Juni 2004 
 

Topische Anästhetika zur Behandlung einer Ejaculatio praecox?


Mangelnde Kontrolle über den ejakulatorischen Reflex ist die vorherrschende Sexualstörung bei Männern. Vielfach wird davon ausgegangen, dass eine penile Hypersensitivität es dem Patienten schon bei minimaler sexueller Stimulation unmöglich macht, die Ejakulation weiter hinauszuzögern.

Therapiekonzepte bei Ejaculatio praecox sehen vor, den Ejakulationsreflex durch Herabsetzen der penilen Sensitivität zu supprimieren, um hierdurch den Zeitpunkt des Orgasmus willentlich kontrollieren zu können. In einer klinischen Prüfung wurde daher unter Plazebo-Kontrolle eine anästhetisch wirkende Creme getestet, die Männer mit vorzeitigem Samenerguss tatsächlich einen verlängerten Geschlechtverkehr ermöglicht (Busato W, Galindo CC. 2004):

Die Zeit bis zum Orgasmus verlängert sich signifikant
Alle Teilnehmer der Studie hatten die Diagnose Ejaculatio praecox. Sie wurden instruiert, möglichst 10 bis 20 Minuten vor jedem Geschlechtsverkehr eine Creme (Lidocain-Prilocain bzw. Plazebo) auf den Penis aufzutragen und ein Kondom überzuziehen. Die Männer konnten die Creme vor dem Geschlechtsverkehr abwaschen oder das Kondom überbehalten.

Von ursprünglich 42 Teilnehmern beendeten 29 die Studie. Als wesentlichstes Ergebnis der Prozedur verlängerte sich bei den Männern in der Verum-Gruppe die intravaginale Latenzzeit bis zur Ejakulation ganz erheblich (von 1,49 Min auf 8,45 Min) und blieb bei den Männern der Plazebo-Gruppe nahezu unverändert. Bei zwei Patienten verschlechterte sich allerdings die Ejaculatio praecox trotz Anästhetika-Anwendung.

Penile Hypersensitivität trägt wahrscheinlich entscheidend zur Ejaculatio praecox bei
Die Ergebnisse dieser Studie stützen eindeutig die Hypothese, dass eine Hypersensitivität des Penis zumindest eine Ursache für die Ejaculatio praecox ist. Ferner zeigt sich, dass die Desensibilisierung des Penis eine Möglichkeit zur Behandlung dieser Sexualstörung ist.

Andererseits stellt sich bei der Anwendung eines topischen Anästhetikums vor dem Geschlechtsverkehr die Frage nach der Praktikabilität dieser Methode. Zweifel daran kommen schon angesichts der geringen Compliance selbst unter Studienbedingungen auf. Ein Großteil der Probanden stieg vorzeitig aus. Nur bei einem sehr hohen Leidensdruck scheint die beschriebene Prozedur für Männer bzw. ihre Partnerinnen ein gangbarer Weg zu sein.
 

Busato W, Galindo CC. 2004. Topical anaesthetic use for treating premature ejaculation: a double-blind, randomized, placebo-controlled study. BJU Int 93:1018-1021.
 

Juni 2004

Drucken
Autor: JF Schindler