Der evolutionäre Zwang zur Arterhaltung steht hinter der Strategie, dass es in
Krisenzeiten vermehrt zu Aborten schwächerer Embryonen/Föten kommt, um die Überlebenschancen
der stärkeren weiter zu erhöhen. Anhand von Daten aus skandinavischen Ländern wurde untersucht,
ob ein solcher Effekt bereits aufgrund klimatischer Temperaturschwankungen nachweisbar ist
(Catalano R, et al. 2008):
Aus dem wechselnden sekundären Geschlechterverhältnis der in Schweden zwischen 1751 und 1912 geborenen
Jungen und Mädchen sowie der Lebensspanne der jeweiligen männlichen Geburtenkohorte ermittelten
Catalano R, et al. 2005 eine negative
Korrelation, die im Einklang mit der Theorie steht, dass es bei Schwangeren unter ungewöhnlicher
Belastung zu vermehrten Aborten von schwächeren (zumeist männlichen) Embryonen/Feten kommt.
Anhand der Geburtsregister von Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland wurde das
sekundäre Geschlechterverhältnis der Geburtenjahrgänge 1865 bis 1914 in Skandinavien
bestimmt.
Aus dieser Zeit liegen aus den skandinavischen Ländern auch bereits detaillierte
Klimaaufzeichnungen vor, aus denen sich die jährlichen Durschschnittstemperaturen
berechnen ließen.
Anhand vollständiger Sterbetafeln der Geburtenjahrgänge 1878 bis 1914 wurde
die Lebensspanne der jeweiligen männlichen Kohorte errechnet.
Wärmere Umgebungstemperaturen begünstigen Überlebenschancen in Utero
Das sekundäre Geschlechterverhältnis stieg und fiel im Rhythmus der Temperaturschwankungen.
Lag die Durchschnittstemperatur in einem Jahr um 1°C höher als im Vorjahr, machte sich das
in einem Anstieg des sekundären Geschlechterverhältnisses bemerkbar. Für die männlichen
Neugeborenen bedeutete das, sofern sie das erste Lebensjahr überstanden hatten, ein im
Mittel um 14 Tage kürzeres Leben. Durch wärmere Umgebungstemperaturen begünstigt, überleben
auch schwächere, zumeist männliche Embryonen/Feten, die als Kinder und Erwachsene oft kränklich
sind und eine verringerte Lebenserwartung haben.
Klimatische Temperatureinflüsse wirken sich offenbar auf die Überlebenswahrscheinlichkeit im Utero aus.
⇒
Die klimatische Beeinflussung der Abortrate ist
sicher eine adäquate Strategie, um das Überleben einer Population
bei kälteren Temperaturen, die zu Mißernten
und Hungersnöten führen, sicherzustellen. Aus diesem Befund lassen sich allerdings keine direkten
Schlüsse auf Auswirkungen einer Klimaveränderung
ziehen. Interessant wären sicherlich ähnliche Analysen aus wärmeren Gefilden. Entsprechendes
Datenmaterial liegt aus diesen Regionen jedoch nicht vor.
|
|