abdrologen-logobar

 

Hypogonadismus bei sehr alten multimorbiden Männern steht häufig mit Anämie und Sarkopenie im Zusammenhang

Hintergrund/Zielsetzung

Im geriatrischen Umfeld sind klinische Daten von Hypogonadismus in Verbindung mit Multimorbidität selten. Hypogonadismus kann an der Entstehung von Osteoporose, Anämie und Sarkopenie beteiligt sein. Insofern stellt Testosteronmangel für geriatrische Patienten eine maßgebliche Beeinträchtigung dar.

Patienten und Methoden

Insgesamt 167 in einer geriatrischen Akutstation aufgenommenen Männer im Alter von 65–96 Jahren (Mittelwert 81±7 Jahre) wurden in die Querschnittstudie eingeschlossen. Analysiert wurde der Unterschied zwischen biochemischem und klinisch relevantem Hypogonadismus mit Schwerpunkt auf Sarkopenie, Osteoporose und Anämie bei geriatrischen Männern.
Die aus der Dual-Energy-Röntgenabsorptiometrie (DEXA) abgeleitete Körperzusammensetzung, Knochenmineraldichte, Handgriffstärke, Multimorbidität, Polypharmazie und Laborwerte wurden aus der routinemäßigen elektronischen klinischen Patientenakte ermittelt.

Abb.: Manifester Hypogonadismus: (A) Griffstärke, (B) Hämoglobin-Werte (Hb) (C) Skelettaler Massenindex (SMI) (D) T-Score für die zwei Gruppen Hypogonadismus und kein Hypogonadismus; ns=nicht signifikant, *p<0,05
 

Ergebnisse

Die Studie ergab eine hohe Prävalenz von Hypogonadismus 62% (n=104) unter den geriatrischen Männern (Durchschnittsalter 81 Jahre). Eine signifikante Mehrheit von ihnen (83%, n=86) zeigte einen manifesten Hypogonadismus, der durch das gleichzeitige Vorliegen von Hypogonadismus mit Anämie, Sarkopenie und/oder niedrigem T-Wert gekennzeichnet ist. Die gesamte Studienkohorte wies Multimorbidität (Ø 8 Krankheiten pro Patient) auf und ging mit Polypharmazie (Ø 11 Medikamente pro Patient) einher, beides gemeinsame Merkmale geriatrischer Kohorten.

In zwei Gruppen (hypogonadal vs. eugonadal) unterschieden sich die Griffstärke, mutmaßliche Sarkopenie und die Hämoglobinwerte signifikant. Polypharmazie und Multimorbidität waren in beiden Gruppen vergleichbar.

Bei der Hormonanalyse bestand ein signifikanter Unterschied für IGF-I aber nicht für LH und FSH. Subgruppen nach primärem und sekundärem Hypogonadismus wiesen ein Verhältnis von 52% zu 48% auf. Diese unterschieden sich nicht bezüglich BMI, Griffstärke, Skelettmuskelmasse-Índex (SMI), Hämoglobinspiegel, der glomerulären Filtrationsrate (GFR), dem T-Score für die Knochenmineraldichte, Anzahl der Komorbiditäten und Polypharmazie.

Ein kompensierter Hypogonadismus (normale Testosteronspiegel in Kombination mit erhöhtem LH-Spiegel) lag bei 22% aller Patienten vor. Bei 46 (44,2%) Patienten wurde ein extrem hoher Testosteronmangel (<100 ng/dl) nachgewiesen. Bei 83% aller hypogonadalen Patienten (n=104) lag ein manifester Hypogonadismus in Verbindung mit Anämie (71%), Sarkopenie (33%) und/oder einem niedrigen T-Score 46%) vor. Zwischen den Gruppen mit Hypogonadismus und ohne Hypogonadismus blieben signifikante Unterschiede der Hämoglobinspiegel nach Adjustierung für Alter, BMI, GFR und IGF-1 bestehen.

Unterschiede in der Handgriffstärke zwischen den beiden Gruppen (Hypogonadismus vs. kein Hypogonadismus) blieben nach Anpassung an Alter und BMI signifikant, verloren jedoch nach Anpassung an IGF-1 die Signifikanz. Für den SMI und den T-Score reichten die Unterschiede nicht für statistische Signifikanz (Abb.).

Kernaussagen
 
❏ Unter geriatrischen Patienten ist Hypogonadismus weit verbreitet.

❏ Wird bei geriatrischen Patienten eine ungeklärte chronische Anämie, Sarkopenie oder Osteoporose diagnostiziert, sollte auch der Testosteronspiegel bestimmt werden. Eine Hormonbehandlung könnte nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung und Ausschluss von Kontraindikationen in Betracht gezogen werden.

Literatur:
Schluessel S, Bidlingmaier M, Martini S, et al. 2024. Hypogonadism is frequent in very old men with multimorbidity and is associated with anemia and sarcopenia. Z Gerontol Geriat 57:43–49.
März 2024 Drucken jfs
fusszeile1

 
       © 2003-2024 pro-anima medizin medien   –   impressum   –   mediadaten   –   konzeption
  –   datenschutz