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EAU 2013
Risikostratifizierte Therapie der Benignen Prostatahyperplasie: Kombinationstherapie als wirksame Therapieoption


Um bei Männern mit Benigner Prostatahyperplasie (BPH) eine Progression der Erkrankung zu verhindern, sollte frühzeitig eine Kombination des Alpharezeptorblockers (Alpha- Blocker) und des 5-Alpha-Reduktase-Inhibitors (5-ARI) eingesetzt werden. Dies ergab ein Satellitensymposium von GlaxoSmithKline (GSK) bei der 28. Jahrestagung der European Association of Urology (EAU) am 16. März in Mailand/Italien. Die wichtigsten Risikofaktoren für eine Progression sind ein Prostatavolumen ≥ 30 ml und ein PSA-Wert ≥ 1,5 ng/ml [3].

"Die BPH beeinträchtigt die Lebensqualität und die Sexualität der Betroffenen schwer" [2], betonte Prof. Dr. med. Michael Marberger (Wien). Dabei ist die BPH eine fortschreitende Erkrankung, wie Marberger erklärte: "Bei Männern, die ursprünglich milde Symptome aufweisen, wird im Laufe des 'Watchful Waiting' eine Symptomprogression beobachtet" [6]. Dabei kommt es zur progredienten Vergrößerung der Prostata, zur Verschlimmerung der Symptome und zur Abnahme der Harnstrahlrate (Qmax.); als Resultat der unzureichenden Behandlung kann es zu einem akuten Harnverhalt (AUR) und zur Notwendigkeit einer BPH-bedingten Operation kommen [7]. Epidemiologische Studien aus Großbritannien beziffern die Kosten dafür mit 111 Millionen britischen Pfund (etwa 130 Millionen Euro) pro Jahr [8]. "In einer alternden Gesellschaft müssen wir überlegen, wie wir Spätfolgen bei Männern mit Risikofaktoren verhindern können", schloss Marberger.

Risikofaktoren für eine BPH-Progression

Als Risikofaktoren für eine Progression identifizierte Marberger die Schwere der Symptome des unteren Harntraktes (Lower Urinary Tract Symptoms, LUTS), die Harnstrahlrate, das Prostatavolumen und den PSA-Wert. So entwickeln Männer mit moderaten bis schweren LUTS dreimal häufiger einen AUR als solche mit milden Symptomen, und bei Männern mit einer reduzierten Harnstrahlrate ist die AUR-Wahrscheinlichkeit viermal höher als bei Männern mit milden Symptomen [7]. Ein Prostatavolumen von >30 ml und ein PSA-Wert >1,6 sind mit einer höheren Progressionsinzidenz verbunden [9]. Weitere Studien zeigen laut Marberger, dass ein hoher Prozentsatz von BPH-Patienten einen PSA-Wert von ≥ 1,5 hat [3].

"Die Kombination von Alpha-Blocker und 5-ARI kann für diese Männer eine Lösung sein", sagte Marberger in Mailand und hob hervor: "Alpha-Blocker als Monotherapie allein können die Progression und die Entstehung von LUTS nicht verhindern" [10]. "In der Kombinationstherapie werden die unterschiedlichen Wirkweisen von zwei Medikamentenklassen miteinander vereint", so Marberger. "Der Alpha-Blocker verbessert bereits nach einer bis zwei Wochen die Symptome und die Harnstrahlrate; der 5-ARI reduziert das Prostatavolumen und führt zu einer nachhaltigen Symptomverbesserung, wodurch Komplikationen wie AUR und BPH-bedingte Operationen auf lange Sicht verhindert werden können" [3, 11], so der Referent weiter.

Die Realität in der klinischen Praxis sieht allerdings anders aus, wie Marberger anhand einer europäischen und einer kanadischen Studie zeigte: "Demnach bekommen nur etwa die Hälfte der Patienten eine medikamentöse Kombinationstherapie" [12, 13]. "Zurzeit behandeln wir nicht entsprechend der vorhandenen Evidenz", kritisierte Marberger.

