urologen-infoportal-logobar
77. DGU-Kongress
Harnblasenkarzinom: Neoadjuvante Chemotherapie im Praxisalltag
Laut beim DGU vorgestellten Real-World-Daten profitieren Patient:innen mit muskelinvasiven Harnblasenkarzinom von einer neoadjuvanten Therapie.
Die multizentrische Studie zeigt Daten von zystektomierten Patient:innen, die aus einem Beobachtungszeitraum von über 20 Jahren stammen.
Die Ergebnisse klinischer Studien sind aufgrund des vorselektierten Patientenguts nicht immer kongruent mit der Beobachtung im
Praxisalltag. Dr. Adisch Kiani, Klinik Bogenhausen, München, zeigte beim DGU 2025 die Ergebnisse einer 20-jährigen multizentrischen
Studie zu den realen Auswirkungen der neoadjuvanten Chemotherapie auf das Überleben von Patient:innen mit Harnblasenkarzinom [1].
Die deutsche S3-Leitlinie für die Behandlung des Harnblasenkarzinoms empfiehlt eine neoadjuvante Cisplatin-basierte Chemotherapie
gefolgt von der radikalen Zystektomie bei lokalisierter muskelinvasiver Erkrankung [2]. Die Empfehlung basiert auf einer Metaanalyse, die
eine relative Reduktion der Gesamtmortalität von 14% während einer medianen Nachsorgezeit von 6,4 Jahren zeigte. In der vorgestellten
Real-World-Studie wurde der Einsatz der neoadjuvanten Therapie über 20 Jahre bewertet und der Einfluss auf das Überleben und das
pathologische Ansprechen dargestellt [1].
Für die retrospektive Analyse wurden die Daten von 8.892 Patient:innen geprüft, die an 23 Zentren zwischen 2004 und 2024 eine radikale
Zystektomie erhalten hatten. 3.897 Betroffene mit Tumorstadien cT2-4aN0M0, die entweder mit oder ohne neoadjuvanter Chemotherapie
behandelt wurden, flossen in die Auswertung ein. Im zeitlichen Verlauf stieg die Anwendung der neoadjuvanten Chemotherapie von 6,5%
im Jahr 2004 auf 22,4% im Jahr 2024. Zugleich wurde ein Anstieg der pathologischen Komplettremissionen (pT0) von 6,5% auf 20,4%
beobachtet. Die 5-Jahresrate für das krebsspezifische Überleben (CSS) lag bei 79,8% in der Gruppe mit neoadjuvanter Therapie versus
74,4% ohne neoadjuvante Therapie (p=0,007). Auch das Gesamtüberleben (OS) wurde mit 5-Jahresraten von 79,3% versus 67,3%
signifikant durch die neoadjuvante Therapie verlängert (p<0,001).
Eine multivariable logistische Regressionsanalyse von möglichen Prädiktoren für ein pathologisches Ansprechen nach radikaler Zystektomie
identifizierte die neoadjuvante Therapie als stärksten Prädiktor (OR: 3,16; 95%-KI: 2,64-3,79; p<0,001). Weitere signifikante Prädiktoren
waren das Alter (p<0,001) und das Tumorstadium (p<0,001). Durch die neoadjuvante Chemotherapie wurden
deutliche Tumor-Downstaging-Effekte gesehen.
Fazit: Die Real-World-Daten belegen den Nutzen der neoadjuvanten Therapie beim muskelinvasiven Harnblasenkarzinom,
eventuell sogar in einem größeren Ausmaß als in klinischen Studien gezeigt wurde.
Quelle: 77. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V., 17.-20. September 2025, Hamburg
Literatur:
[1] Kiani A, et al. Real-world impact of neoadjuvant chemotherapy on survival in bladder cancer: a 20-year multicenter study. DGU 2025, Abstr. #V43-05
[2] S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. AWMF-Registernr. 032-038OL, Version 3.0, März 2025
Oktober 2025
IS
fusszeile
© 2003-2025 pro-anima medizin medien
–
impressum
–
mediadaten
–
konzeption
–
datenschutz