Irritative Symptome kennzeichnen das Syndrom der überaktiven Blase (OAB) und gehören auch zum Symptomenkomplex
der benignen Prostatahyperplasie (BPS). Dass sich hieraus bei Fehlen einer ausgeprägten Blasenauslassobstruktion Ansätze
für die Kombinationstherapie mit einem a-Rezeptorenblocker und einem Anticholinergikum ergeben, berichtete Dr. Andreas
Wiedemann (Witten) bei einem Satellitensymposium der Dr. R. Pfleger GmbH auf dem diesjährigen DGU-Kongress in Hamburg.
Auch Prof. Joachim Geyer (Gießen) stellte auf diesem Symposium aktuelle Ergebnisse zum aktiven Transport von Trospiumchlorid
durch Zellmembranen vor.
Das Syndrom der überaktiven Blase (OAB) und die Elemente des benignen Prostatasyndroms (BPS) – Prostatavergrößerung
(enlargement; BPE), Blasenauslassobstruktion (bladder outlet obstruction; BOO) und Symptome des unteren Harntrakts
(LUTS) – weisen Überschneidungen auf (Abb.). Für Patienten, deren Beschwerden durch eine Schnittmenge ohne klinisch
relevante Blasenauslassobstruktion charakterisiert sind, kann sich eine Kombinationstherapie aus einem Anticholinergikum
und einem α-Rezeptorenblocker als sinnvoll erweisen. So geht aus tierexperimentellen Befunden hervor, dass Anticholinergika
auch eine Senkung des Widerstandes in der prostatischen Urethra bei der Miktion bewirken und α-Rezeptorenblocker die durch
eine BPS ausgelöste Detrusorhyperaktivität dämpfen.
Die Kombinationstherapie aus Tamsulosin und Trospiumchlorid wurde in einer nicht interventionellen Studie mit 4.328 Männern mit BPS
ohne klinisch relevante Blasenauslassobstruktion geprüft. Patienten mit überaktiver Blase wurden simultan mit einem α-Blocker und mit
Trospiumchlorid (Spasmex® 30) behandelt. Voraussetzung für die Aufnahme in die Studie war ein International Prostate
Symptom Score (IPSS) 8 und eine bestehende Behandlung mit α-Blockern.
Es wurden Daten von 4.104 Patienten im mittleren Alter von 68,4 ± 8,8 Jahren analysiert. Ein BPS bestand bei 61,9% der Männer bereits
seit Jahren, bei 32,6% seit Monaten und bei 4,7% seit wenigen Wochen oder Tagen. Die verordnete Trospiumchlorid-
Der mittlere IPSS Score verbesserte sich von 18 auf 12 und der Lebensqualitätsindex um 50% von 4 auf 2. Die OAB-Symptomatik besserte
sich deutlich, und der Anteil der Patienten mit starkem Dranggefühl verminderte sich von 44,2% auf 4%. Parallel dazu stieg der
Anteil der Männer mit leichtem Dranggefühl von 6,4% auf 51,5%. Zwölf Prozent der Patienten waren am Ende der Beobachtungszeit
beschwerdefrei.
Sowohl die Ärzte als auch die Patienten bewerteten die Kombinationstherapie als sehr gut und gut. In 121 Fällen (2,8%) wurde die Behandlung
vorzeitig abgebrochen. Die Gründe waren: fehlende Wirksamkeit, mangelnde Akzeptanz und unerwünschte Effekte. Neun Patienten (0,2%)
erlitten während der Behandlung einen Harnverhalt.
Trospiumchlorid: Lokale Wirkung an der Harnblase
In seinem Vortrag stellte Geyer Besonderheiten des polaren, positiv geladenen Trospiumchlorids heraus: Die Substanz ist gut wasserlöslich
und weist daher eine nur geringe Membranpermeabilität auf. Sie pene-triert die Blut-Hirn-Schranke nicht. Hierdurch entsteht insbesondere
bei älteren Patienten Therapiesicherheit im Hinblick auf zentralnervöse Nebenwirkungen wie Konzentrations- und Schlafstörungen.
Da Trospiumchlorid nur in sehr geringem Umfang der Biotransformation in der Leber und im Darm unterliegt, gelangt es in überwiegend aktiver
Form in die Harnblase, so dass zur systemischen Wirksamkeit der Substanz eine lokale anticholinerge Komponente hinzukommt.
Bisher war weitgehend unklar, wie Trospiumchlorid die Zellmembranen in Darm, Leber und Niere überwinden kann. Aktuell konnte gezeigt werden,
dass es sich bei Trospiumchlorid um ein Substrat des Organic Cation Transporter (OCT) handelt. Geyer mutmaßt, dass OCT auch für die lokale
Wirkung von Trospiumchlorid in der Harnblase eine Rolle spielen, zumal das Transportprotein im Urothel exprimiert wird.
Quelle: Satellitensymposium „Von Jung bis Alt: Praxisrelevante Ansätze in der OAB-Therapie“ am 15.09.2011 in Hamburg anlässlich
des DGU-Kongresses. Veranstalter: Dr. R. Pfleger GmbH, Bamberg.
Rationale für die Kombinationstherapie bei LUTS und OAB
Effektivität der Therapie mit Tamsulosin plus Trospiumchlorid
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