Juni 2004 
 

Beeinträchtigt Schlafapnoe die erektile Funktion?


Neueren Untersuchungen zufolge kommt es bei bis zu 10 % aller Männer über 40 Jahre während des Schlafens wiederholt zum Verschluss der oberen Atemwege, sodass die Atemtätigkeit vorübergehend unterbrochen ist. Das damit verbundene obstruktive Schlafapnoe-Syndrom ist mit einer Reihe klinisch relevanter Komplikationen behaftet. Insbesondere wurden die Schläfrigkeit tagsüber sowie erhöhte Risiken für ischämische Herzerkrankungen und Insulte wiederholt dokumentiert.

Bislang existieren zum Teil widersprüchliche Befunde darüber, ob bzw. inwieweit sich eine obstruktive Schlafapnoe auf die erektile Funktion auswirkt. Der Hypothese nachgehend, dass der Schweregrad einer Schlafapnoe als Prädiktor für eine erektile Dysfunktion herangezogen werden könnte, wurden 209 Patienten nach Erektionsstörungen befragt und in einem Schlaflabor polysomnographisch untersucht (Margel D, et al. 2004):

Bei schwergradiger Schlafapnoe besteht vermehrt auch eine erektile Dysfunktion
Die Patienten beantworteten Fragen aus dem International Index of Erectile Function (IIEF) nach:

  • der Zufriedenheit mit dem Sexualleben,
  • der Rigidität der Erektionen während des Geschlechtsverkehrs und
  • den Erektionen beim Aufwachen.

    Im Vergleich zu den nicht-apnoischen Kontrollen war bei Männern mit allen Schweregraden eines obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms die erektile Funktion beeinträchtigt. Signifikanz erreichte dieser Befund allerdings nur in der Gruppe von Patienten mit einem schwergradigen obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom. In dieser Gruppe wurden Männer mit einem Atemstörungsindex (Anzahl der Apnoe-Episoden geteilt durch die Schlafenszeit) von mehr als 40 zusammengefasst. Bei diese Männern bestanden auch die größten Defzite bezüglich der morgendlichen Erektionen.

    Anhand schrittweiser Regressionsanalysen ließ sich ermitteln, dass das Alter, die Unausgeschlafenheit am Morgen und der Atemstörungsindex als Prädiktoren für eine erektile Dysfunktion bei Patienten mit obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom herangezogen werden können.

    Organische und psychologische Störungen als Ursache einer Apnoe-bedingten erektilen Dysfunktion?
    Bei Männern mit einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom weisen verschiedene Faktoren auf das Vorliegen einer erektilen Dysfunktion hin. Prädiktiven Charakter haben hiervon insbesondere die morgendliche Unausgeschlafenheit, fortgeschrittenes Alter und ein hoher Atemstörungsindex.

    Als organische Ursachen einer erektilen Dysfunktion bei Männern mit einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom werden

  • Hypoxie-bedingte nervale Schädigungen,
  • Anomalien der Blutgefäße infolge eines erhöhten nächtlichen Blutdrucks und eines erhöhten Sympatikotonus sowie
  • erniedrigte Androgen-Spiegel
    vermutet.
    Hinzu kommen mögliche psychologische Ursachen wie die Schläfrigkeit am Tage und die vielfach beobachtete Deprimiertheit der Patienten.

    Als aussagekräftigster anamnestischer Prädiktor einer organisch bedingten erektilen Dysfunktion gilt eine verringerte Häufigkeit der Erektionen beim Erwachen. Da normalerweise während aller REM-Schlafperioden Erektionen auftreten und die meisten REM-Perioden in die frühen Morgenstunden fallen, erwachen Männer häufig mit einer Erektion. Bereits bei früheren Untersuchungen war ermittelt worden, dass bis zu zwei Dritteln aller Männer mit einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom die nächtlichen Tumeszenzen in verringertem Umfang auftreten.
     

  • Margel D, Cohen M, Livne PM, Pillar G. 2004. Severe, but not mild, obstructive sleep apnea syndrome is associated with erectile dysfunction. Urology 63:545-549.
     

    Juni 2004

    Drucken
    Autor: JF Schindler