Die infolge einer Prostatakrebs-Therapie vielfach auftretenden Sexualstörungen sind
mannigfaltiger Art. Neben der dabei meist im Vordergrund stehenden erektilen Dysfunktion
kann es insbesondere auch zu Orgasmusstörungen kommen, von denen der unwillkürliche
Urinverlust beim Klimax (engl.: climacturia) hinsichtlich Prävalenz und Auswirkungen auf
das Sexualleben bislang wenig untersucht worden ist. Die aktuelle Studie nimmt sich dieser
Thematik bei Patienten nach definitiver Behandlung von Prostatakrebs mittels radikaler
Prostatektomie und/oder Strahlentherapie an
(O´Neil BB, et al. 2014):
Aus kleineren Studien zu Urinverlust beim Orgasmus nach radikaler Prostatektomie wurden Prävalenzen
von 20% bis 45% berichtet. Solche Vorfälle wurden als ziemlich störend empfunden.
In einer anonym gehaltenen postalischen Umfrage wurde bei Prostatakrebs-Patienten,
die operativ und/oder radiologisch behandelt worden waren, nach Urinverlust beim Orgasmus
und weiteren Aspekten bezüglich orgasmischer und anderer sexueller Funktionen gefragt.
Insgesamt 412 beantwortete Anfragen konnten ausgewertet werden. Von den Männern waren
67,7% operiert, 26,7% bestrahlt und 5,6% kombiniert operiert/bestrahlt worden.
Bei den Operationen waren 39,1% offen durchgeführt worden, und bei 88,4% war
nervschonend operiert worden. Patienten mit Strahlentherapie waren in 45,5% der
Fälle mit Brachytherapie, 34,5% mit externer Bestrahlung und 20% kombiniert behandelt
worden. Der Anteil sexuell aktiver Männer bei den einzelnen Behandlungsformen unterschied
sich nicht signifikant. Er lag zwischen 52,2% und 71,4%.
Urinverlust beim Orgasmus war von 22,6% der sexuell aktiven Männer angegeben worden.
Bei den operierten Männern waren es 28,3%, bei den bestrahlten 5,2% und bei denen mit
Kombinationstherapie 28,6%.
Männer mit Urinverlust beim Orgasmus hatten etwa doppelt so häufig wie der Rest
der Teilnehmer auch Inkontinenzepisoden, und von ihnen wurden auch vermehrt erektile
Hilfsmittel angewandt. Zwischen Männern mit und ohne Urinverlust beim Orgasmus bestanden
keine weiteren Unterschiede bezüglich der orgasmischen Funktion und auch nicht
bezüglich der sexuellen Befriedigung. Operation mit Nerverhalt hatte keinen Einfluss
auf das Auftreten von Urinverlust beim Orgasmus.
In der multivariaten Analyse erwies sich die Therapieform (Operation vs. Strahlentherapie)
als bedeutendster Prädiktor für Urinverlust beim Orgasmus.
Der Anteil an Männern, bei denen es nach definitiver Behandlung von Prostatakrebs
beim Orgasmus zu Urinverlust kommt, ist je nach Therapieform recht beträchtlich.
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Der Urinverlust beim Orgasmus steht im Zusammenhang mit Stressinkontinenz, hat aber
nicht unbedingt negativen Einfluss auf die sexuelle Befriedigung.
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