Oktober 2005 
 

PSA-Veränderungen 10 Jahre vor der Prostatakrebs-Diagnose


Das Prostata-spezifische Antigen (PSA) ist der diagnostisch wertvollste Tumormarker in der Onkologie. Dennoch ist die niedrige Spezifität des PSA-Tests weiterhin unbefriedigend und ist Anlaß für zu viele unnötige Biopsien. In der aktuellen Studie sollte ermittelt werden, wie sich der PSA-Wert bei Patienten mit späterer Prostatakarzinom-Diagnose über einen Zeitraum von zehn Jahren verändert, und wie sich diese Veränderung von der bei Patienten unterscheidet, die kein Prostatakarzinom entwickeln (Berger AP, et al. 2005):

Bei jedem vierten Mann mit einem PSA-Wert zwischen 2,5 und 4,0 ng/ml kann bioptisch-histologisch ein Prostatakarzinom nachgewiesen werden. Die Hälfte davon sind aggressive Tumoren. Ferner gehen Schätzungen davon aus, daß 40 % aller auffindbaren Tumoren noch zu keinem höheren Serum-PSA-Spiegel als 4,0 ng/ml geführt haben.

Die Studiendaten beziehen sich auf 32.661 PSA-Bestimmungen bei 2.815 Einwohnern von Tirol über einen Zeitraum von 10 Jahren. In 353 Fällen wurde bei Männern, die sich mindestens 6 Jahre PSA-Tests unterzogen hatten, ein Prostatakarzinom diagnostiziert. Bei 336 Männern ohne Prostatakarzinom wurde aufgrund eines erhöhten PSA-Werts oder einem verdächtigen Befund bei der digitalen rektalen Untersuchung eine Prostata-Biopsie vorgenommen. Als wesentliches Kriterium für die Indikation zur Biopsie wurde vor 1995 ein Anteil an freiem PSA von 22 % und danach von 18 % festgelegt. Ferner wurde Patienten mit einem Gesamt-PSA von mehr als 10 ng/ml und/oder einem auffälligen Befund bei der digital rektalen Untersuchung zur Biopsie geraten.

Deutlich steilerer PSA-Anstieg bei Entwicklung eines Prostatakarzinoms
Männer, bei denen anhand einer Biopsie ein Prostatakarzinom diagnostiziert wurde, hatten bereits 10 Jahre vor der Diagnose einen signifikant höheren PSA-Wert als Altersgenossen, bei denen sich offenbar kein Prostatakarzinom entwickelt hatte:
Bei 353 Prostatakrebspatienten wurde für den Zeitraum von zehn Jahren vor der Diagnose anhand einer Biopsie eine PSA-Anstiegsgeschwindigkeit von 0,409 ng/ml/Jahr ermittelt. Innerhalb dieses Zeitraums war der PSA-Wert bei diesen Männern von 2,28 ng/ml auf 6,37 ng/ml angestiegen (Abb.).

Die PSA-Anstiegsgeschwindigkeit korrelierte deutlich positiv mit dem Gleason-Score und dem pathologischen Stadium.

Bei den 2.462 Männer ohne Prostatakarzinom betrug die durchschnittliche PSA-Anstiegsgeschwindigkeit innerhalb von 10 Jahren lediglich 0,03 ng/ml/Jahr.

Aus den Ergebnissen der Studie wird folgendes geschlossen:

  • Die Beurteilung der PSA-Anstiegsgeschwindigkeit ist ein nützlicher Parameter zur Beurteilung der Wahrscheinlichkeit daß ein Prostatakarzinom vorliegt.
  • Bei Männern mit einem PSA-Ausgangswert unter 1 ng/ml sind wohl Tests alle 2 Jahre hinreichend, um die frühzeitige Entdeckung eines heilbaren Prostatakarzinoms zu gewährleisten.
  • Bei einem Gesamt-PSA über 1 ng/ml sind jährliche Tests ratsam, da sich bei einem erheblichen Anteil dieser Männer innerhalb der nächsten Jahre ein PSA-Wert von 4 ng/ml oder darüber einstellt.
  • Die Entdeckung von 353 Prostatakarzinomen bei zugleich 336 negativen Biopsie-Befunden unterstreicht die unbefriedigende Spezifität des PSA-Tests.

    In einem Zehnjahreszeitraum vor der Diagnose eines Prostatakarzinoms unterscheidet sich der PSA-Anstieg bei diesen Patienten deutlich von dem bei entsprechend krankheitsfreien Männern.
     

  • Berger AP, Deibl M, Steiner H, et al. 2005. Longitudinal PSA changes in men with and without prostate cancer: assessment of prostate cancer risk. Prostate 64:240-245.
     

    Oktober 2005

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    Autor: JF Schindler