August 2008 
 
Ist das Verhältnis von Serum-Testosteron zu Prostata-spezifischem Antigen bei hypogonadalen Männern ein Prädiktor für Prostatakrebs?

  Seit bekannt ist, dass das Wachstum von Prostatakrebs (PCa) durch Androgendeprivation – wenn auch meist nur vorübergehend – gestoppt werden kann, wurden höhere Testosteronspiegel a priori mit einem erhöhten PCa-Risiko in Verbindung gebracht. Allerdings hielt diese Auffassung verschiedenen Überprüfungen in den letzten Jahren nicht nur nicht stand, sondern scheint sich sogar ins Gegenteil zu kehren. Diesbezüglich wurde untersucht inwieweit das Verhältnis von Serum-Testosteron zu Prostata-spezifischem Antigen (T/PSA) bei hypogonadalen Männern, die sich einer Prostatabiopsie unterziehen, von diagnostischer Bedeutung sein kann (Rhoden EL, et al. 2008):

  Bei hypogonadalen Männern mit einem PSA-Wert <4,0 ng/ml ist die Wahrscheinlichkeit eines positiven Prostatabiopsie-Befundes umso größer, je niedriger der Testosteronspiegel ist (Morgentaler A,
Rhoden EL, 2006). Von 345 hypogonadalen Männern wiesen 15 % ein PCa auf. Dieser Anteil entspricht dem in der Prostate Cancer Prevention Trial, nur dass die Männer im Durchschnitt zehn Jahre jünger waren.

  Die aktuelle Analyse wurde mit den Daten einer Untergruppe von Männern aus obiger Studie durchgeführt. Es handelte sich um 184 aufeinanderfolgende Patienten mit niedrigem Testosteronspiegel
(3,0 ng/ml) und entsprechender Symptomatik, die sich vor der Einleitung einer Testosteron-Substitutionstherapie einer Prostatabiopsie unterzogen hatten.

Niedriges T/PSA-Verhältnis unabhängiger Prädiktor für PCa
Bei 30 der 184 Studienteilnehmer wurde anhand des Biopsiebefundes ein PCa diagnostiziert. Das mittlere Alter der Männer ohne PCa betrug 58 Jahre, und das der Männer mit PCa 61 Jahre. Die mittleren PSA-Werte betrugen
1,28 ± 0,95 bzw. 2,15 ± 1,12 und die Spiegel im Serum an Gesamttestosteron 2,3 bzw. 2,2 ng/ml. In der Gruppe von Patienten ohne PCa wurde ein T/PSA-Verhältnis von 2,85 ± 2,12 und in der Gruppe mit PCa eines von 1,41 ± 0,99 errechnet.
Bei fünf Patienten wurde ein Glea­son Score höher als 6 ermittelt. In vier dieser Fälle war das T/PSA-Verhältnis <0,85.
In der univariaten Analyse erhöhte sich das PCa-Risiko mit zunehmendem PSA-Wert signifikant und verhielt sich umgekehrt zum T/PSA-Verhältnis.
In der multivariaten Analyse mittels logistischer Regression erwiesen sich weder das Alter noch der unter 4,0 ng/ml liegende PSA-Wert als Prädiktoren für ein PCa. Nur das T/PSA-Verhältnis war deutlich, wie auch unabhängig vom Alter und dem PSA-Wert mit dem PCa-Risiko assoziiert (Odds Ratio 0,49 95% CI 0,29-0,83; p<0,01).
Mittels einer Receiver Operating Characteristic (ROC)-Kurve für das T/PSA-Verhältnis wurde eine Genauigkeit der Methode zur PCa-Diagnose von 74 % ermittelt. Bei der Optimierung von Sensitivität und Spezifität ergab sich ein Schwellenwert von 1,8 für das T/PSA-Verhältnis. Dieses entspricht einer 80 %igen Sensitivität bei einer Spezifität von 60 %.

Ein niedriges Verhältnis von Testosteron zu PSA kann bei hypogonadalen Männern mit einem PSA-Wert 4,0 ng/ml als unabhängiger Prädiktor für Prostatakrebs herangezogen werden.
  In letzter Zeit zeichnet es sich immer mehr ab, dass eine Verbindung zwischen niedrigen Testosteronspiegeln und PCa mit hohem Gleason Score, einem fortgeschrittenem Stadium bei der Diagnosestellung und einer schlechten Prognose besteht. Als Ursache hierfür wird spekulativ ein bei niedrigem Testosteronspiegel ungünstig verändertes Milieu in der Prostata angenommen, das einem in der Entstehung begriffenen PCa veränderte Wachstumsperspektiven eröffnet.
Vorausgegangene Untersuchungen von Karamanolakis D, et al. (2006) haben gezeigt, dass das T/PSA-Verhältnis bei Männern mit einem PSA-Wert zwischen 3,0 und 10,0 ng/ml signifikant erniedrigt ist. In dieser Studie hatten 28 von 29 Männern mit PCa ein T/PSA-Verhältnis von <0,95.


Rhoden EL, Riedner CE, Morgentaler A, 2008: The ratio of serum testosterone-to-prostate specific antigen predicts prostate cancer in hypogonadal men. J Urol 179:1741-1745.
Morgentaler A, Rhoden EL, 2006: Prevalence of prostate cancer among hypogonadal men with prostate-specific antigen of 4,0 ng/ml or less. Urology 68:1263-1267.
Karamanolakis D, Lambou T, Bogdanos J, et al. 2006: Serum testosterone: a potentially adjunct screening test for the assessment of the risk of prostate cancer among men with modestly elevated PSA values (greater than or =3,0 and less than 10,0 ng/ml). Anticancer Res 26:3159-3166.
 

 August 2008

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Autor: jfs