Evidenz fur die Kombinationstherapie

Diese Evidenz fasste Prof. Dr. med. Emberton (London) beim Symposium in Mailand zusammen und präsentierte neue Daten zum Einfluss des Therapiebeginns auf den Erfolg der Therapie. "Die Kombination Tamsulosin und Dutasterid ist die am besten durch Studiendaten belegte, abgesicherte Therapieoption", sagte Emberton. Die Kombinationstherapie vom Alpha-Blocker und 5-ARI wird in den diversen Leitlinien bei moderaten Symptomen, Prostatavolumen ≥ 30 ml und PSA ≥ 1,5 ng/ml als signifikante medizinische Behandlung mit dem Evidenzgrad 1b für einen Langzeit-Therapieerfolg bei Männern mit BPH und Progressionsrisiko empfohlen [14-19]. "Sie verlängert gegenüber den Einzeltherapien signifikant die Zeit bis zu einer klinischen Progression [4] und verbessert signifikant die Gesamtsymptomatik" [3], fasste Emberton zusammen. Gegenüber einer Tamsulosin-Monotherapie allein verlängere sie zudem signifikant die Zeit bis zu einem AUR oder BPH-bedingter Operation [3]. Auch die Lebensqualität, gemessen mit Frage 8 des Internationalen-Prostata-Symptom-Score (IPSS) Fragebogen "Wie würden Sie sich fühlen, wenn Ihre aktuelle Verfassung in Bezug auf das Wasserlassen für den Rest Ihres Lebens so bleiben würde?", schnitt die Kombination aus Tamsulosin und Dutasterid besser ab als die Einzeltherapien [20]. Aktuelle, auf dem 28. EAU-Kongress präsentierte Daten zeigen zudem, dass die Kombinationstherapie gegenüber Tamsulosin-Monotherapie in der Reduktion der Nykturie nach vier Jahren überlegen ist (CombAT Post-hoc-Analyse; Oelke M. et al.: Eur Urol Suppl. Poster präsentiert beim 28. EAU 2013 Kongress).

Früher 5-ARI-Therapiebeginn vermeidet BPH-Progression

Wie Emberton zeigte, sollte die Kombinationstherapie aus einem Alpha-Blocker und einem 5-ARI möglichst früh beginnen, um die Progression der Erkrankung zu verzögern. Laut einer retrospektiven Studie verlängert eine frühe Kombinationstherapie die Zeit bis zu einer klinischen Progression verglichen mit einer verzögerten 5-ARI-Gabe [5]. Aktuelle, noch unveröffentlichte Daten, die Emberton beim EAU Symposium vorstellte, zeigen jetzt, dass die Kombination bei einer Patientenpopulation (n=13.551) mit PSA >1,5 ng/ml, also bei Risikopatienten, das Risiko für eine Progression, AUR und BPH-bedingten Operation verringert. Um mit dem Patienten das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Therapie zu besprechen, müssen diesem die möglichen Nebenwirkungen gegenübergestellt werden. Als relativ häufige Nebenwirkungen der 5-ARI nannte Prof. Dr. med. Andriole (USA), sexuelle Dysfunktionen je nach Studie zwischen 7-18,5% [3, 10]. Diese träten seiner Erfahrung nach in der Praxis öfter auf als in den Studien, merkte er kritisch an und führte dies auf eine heterogene Patientenklientel und den sogenannten Nocebo-Effekt durch Erwähnung der möglichen Nebeneffekte im Patientengespräch zurück [21].

Eine wesentliche Sorge der Urologen habe sich dagegen als unbegründet erwiesen: Die in einigen Studien gezeigte höhere Inzidenz hochgradiger Prostatakarzinome [22]. Als eine mögliche Begründung führte er an, dass die Prostatadrüsen durch die 5-ARI-Behandlung geschrumpft seien und dadurch höhergradige Prostatakarzinome bei der Prostatabiopsie besser entdeckt werden könnten. Unter Dutasterid gibt es nach vier Jahren keinen Unterschied in der Mortalität und in der Inzidenz von Gleason 8-10-Prostatakarzinomen, fasste Andriole aktuelle Auswertungen der bestehenden Studiendaten zusammen [3, 23-26].

