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Bewertung eines polygenen Risikoscores beim Screening auf Prostatakrebs

Die Krebsfrüherkennung soll durch die Diagnose von Krebserkrankungen in frühen Stadien die Prognose der Patienten verbessern. Dies funktioniert bei verschiedenen Entitäten unterschiedlich gut.
PCa-Screening mittels PSA-Test weist eine hohe Rate falsch positiver Ergebnisse auf. Die Forschung konzentriert sich auf MRT-basiertes Screening, Biomarker und die Modellierung mehrerer Risikofaktoren. Etablierte Risikofaktoren für Prostatakrebs sind höheres Alter und Prostatakrebs in der Familienanamnese. Ein Teil des genetischen Keimbahnrisikos ist auf die kombinierte Wirkung mehrerer Varianten in DNA-Reparaturgenen mit geringem Risiko, sogenannter Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNPs), zurückzuführen, aus denen ein polygener Risikoscore berechnet werden kann. In der BARCODE1-Studie wurde nun mit einer genetischen Untersuchung der Speichelprobe von Männern im Alter von 55 bis 69 Jahren prospektiv eine einfache und zielführende Methode geprüft.


Patienten / Methoden
An 69 britischen Zentren für primäre Gesundheitsfürsorge wurden Patientendaten auf geeignete Studienteilnehmer analysiert. Zwischen März und Juli 2019 wurden 40.292 Männer, die bis dato keinen Verdacht auf ein Prostatakarzinom aufwiesen, zur Studienteilnahme eingeladen. Es meldeten sich 8.953 (22,2%) interessierte Männer und sie sendeten eine Speichelprobe ein. Bei 6.393 Männern wurde anhand von aus Speichel extrahierter Keimbahn-DNA ein polygenes Risikoscore von 130 Varianten, die bekanntermaßen mit einem erhöhten Prostatakrebsrisiko verbunden sind. 745 (11,7%) Teilnehmer hatten einen polygenen Risikoscore im 90. Perzentil oder höher und wurden unabhängig vom PSA-Wert zu einem Prostatakrebs-Screening mit multiparametrischer MRT und transperinealer Biopsie eingeladen. Von diesen 745 Teilnehmern unterzogen sich 468 (62,8 %) einer MRT und einer Prostatabiopsie; bei 187 Teilnehmern (40,0%) wurde Prostatakrebs festgestellt. Das mediane Alter bei der Diagnose betrug 64 Jahre.

Ergebnisse
Von den 187 Patienten mit Prostatakrebsdiagbose hatten 103 (55,1%) Prostatakrebs, der gemäß den Kriterien des National Comprehensive Cancer Network (NCCN) als mittleres oder höheres Risiko eingestuft wurde (Gleason Score ≥7), sodass eine Behandlung indiziert war; bei 74 (71,8%) dieser Teilnehmer wäre gemäß dem derzeit in Großbritannien üblichen Standardmethoden für Prostatakrebs kein Krebs festgestellt worden.

Darüber hinaus hatten 40 (21,4%) der Krebspatienten eine Erkrankung, die gemäß den NCCN-Kriterien als ungünstiges mittleres Risiko oder als hohes oder sehr hohes Risiko eingestuft wurde. Der derzeitige Standardvorgehen bei Verdacht auf Prostatakrebs in Großbritannien umfasst entweder einen hohen PSA-Wert oder eine auffällige digitale rektale Untersuchung, gefolgt von einer Überweisung zur MRT. Bei Vorhandensein einer Läsion oder anderen klinischen Bedenken ist eine Biopsie indiziert. Hätten die Teilnehmer der BARCODE1-Studie diesen Standard angewandt, wäre Prostatakrebs bei 42,5% der Patienten mit klinisch signifikanter Erkrankung übersehen und bei 97,6% der Patienten mit klinisch insignifikanter Erkrankung eine Prostatakrebsdiagnose vermieden worden.

Die BARCODE1-Studie legt nahe, dass ein polygener Risikoscore für Prostatakrebs, ein nützlicher Bestandteil eines multimodalen Screeningprogramms sein könnte, das Alter, familiäre Vorgeschichte von Prostatakrebs, PSA-Werte und MRT-Ergebnisse bewertet, bevor eine Biopsie empfohlen wird.

Wie mit dem PSA-Screening kommt es auch mit dem polygenetischen Test zu einer Überdiagnose des Prostatakarzinoms, eine Überbehandlung von indolenten Stadien wurde im Rahmen dieser Studie allerdings nicht beobachtet. Männer, die mit dem Risiko für ein Prostatakarzinom laut polygenetischem Test oberhalb der 90. Perzentile lagen, wiesen in 40% der auswertbaren Fälle ein Prostatakarzinom auf. Etwa 72% der Patienten mit klinisch relevantem Prostatakarzinom wären mit in Großbritannien verwendeten Diagnoseverfahren für Prostatakrebs (hoher PSA-Wert und positive MRT-Ergebnisse) nicht identifiziert worden.

Fazit:
Bei einem Prostatakrebs-Screening-Programm mit Teilnehmern im obersten Risikodezil, das durch einen polygenen Risikoscore ermittelt wurde, war der Prozentsatz derjenigen, bei denen eine klinisch signifikante Erkrankung festgestellt wurde, höher als der Prozentsatz, der mithilfe von PSA oder MRT festgestellt worden wäre.

McHugh JK, et al. 2025. Assessment of a polygenic risk score in screening for prostate cancer. NEJM 2025; 392: 1406-1417


Mai 2025 IS
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