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Metastasiertes kastrationsresistentes Prostatakarzinom
Strategien zur Überwindung therapieassoziierter Resistenzen

Zur Verbesserung des Gesamtüberlebens von Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakrebs (mCRPC) tragen verschiedene Hormon- und zytotoxische Therapien bei. Aber sowohl die Inhibition der adrenalen Steroidhormonsynthese als auch die Androgenrezeptor-Signalhemmung und Docetaxel in der Erstlinienchemotherapie verlieren über kurz oder lang ihre Wirkkraft. Ab dem Stadium der Kastrationsresistenz ist die Überlebenswahrscheinlichkeit auch bei initial gutem Therapieansprechen deutlich eingeschränkt. Neben der eher untergeordneten Rolle primärer Resistenzen sind im Therapieverlauf auftretende Resistenzen vielfach mit der Zweckentfremdung von physiologischen Prozessen verbunden, die den natürlichen Zellen Proliferation und Überleben sichern. Zur Eindämmung solcher vom Krebs vereinnahmter Prozesse sind aus einer Reihe von Pilotstudien vielversprechende Wege vorgezeichnet, die aber weit überwiegend ihr Potenzial erst im vorklinischen Forschungsbereich gezeigt haben.

Resistenzen gegen neue Hormontherapien

In der Behandlung des kastrationsresistenten Prostatakarzinoms stellt die Reaktivierung der Androgenrezeptor (AR)-Signalachse nach dem Versagen von Therapien zur Kontrolle der Serumtestosteronspiegel eine der hauptsächlichen Herausforderungen dar. In den Tumorzellen bindet der AR an tausende genomischer Loci und reguliert hunderte von Gen-Promotoren. Darunter sind Kofaktoren der Transkription einbezogen, die das Chromatin-Remodellierung und die Transkriptionsaktivierung hervorrufen. Insofern bieten sich dem Tumor hinreichende Möglichkeiten, an sich physiologische Prozesse trotz der neuen Therapien zur Blockierung der adrenalen Androgensynthese und des AR-Signalwegs mit Abirateron bzw. Enzalutamid zu seinem Vorteil umzumünzen.

Inhibierung der Lipidkinase PIP5K1

Die Entwicklung und das Fortbestehen von fort­geschrittenem/kastrationsresistentem Prostatakrebs (CRPC) ist mit einer Vielzahl von Aspekten im Zusammenhang mit der AR-Signalübertragung verbunden (Aurilio et al., 2020). Die modifizierte Expression von Koaktivatoren und die damit verbundene anormale Transaktivierung der AR-Zielgene ist ein Faktor mit besonderem Einfluss auf Invasivität und gesteigerte Wahrscheinlichkeit des Überlebens (Feldman & Feldman, 2001). In diesem Zusammenhang wurde die Lipidkinase Phosphatidylinositol-4-Phosphat-5-Kinase alpha (PIP5K1) als maßgeblicher aktivierender Kofaktor der Transkription von AR-Zielgenen beschrieben, der mit Proliferation und Überleben von Prostatakrebszellen assoziiert ist (Semenas et al., 2014).

Die durch die PIP5K1 vermittelte funktionelle Verlinkung des AR mit der Matrixmetalloproteinase 9/vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor (MMP9/VEGF)-Signalachse verleiht dem Androgenrezeptor die Rolle eines Schlüsselfaktors bei der Progression und Metastasierung von Prostatakrebs (PCa). Sowohl die MMP9 als auch der VEGF-Signalweg tragen entscheidend zur Vaskularisierung des Tumors und zur Invasion unter kastrationsresistenter Bedingung beitragen bei. In dieser Hinsicht wurden kooperative Mechanismen unter Einbeziehung der AR, der MMP9/VEGF-Signalachse und PIP5K1/AKT-Reaktionswegen nachgewiesen, die als Wegbereiter für Überleben und Tumor­invasion fungieren (Larsson et al., 2020).

