Die Androgen-Deprivationstherapie (ADT) war traditionell der Behandlung von Patienten
mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom vorbehalten.
Sie wird aber zunehmend häufiger auch bei Prostatakrebs-Patienten
mit einem biochemischen Rezidiv ohne Nachweis der metastasierten Krankheit angewandt. Dabei ist aber
ins Kalkül zu ziehen, dass sich der hypogonadale Zustand auch schädigend auf die Nierenfunktion
auswirken kann. Diesbezüglich wurde das Risiko untersucht, unter einer ADT bei neu diagnostizierten
Prostatakrebs ein akutes Nierenversagen zu erleiden
(Lapi F, et al. 2013):
Es wird von tierexperimentellen Befunden vermutet, dass durch das Absenken des Testosteronspiegels
auf meist unter Kastrationsniveau die vasodilatatorischen Effekte des Testosterons an den
Nierenarterien antagonisiert werden. Zugleich eintretender Estrogenmangel könnte die Funktion der
Nierentubuli negativ beeinflussen.
In der Fall-Kontroll-Analyse wurden Daten aus dem United Kingdom Clinical Practice Research Datalink
verwendet. Teilnehmer waren Männer mit einem zwischen 1997 und 2008 neu diagnostiziertem
Prostatakarzinom, die bis Ende 2009 nachverfolgt worden waren. Bei den Fällen lag ein akutes
Nierenversagen während des Follow-up vor. Ihnen wurden jeweils mehrere Kontrollen (gleiches Alter,
Jahr der Prostatakrebs-Diagnose und Dauer der Nachbeobachtung) gegenübergestellt.
Die Einschlusskriterien der Studie wurden von 10.250 Prostatakrebs-Patienten erfüllt. In 232 Fällen
war erstmals im Leben ein akutes Nierenversagen aufgetreten. Diesen Fällen wurden zum Vergleich
2.721 passende Kontrollen zugeordnet. Das mittlere Follow-up betrug 4,1 Jahre.
Die aktuelle Anwendung einer ADT war im Vergleich zur ADT-Naivität mit dem erhöhten Risiko für
akutes Nierenversagen assoziiert (Odds Ratio [OR], 2,48; 95% CI 1,61-3,82). Bei zurückliegender
ADT war das Risiko erheblich niedriger (OR, 1,25).
Der Zusammenhang zwischen ADT und akutem Nierenversagen war am stärksten ausgeprägt bei Patienten,
die mit der kombinierten
Androgenblockade Gonadotropin-releasing-Hormon-Agonist plus Antiandrogen behandelt worden waren
(OR, 4,5; 95% CI 2,61-7,78). Auch andere Kombinationstherapien und die
Behandlung mit Estrogen alleine erreichte OR von jeweils 4,0.
Bei einer Kohorte Patienten mit neu diagnostiziertem, nicht metastasiertem Prostatakarzinom stand
Androgendeprivation signifikant mit akutem Nierenversagen im Zusammenhang.
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Dieses Ergebnis bedarf der Bestätigung und gegebenenfalls der Feststellung klinischer Relevanz.
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