November 2003 
 

Welche Rolle spielt die Adipositas bei kardialen Alterungsprozessen?


Die Hypertrophie der linken Herzkammer, das so genannte linksventrikuläre Remodelling und damit verbundene Beeinträchtigungen der diastolischen Funktion erhöhen das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen. Derartige Veränderungen stehen auch im Zusammenhang mit dem Altern. Somit liegt die Vermutung nahe, dass unter anderem altersbezogene Risikofaktoren wie insbesondere die viszerale Adipositas an der Entwicklung kardialer Morbidität beteiligt sind.

Eine Untersuchung mit 113 Männern im Alter zwischen 20 und 79 Jahren sollte klären, inwieweit eine Adipositas die altersassoziierten Veränderungen der Struktur des linken Ventrikels und der diastolischen Funktion mit beeinflusst (Gates PE, et al. 2003):

Eine Adipositas in Verbindung mit fortgeschrittenem Alter beeinträchtigt die Herzleistung
Sowohl eine generelle als auch eine abdominale Adipositas tragen im Alter signifikant dazu bei, dass sich die Wand der linken Herzkammer verdickt, ein linksventrikuläres konzentrisches Remodelling stattfindet und sich die Hämodynamik in der diastolischen Füllungsphase nachteilig verändert.
 
Messungen der Wanddicke des linken Ventrikels mittels Ultraschall-Echokardiographie ergaben umso höhere Werte, je älter und je übergewichtiger die Männer waren. Auch das Verhältnis von Wanddicke zum Kammerradius als Maß für das konzentrische Remodelling nahm mit dem Alter und dem Grad der Adipositas zu. Beide Veränderungen waren unabhängig davon, ob eine eher generalisierte oder eine eher abdominale Adipositas vorlag.

Der transmitrale Blutfluss zu Anfang und Ende der Diastole wurde mittels gepulster Dopplersonographie gemessen. Das Verhältnis von früher zu später Füllgeschwindigkeit diente als Index der diastolischen Funktion. Dieser Wert verringerte sich altersabhängig mit dem Grad des Übergewichts bzw. der Adipositas.

Bei den normalgewichtigen und adipösen jüngeren Männern besteht noch kein Unterschied in der Struktur und der diastolischen Funktion des linken Ventrikels.

Ist das Renin Angiotensin-System das Bindeglied zwischen Fettgewebe und Herzmuskel?
Eine Adipositas trägt unabhängig vom Alter zur Entwicklung struktureller Veränderungen des linken Ventrikels und der damit verbundenen Störung der diastolischen Funktion bei. Bisher liegen zwar keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, über welche Mechanismen das Fettgewebe auf die Herzmuskulatur einwirkt, doch die Indizien für eine endokrine Verbindung sind sehr stichhaltig: Bei Adipositas ist die Aktivität des Renin-Angiotensin-Systems in der Zirkulation und im Fettgewebe erhöht. Darüber hinaus werden die Gene verschiedener Komponenten dieses Systems verstärkt exprimiert. Ferner ist bekannt, dass sich die Aktivität des Renin-Angiotensin-Systems auf das Herz auswirken.

Insbesondere das Angiotensin II verursacht kardiovaskuläre Morbidität. Es wirkt proinflammatorisch und steht im Zusammenhang mit der Hypertrophie, Apoptosen und Fibrose im Herzmuskelgewebe. Darüber hinaus ist Angiotensin II ein potenter Wachstumsfaktor für Herzmuskelzellen, so dass ihm eine wichtige Rolle beim linksventrikulären Remodelling und der linken Ventrikelhypertrophie zukommt.
 

Gates PE, Gentile CL, Seals DR, Christou DD. 2003. Adiposity contributes to differences in left ventricular structure and diastolic function with age in healthy men. J Clin Endocrinol Metab 88:4884-4890.

November 2003

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Autor: H. Schlenker