Juli 2008 
 
Metabolische Risiken unter Androgendeprivation bei Prostatakrebs

  Adjuvante Androgendeprivationstherapie (ADT) trägt zur Lebensverlängerung von Prostatakrebs-Patienten bei. Als Komplikationen der Behandlung sind Osteoporose, Sexualstörungen, Gynäkomastie und negative Veränderungen der Körperzusammensetzung seit längerem gut dokumentiert. Weniger erforscht waren bis vor Kurzem die metabolischen Deviationen unter einer ADT wie Insulinresistenz, Diabetes mellitus, Dyslipidämie und metabolisches Syndrom (Shahani S, et al. 2008):

  Publikationen der letzten 20 Jahre mit den Schlüsselwörtern Androgendeprivationstherapie UND Insulinresistenz, Hyperglykämie, Diabetes, Dyslipidämie, metabolisches Syndrom und kardiovaskuläre Krankheit wurden anhand einer MEDLINE-Suche identifiziert und ausgewertet.

Insulinresistenz und Hyperglykämie
Kurzzeitige ADT führt zu keiner Veränderung des Blutzuckerspiegels. Allerdings entwickelt sich innerhalb weniger Wochen eine Insulinresistenz. Kompensatorisch steigt der Serum-Insulinspiegel an, so dass der euglykämische Zustand zunächst aufrechterhalten werden kann.

Bei einer längerfristigen ADT steigt die Prävalenz eines erhöhten Nüchtern-Blutzuckerspiegels gegenüber Kontrollen deutlich an (Abb.). Er liegt in zahlreichen Fällen oberhalb 126 mg/dl, so dass der Verdacht auf Diabetes mellitus besteht.


Metabolisches Syndrom
Heute liegen Beweise dafür vor, dass Hypogonadismus ein unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung eines metabolischen Syndroms ist. In einer Querschnittsstudie hatten mehr als die Hälfte der Patienten unter einer ADT ein metabolisches Syndrom, während die Inzidenz bei den Kontrollen nur ca. 20% betrug (Abb.).

Dyslipidämie
Epidemiologische Untersuchungen der jüngeren Vergangenheit haben gezeigt, dass ein niedriger Testosteronspiegel bei Männern mit einem ungünstigen Lipidprofil assoziiert ist. Folgerichtig ließ sich in Interventionsstudien bei hypogonadalen Männern nach Testosteronausgleich eine Verbesserung der Lipdwerte registrieren.

Die Veränderungen der Plasmalipoprotein-Spiegel unter einer ADT unterschieden sich je nach Art der Therapie. Am günstigsten war das Lipidprofil unter einer Kombinationstherapie (GnRH-Analoga zusammem mit Androgenrezeptor-Antagonisten).

Kardiovaskuläre Mortalität
Bei Prostatakrebs-Patienten ist die kardiovaskuläre Mortalität sehr hoch. Sie nimmt hinter der Krebs-spezifischen Mortalität den zweiten Rang ein, oder übertrifft sie neueren Daten zufolge sogar noch. Ferner wurde für Männer unter einer ADT eine 20% höhere kardiovaskuläre Mortalität ermittelt als bei Prostatakrebs-Patienten ohne ADT. Selbst bei einer nur 6-monatigen ADT, erlitten die Männer vermehrt frühzeitig einen Myokardinfarkt.

Metabolische Deviationen unter einer ADT wie Insulinresistenz, Diabetes mellitus, Dyslipidämie und metabolisches Syndrom könnten im Zusammenhang mit der erhöhten kardiovaskulären Mortalität bei Prostatakrebs-Patienten stehen.
  Vor Einleitung einer ADT sollten Nutzen und Risiken für den Patienten auch hinsichtlich des kardiovaskulären Risikos abgewogen werden.


Shahani S, Braga-Basaria M, Basaria S, 2008. Androgen deprivation therapy in prostate cancer and metabolic risk for atherosclerosis. J Clin Endocrinol Metab 93:2042-2049.
 

 Juli 2008

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Autor: jfs