GnRH-Analoga gehören heute zu den wichtigsten Therapie-Bausteinen beim fortgeschrittenen, hormonabhängigen
Prostatakarzinom. Allerdings sind durch die Behandlung negative Beeinflussungen
des Kohlenhydrat-Stoffwechsels zu gewärtigen. Aktuell sollte daher untersucht werden, inwieweit sich eine
Kurzzeittherapie mit einem GnRH-Agonisten in Kombination mit einem Antiandrogen
auf die Insulinsensitivität auswirkt (Smith MR, 2006):
Bislang ist in mehreren klinischen Studien nachgewiesen worden, dass eine Behandlung mit GnRH-Agonisten
zu einer Veränderung der Körperzusammensetzung führt. In einer Studie nahm der Anteil des Körperfettes
innerhalb von 12 Monaten um 10 Prozent zu. Adipositas ist ein unabhängiger Risikofaktor für
kardiovaskuläre Erkrankungen und für Stoffwechselstörungen (Metabolisches Syndrom, Diabetes mellitus).
25 Männer mit einem lokal fortgeschrittenen oder rezidivierenden Prostatakarzinom, bei denen es zu
Therapiebeginn keine Hinweise auf Metastasen, einen Diabetes mellitus oder eine Glukoseintoleranz
gab, wurden im Zeitraum von März 2003 bis Mai 2005 im Massachusetts General Hospital über 12 Wochen
mit dem GnRH-Analogon Leuprorelin (3-Monats-Depot) und während der ersten vier Wochen zusätzlich
dem Antiandrogen Bicalutamid (Unterdrücken des Flare-Phänomens) behandelt.
Das Durchschnittsalter der Männer betrug 68 Jahre. Der durchschnittliche Body-Mass-Index lag bei 29,1 kg/m².
Neun Männer waren übergewichtig und elf adipös.
Zunahme der Fettanteils und Abnahme der Insulinsensitivität
Unter der Kurzzeittherapie mit dem GnRH-Analogon und dem Antiandrogen änderten sich das
Körpergewicht und der Body-Mass-Index nicht signifikant. Nach
12 Wochen wurden folgende Veränderungen registriert:
Signifikante Zunahme des Fettanteils der Körpermasse um 4,3 Prozent (p <0,002)
Abnahme des Insulinsensitivitäts-Indexes (ISI) um 12,9 Prozent (p <0,02)
Abnahme der Insulinsensitivität (nach dem HOMA-Modell) um 12,8 Prozent (p <0,02)
Zunahme des Nüchternblutzuckerwertes um 25,9 Prozent (p <0,04)
Signifikante Zunahme des HbA1c-Wertes von 5,46 Prozent auf 5,62 Prozent (p <0,001).
Unter der zwölfwöchigen Androgenblockade wurde eine deutliche Zunahme des Gesamtcholesterins (p <0,001)
und der Triglyzeride (p <0,04) beobachtet, was auf den ersten Blick auf ein metabolisches Syndrom hinweist.
Bei genauer Analyse der Cholesterinfraktionen fiel jedoch auf, dass sich unerwartet auch der durchschnittliche
HDL-Cholesterin-Wert von 52 mg/dl auf 57 mg/dl erhöht hatte (p <0,01). Hierfür haben die Autoren vorerst
keine plausible Erklärung und fordern daher Folgestudien, in denen dieser überraschende Effekt näher untersucht
werden soll.
Bereits bei einer Kurzzeitbehandlung älterer Prostatakarzinom-Patienten mit GnRH-Analoga erhöhen sich deren
Risiken für einen Diabetes mellitus und kardiovaskuläre Erkrankungen signifikant.
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Die kombinierte Androgenblockade mit einem GnRH-Analogon und einem Antiandrogen hat sich bei
der Behandlung des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms bewährt. Aufgrund der therapiebedingten
Zunahme der Fettmasse und der Abnahme der
Insulinsensitivität besteht unter der Therapie allerdings das erhöhte Risiko für Stoffwechselstörungen
und kardiovaskuläre Ereignisse.
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