endocrine aspects of sexual dysfunction in men. J Sex Med 1:69-81.
    [15] Shabsigh R, Kaufman JM, Steidle C, Padma-Nathan H. 2004. Randomized study of testosterone gel as adjunctive therapy to sildenafil in hypogona­dal men with erectile dysfunction who do not respond to sildenafil alone. J Urol 172:658-663.
    [16] Rochira V, Balestrieri A, Madeo B, et al. 2006. Sildenafil improves sleep-related erections in hypogonadal men: evidence of a synergistic role of both testosterone and sildenafil on penile erections. J Androl 27:165-175.

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