PSA-Nadir ermitteln und konstant nachbeobachten

Unter einer 5-ARI-Therapie erhöht sich außerdem die Aussagekraft des PSA-Wertes als Alarmsignal für ein Prostatakarzinom, insbesondere für höhergradige Prostatakarzinome [27]. "Es sollten allerdings später gemessene PSA-Werte mit dem PSA-Nadir am Anfang der Therapie verglichen werden" betonte Andriole. Es ist also zu empfehlen, zu Beginn der Therapie immer den PSA-Wert zu messen. Der nach sechs Monaten bestimmte PSA-Wert sollte als neuer PSA-Ausgangswert festgelegt werden und eine regelmäßige Überwachung folgen. "Jeder bestätigte Anstieg vom niedrigsten Niveau unter Dutasterid kann dann ein Prostatakarzinom signalisieren", schloss Andriole.

Referenzen:
[1] Emberton M. et al.: Int J Clin Pract. 2008;62(7):1076–86.
[2] Roehrborn CG. et al.: Prostate Cancer Prostatic Dis. 2006;9(1):30–4.
[3] Roehrborn CG et al.: Eur Urol. 2010;57(1):123–31.
[4] Emberton M. et al.: Eur Urol Supp 2012;11:747-poster. EAU Paris
http://curareg.uroweb.org/PostersParis2012/747.%20Mark%20Emberton/GSK-Emberton_v2.0_final.pdf.
[5] Naslund M. et al.: Curr Med Res Opin. 2009;25(11):2663-9.
[6] Djavan B. et al.: Urology 2004;64(6):1144–8.
[7] Jacobsen SJ. et al.: J Urol 1997;158(2):481–7.
[8] Kirby R. et al.: ProState of the Nation Report (2009).
www.bjui.org/ContentFullItem.aspx?id=414&SectionType=4.
[9] Crawford ED. et al.: J Urol. 2006;175(4):1422–27.
[10] McConnell JD. et al.: New Engl J Med. 2003;349(25):2387–98.
[11] Madersbacher S. et al.: Eur Urol. 2004;46(5):547–54.
[12] Fourcade RO. et al.: World J Urol. 2012;30(3):419–26.
[13] Nickel JC. et al.: Can Urol Assoc J. 2008;2(4):367–73.
[14] NICE clinical guideline 97 (2010) http://guidance.nice.org.uk
[15] AUA Management of BPH (2010) http://auanet.org
[16] Guidelines on the treatment of non-neurogenic male LUTS, incl. Benign Prostatic Obstruction (BPO) (2012). http://www.uroweb.org
[17] http://www.auro.it/linee-guida-su-luts-correlati-alliperplasia-prostatica-benigna.
[19] Homma Y et al 2011 IJU 18, 1–33. http://www.smu.org.mx/.
[20] Montorsi F. et al.: Int J Clin Pract. 2010;64(8):1042–51.
[21] Mondani N. et al.: J Sex Med. 2007;4(6):1708–12.
[22] Thompson I. et al.: N Engl J Med. 2003;349:215–24.
[23] Andriole GL. et al.: N Engl J Med. 2010;362:1192–202.
[24] Pinsky PF. et al.: Cancer 2013;119(3):593-601.
[25] Goodman P. et al.: J Clin Oncol 2013; 31(suppl 6; abstr 10).
[26] Monga M. et al.: Dutasteride meta-analysis 2013; accepted for publication in CUAJ.
[27] Marberger M. et al.: BJU Int. 2012;109(8):1162–9.

Quelle: Satellitensymposium “Risk stratification to optimize the management of men with symptomatic BPH at risk of progression”, am 15.3.2013 in Mailand. Veranstalter: GlaxoSmithKline.

April 2013
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