Juli 2006 
 
Inwieweit ist die körperliche Leistungsfähigkeit älterer Männer androgenabgängig?

  Einbußen der physischen Gesundheit im Alter machen sich in erster Linie bei Mobilität, Kraft, Ausdauer und Koordinationavermögen bemerkbar. Hierfür wird häufig die Abnahme der fettfreien Körpermasse im Alter verantwortlich gemacht. Diese Veränderung der Körperzusammensetzung steht in Verbindung mit einer reduzierten Androgenität. Da bislang aber wenig über quantitative Zusammenhänge zwischen den altersabhängigen hormonellen Veränderungen und dem Nachlassen der körperlichen Leistungsfähigkeit bekannt ist, wurden die Ergebnisse eines physischen Leistungstests in Abhängigkeit von Spiegel an Gesamt- und bioverfügbarem Testosteron sowie der Nebennierenrindenhormone Dehydroepiandrosteron (DHEA) und DHEA-Sulfat in einem großen Kollektiv älterer Männer untersucht (O´Donnell AB, et al. 2006):

  Unter einer Testosteron-Substitution kann sich bei hypogonadalen Männern die Muskelmasse erhöhen und die Muskelkraft zunehmen. Andereseits gibt es auch Untersuchungsergebnisse, wonach sich bei älteren Männern durch Testosteronzufuhr zwar die Muskelmasse, nicht aber die Muskelkraft signifikant erhöht

  Im Rahmen der Massachusetts Male Aging Study standen von 684 Teilnehmern sowohl ein kompletter Hormonstatus als auch die Ergebnisse eines 7-Punkte-Tests der körperlichen Leistungsfähigkeit sowie Messungen der Griffstärke und das Ergebnis des Five-Chair-Stand-Tests zur Verfügung.

Unterhalb bestimmter Schwellenwerte korrelieren Hormonspiegel und körperliche Fitness
Sowohl Gesamttestosteron (Abb.) als auch bioverfügbares Testosteron wiesen jeweils unterhalb spezifischer Schwellenwerte eine signifikante, altersadaptierte Korrelation mit dem Ergebnis des 7-Punkte-Leistungstests der körperlichen Verfassung auf. Keine signifikante Korrelationen ergaben sich hingegen mit der Griffstärke und dem Ergebnis des Five-Chair-Stand-Tests.

Ähnliche Abhängigkeiten zeigten sich auch für die Nebennierenrinden-Steroide DHEA und DHEA-S. Zudem bestand zwischen DHEA-S und dem Ergebnis im Five-Chair-Stand-Test ein positiver Zusammenhang.

Die physische Leistungsfähigkeit älterer Männer nimmt mit steigendem Gesamt- und bioverfügbarem Testosteronspiegel nur bis zum Erreichen jeweiliger Schwellenwerte zu.

  Die allgemeine körperliche Leistungsfähigkeit, bei der der Zeitfaktor eine wesentliche Rolle spielt, ist im infraphysiologischen und niedrigem physiologischen Bereich eindeutig androgenabhängig. Für die schiere Muskelkraft trifft das offensichtlich nur eingeschränkt zu. Da ab einem bestimmten Schwellenwert der Hormonspiegel keine weitere Steigerung der körperlichen Fitness erwartet werden kann, ist eine Zufuhr von Testosteron bei Männern mit adäquat hohem Testosteronspiegel nicht indiziert.
 

O´Donnell AB, Travison TG, Harris SS, et al. 2006. Testosterone, Dehydroepiandrosterone, and physical performance in older men: results from the Massachusetts Male Aging Study. J Clin Endocrinol Metab 91:425-431.
 

Juli 2006

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Autor: JF Schindler