Die PIP5K1 fungiert als ein vorgelagerter Regulator des AR und seiner Zielgene wie der Zyklin-abhängigen Kinase 1 (CDK1) und MMP9. Beides sind Schlüsselfaktoren für die Förderung von Wachstum, Überleben und Invasivität von PCa-Zellen. Die funktionelle Beteiligung der PIP5K1 an protumorigenen Mechanismen, macht die Lipidkinase zu einem vielversprechenden Ziel in der Krebstherapie; insbesondere zur Behandlung von CRPC (Wang et al., 2022).

Durch Blockade der PIP5K1-Funktion mithilfe des kleinmolekularen PIP5K1-Inhibitors ISA-2011B ließen sich das Wachstum und die Invasivität von CRPC-Zellen unterdrücken. Der inhibitorische Effekt des Inhibitors hemmt kooperative Mechanismen, in die AR-, MMP9- und PIP5K1/AKT-Signalwege einbezogen sind, durch die Wachstum und Invasivität des Prostatakarzinoms mobilisiert werden (Larsson et al., 2020).

Für die Stabilität des PIP5K1-Proteins und seiner Regulierung der mRNA-Expression des AR ist die N-terminale Domäne der Lipidkinase entscheidend. Bei Mäusen mit xenotransplantiertem Tumor und gezielter Deletion der N-terminalen Domäne von PIP5K1 war das Wachstum der Läsion im Vergleich zu Kontrollen mit PIP5K1 im Wildtyp-Zustand erheblich reduziert (Wang et al., 2022).

Die Lipidkinase PIP5K1 bildet mit der Androgenrezeptor-Spleißvarian­te-7 (AR-V7) Protein-Protein-Komplexe, die für AR-V7 stabilisierend sind und zur konstitutiven Aktivität des AR ohne C-terminale Ligandenbindungsdomäne beitragen. Zudem wurde gezeigt, dass die Signalwege der Zyklin-abhängigen Kinase 1 (CDK1) und des AR über die Lipidkinase PIP5K1 miteinander verbunden sind. Im Metastasengewebe von Prostatakrebs-Patienten wurde eine hohe Expressionsrate an AR-V7 nachgewiesen, die mit erhöhter PIP5K1-Expression korrelierte. Mit dem PIP5K1-Inhibitor ISA-2011B ließen sich bei Mäusen mit AR-V7 überexprimierenden CRPC-Xenograft-Tumoren Wachstum und Proliferation signifikant supprimieren. Hierdurch empfiehlt sich ISA-2011B in Kombination mit Enzalutamid als potenzielle Strategie zur Überwindung von Resistenz gegenüber Antiandrogen-Therapien bei CRPC-Patienten (Sarwar et al., 2016).

Aurilio G, Cimadamore A, Mazzucchelli R, et al. 2020. Androgen receptor signaling pathway in prostate cancer: From genetics to clinical applications. Cells 9: 2653.
Feldman BJ, Feldman D, 2001. The development of androgen-independent prostate cancer. Nat Rev Cancer 1:34–45.
Larsson P, Syed Khaja AS, Semenas J, et al. 2020. The functional interlink between AR and MMP9/VEGF signaling axis is mediated through PIP5K1/pAKT in prostate cancer. Int J Cancer 146:1686–1699.
Sarwar M, Semenas J, Miftakhova R, et al. 2016. Targeted suppression of AR-V7 using PIP5K1 inhibitor over­comes enzalutamide resistance in prostate cancer cells. Onco­target 7:63065-63081.
Semenas J, Hedblom A, Miftakhova RR, et al. 2014. The role of PI3K/AKT-related PIP5K1alpha and the discovery of its selective inhibitor for treatment of advanced prostate cancer. Proc Natl Acad Sci USA 111:E3689–E3698.
Wang T, Sarwar1 M, Whitchurch JB, et al. 2022. PIP5K1 is required for promoting tumor progression in castration-resistant prostate cancer. Front Cell Dev Biol 10: 2022.
April 2024 jfs

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