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Wodurch kommt es im Alter zum Schwinden von Muskelmasse und damit verbunden an Körperkraft?

Der alternde Skelettmuskel verliert einerseits an Fleischmasse und andererseits findet zunehmend eine Infiltration von Fettgewebe (Myosteatose) statt. Mit dem Begriff Sarkopenie ("Mangel an Fleisch") wird zumeist der nicht beabsichtigte Verlust von Skelettmuskulatur und die damit verbundene Abnahme an Körperkraft bezeichnet [1]. Nach Baumgartner et al. (1998) besteht eine Sarkopenie ab einer um zwei Standardabweichungen geringeren Muskelmasse als bei jungen, gesunden Männern [2]. Anhand dieses Kriteriums weisen bis zu 50% der über 80-jährigen Männer eine Sarkopenie auf. Damit ist ein deutlich erhöhtes Risiko für Gebrechlichkeit verbunden. Insofern kommt der Vermeidung bzw. der Therapie von Sarkopenie in einer älter werdenden Gesellschaft eine erhebliche Bedeutung zu.


Sarkopenie und Gebrechlichkeit

    Für ältere Menschen sind Sarkopenie und Gebrechlichkeit höchst relevante Krankheitsentitäten hinsichtlich der Möglichkeit, ein unabhängiges Leben führen zu können.
    Bauer und Sieber (2008) diskutieren Sarkopenie als unspezifisches klinisches Zeichen, das häufig als altersassoziierte Erscheinung auftritt, das jedoch auch durch eine Vielzahl von Krankheiten unabhängig vom Alterungsprozess verursacht sein kann. Im Gegensatz dazu beschreibt der Begriff Gebrechlichkeit ein geriatrisches Syndrom bei dem Sarkopenie eine fundamentale Komponente darstellt. Der Krankheitszustand insgesamt beruht aber auf den komplexen Zusammenspiel zahlreicher Faktoren [3].
Wie verändert sich im Alter die Körperzusammensetzung?
    Mit zunehmendem Alter verändert sich die Zusammensetzung der Körpermasse insofern, als insbesondere der prozentuale Anteil an Fettgewebe größer wird. Doch neben der quantitativen Reduktion kommt es auch zu qualitativen Veränderungen der fettfreien Masse. Bei 20- bis 30-jährigen Männern machen die zellulären Bestandteile knapp 60% der fettfreien Körpermasse aus. Im Alter sinkt dieser Anteil bei den über 80-Jährigen auf etwa 45% ab. Da jedoch die fettfreie Masse insgesamt deutlich abnimmt, ist der absolute Verlust an Zellmaterial noch deutlich größer. An ihrer Stelle nimmt das interstitielle Bindegewebe mit vermehrten Wassereinlagerungen einen immer größeren Raum ein. Der Hauptteil der verloren gegangenen Zellmasse sind Muskelzellen und kontraktile Muskelzellproteine.

    Epidemiologischen Untersuchungen zufolge beginnt sowohl bei Männern als auch bei Frauen die Masse der Skelettmuskulatur bereits schon nach der zweiten Lebensdekade allmählich abzunehmen [4]. Ältere Männer haben deutlich weniger Skelettmuskel-Fasern als jüngere Männer. Insbesondere gehen im Laufe der Jahre Typ-II-Fasern verloren. In gleichem Maße nehmen das intramuskuläre faserige Bindegewebe und das Fettgewebe zu.

    Parallel zur Abnahme der Muskelmasse sind mit zunehmendem Alter eingreifende physische Einbußen hinzunehmen. Neben der verminderten Kraft ist auch die Arbeitsleistung pro Zeiteinheit herabgesetzt [4]. Zudem sind Männer mit Sarkopenie etwa vierfach häufiger behindert als Männer mit normal großer Muskelmasse [2].

Altersassoziierter Verlust an Masse und Leistungsfähigkeit der Muskulatur

    Auch bei aktiven, athletisch trainierten Menschen ändert sich mit zunehmenden Alter die Zusammensetzung des Körpers. Offenbar laufen mit der Zeit physiologische Prozesse ab, die unabwendbar zu einem Verlust an Muskelmasse und Körperkraft führen. Ob sich daraus allerdings ein klinisch relevantes Problem entwickelt, hängt von einer Reihe von Faktoren ab.

