Das Prostata-spezifische Antigen (PSA) ist der diagnostisch wertvollste Tumormarker
in der Onkologie. Dennoch ist die niedrige Spezifität des PSA-Tests
weiterhin unbefriedigend und ist Anlaß für zu viele unnötige Biopsien.
In der aktuellen Studie sollte ermittelt werden, wie sich der PSA-Wert bei Patienten
mit späterer Prostatakarzinom-Diagnose über einen Zeitraum von zehn Jahren verändert,
und wie sich diese Veränderung von der bei Patienten unterscheidet, die kein
Prostatakarzinom entwickeln (Berger AP, et al. 2005):
Bei jedem vierten Mann mit einem PSA-Wert zwischen 2,5 und 4,0 ng/ml kann
bioptisch-histologisch ein Prostatakarzinom nachgewiesen werden. Die Hälfte
davon sind aggressive Tumoren. Ferner gehen Schätzungen davon aus, daß 40 %
aller auffindbaren Tumoren noch zu keinem höheren Serum-PSA-Spiegel als 4,0 ng/ml
geführt haben.
Die Studiendaten beziehen sich auf 32.661 PSA-Bestimmungen bei 2.815 Einwohnern von Tirol
über einen Zeitraum von 10 Jahren. In 353 Fällen wurde bei Männern, die sich mindestens
6 Jahre PSA-Tests unterzogen hatten, ein Prostatakarzinom diagnostiziert.
Bei 336 Männern ohne Prostatakarzinom wurde aufgrund eines erhöhten PSA-Werts oder einem
verdächtigen Befund bei der digitalen rektalen Untersuchung eine Prostata-Biopsie vorgenommen.
Als wesentliches Kriterium für die Indikation zur Biopsie wurde vor 1995 ein Anteil an freiem
PSA von 22 % und danach von 18 % festgelegt. Ferner wurde Patienten mit einem
Gesamt-PSA von mehr als 10 ng/ml und/oder einem auffälligen Befund bei der digital
rektalen Untersuchung zur Biopsie geraten.
Deutlich steilerer PSA-Anstieg bei Entwicklung eines Prostatakarzinoms
Männer, bei denen anhand einer Biopsie ein Prostatakarzinom diagnostiziert wurde, hatten
bereits 10 Jahre vor der Diagnose einen signifikant höheren PSA-Wert als Altersgenossen,
bei denen sich offenbar kein Prostatakarzinom entwickelt hatte:
Bei 353 Prostatakrebspatienten wurde für den Zeitraum von zehn Jahren vor der Diagnose anhand einer Biopsie
eine PSA-Anstiegsgeschwindigkeit von 0,409 ng/ml/Jahr ermittelt. Innerhalb dieses Zeitraums war der
PSA-Wert bei diesen Männern von 2,28 ng/ml auf 6,37 ng/ml angestiegen (Abb.).
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Abb.: PSA-Anstieg bei Prostatakarzinom-Patienten im Verlauf von 10 Jahren vor der
Diagnosestellung. Im Vergleich dazu der Verlauf der PSA-Werte bei Männern gleichen Alters,
bei denen sich offenbar kein Prostatakarzinom entwickelt (nach Berger AP, et al. 2005).
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Die PSA-Anstiegsgeschwindigkeit korrelierte deutlich positiv mit dem Gleason-Score und dem
pathologischen Stadium.
Bei den 2.462 Männer ohne Prostatakarzinom betrug die durchschnittliche
PSA-Anstiegsgeschwindigkeit innerhalb von 10 Jahren lediglich 0,03 ng/ml/Jahr.
Aus den Ergebnissen der Studie wird folgendes geschlossen:
Die Beurteilung der PSA-Anstiegsgeschwindigkeit ist ein nützlicher Parameter zur Beurteilung
der Wahrscheinlichkeit daß ein Prostatakarzinom vorliegt.
Bei Männern mit einem PSA-Ausgangswert unter 1 ng/ml sind wohl Tests alle 2 Jahre
hinreichend, um die frühzeitige Entdeckung eines heilbaren Prostatakarzinoms zu gewährleisten.
Bei einem Gesamt-PSA über 1 ng/ml sind jährliche Tests ratsam, da sich bei einem erheblichen
Anteil dieser Männer innerhalb der nächsten Jahre ein PSA-Wert von 4 ng/ml oder darüber
einstellt.
Die Entdeckung von 353 Prostatakarzinomen bei zugleich 336 negativen Biopsie-Befunden
unterstreicht die unbefriedigende Spezifität des PSA-Tests.
In einem Zehnjahreszeitraum vor der Diagnose eines Prostatakarzinoms unterscheidet sich
der PSA-Anstieg bei diesen Patienten deutlich von dem bei entsprechend krankheitsfreien Männern.
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