    Als Ursachen der Sarkopenie und den Verlust an Funktionalität werden verschiedene Mechanismen diskutiert [2, 5]:

  • Abnahme des Wachstumshormons und der Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktoren;
  • Androgenmangel;
  • Verlust von a-Motoneuronen im Rückenmark;
  • Unzureichende Proteinaufnahme;
  • Strukturelle Veränderungen der Muskelproteine, die mit verminderter Kontraktilität verbunden sind;
  • Verringerte Umsatzrate von Muskelproteinen;
  • Veränderte Stöchiometrie zwischen Myosin und Aktin;
  • Oxidative Schäden insbesondere des Myosins;
  • Dysregulierte katabol wirkende Zytokine;
  • Bewegungsmangel.

    Zur Entwicklung einer Sarkopenie trägt sicher auch die im Alter nachlassende Insulinwirkung bei. Das betrifft in erster Linie Diabetiker, aber auch die bei älteren Menschen zunehmende Resistenz gegenüber dem Insulin begrenzt dessen anti-katabole Wirkung. Hierbei spielen neben dem Alter auch die Zunahme des viszeralen Fettgewebes und Bewegungsarmut eine zentrale Rolle. Insbesondere Einflüsse, die zu einer Erhöhung der Konzentration an Tumor-Nekrosefaktor-α (TNF-α) beitragen, beeinträchtigen die Funktion der Insulinrezeptoren.

Spielt Testosteronsubstitution eine Rolle bei Vermeidung und Therapie von Sarkopenie?

    Die einfachste als auch wirkungsvollste Maßnahme, einer Sarkopenie entgegenzuwirken, ist ausreichendes körperliches Training. Damit lassen sich auch bereits eingetretene Verluste an Muskelmasse rückgängig machen, so dass eine altersbezogen günstige Fett-Muskel-Relation hergestellt werden kann.

    Bei Testosteronmangel stellt dessen Ausgleich eine Therapieoption bei Sarkopenie bzw. Gebrechlichkeit dar [6]. Allein durch eine Substitution von Testosteron lässt sich bei hypogonadalen Männern eine moderate Vermehrung der Muskelmasse (Abb. 1) insbesondere des Rumpfes und eine Verminderung der Fettmasse (Abb. 2) insbesondere in den Extremitäten erreichen, ohne dass jedoch die Muskelkraft (Beugen und Strecken des Kniegelenks) signifikant zunimmt [7]. Andere Arbeiten weisen allerdings auch eine geringgradige Zunahme der Muskelkraft nach. Offenbar aber muss die Funktionalität der Muskulatur auch durch Belastungstraining erarbeitet werden.


    Auch die Behandlung älterer Männer mit rekombinantem menschlichen Wachstumshormon (r-hGH) erbrachte zwar eine Optimierung der Muskel-Fett-Relation, nicht jedoch eine Zunahme der Muskelkraft [8]. Untersuchungen mit niedrig dosiertem r-hGH in Kombination mit einer Testosteronsubstitution erbrachten günstigere Ergebnisse als mit der jeweiligen Monotherapie [9].

Literatur:
[1]Rosenberg IH. 1997. Sarcopenia: origins and clinical relevance. J Nutr 127:990S-991S.
[2] Baumgartner R, Koehler KM, Gallagher D, et al. 1998. Epidemiology of sarcopenia among the elderly in New Mexico. Am J Epidemiol 147;755-763.
[3] Bauer JM, Sieber CC, 2008. Sarcopenia and frailty: a clinician´s controversial point of view. Exp Gerontol 43:647-687.
[4]Joszi AC, Campbell WW, Joseph L, et al. 1999. Changes in power with resistance training in older and younger men and women. J Gerontol Med Sci 54A:M591-M596.
[5] Thompson LV, 2009. Age-related muscle dysfunction. Exp Gerontol 44:106-111.
[6] Srinivas-Shankar U, Wu FCW, 2009. Frailty and muscle function: role for testosterone? Front Horm Res 37:133-149.
[7]Snyder PJ, Peachey H, Hannoush P, et al. 1999. Effect of testosterone treatment on body composition and muscle strength in men over 65 years of age. J Clin Endocrinol Metab 84:2647-2653.
[8]Papadakis MA, Grady D, Black D, et al. 1996. Growth hormone replacement in healthy older men improves body composition but not functional ability. Ann Intern Med 124:708-716.
[9]Ivey FM, Herman SM, Hurley BF, et al. 1999. Effects of GH and/or sex-steroid administration on thigh muscle and fat by magnetic resonance imaging in healthy elderly men and women. Proc 81st Meeting of the endocrine Soc, San Diego, CA.

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