Als chronische Prostatitis (CP)/chronisches Beckenschmerzsyndrom (chronic
pelvic pain syndrome; CPPS) der Kategorie III wird ein uneinheitlicher
Symptomenkomplex unklarer Ätiologie zusammengefaßt. Bei einigen Betroffenen wird ein
Zusammenhang zwischen der Prostatitis/Beckenschmerz-Symptomatik und einer Konkrementbildung im
Prostatasekret vermutet. Da im Harntrakt Nanobakterien an der Steinbildung beteiligt sein können,
sollte untersucht werden, ob eine kombinierte Therapie mit Äthylendiamintetraazetat (EDTA)
und einem Tetrazyklin (comET) zur Elimination solcher Bakterien und Auflösung der Steine
und somit eine Besserung
der Beschwerden bei Patienten mit langwieriger, therapierefraktärer CP/CPPS zu
erreichen ist (Shoskes DA, et al. 2005):
Nanobakterien sind relativ neu entdeckte Mikroorganismen (0,2 bis 0,5 µm), die bei
neutralem pH und physiologischer Phosphat-Konzentration Kalziumphosphat-Kristalle
bilden können. Bei jüngeren Männern besteht ein Zusammenhang zwischen dem Nachweis prostatischer
Calculi und dem Auftreten von Prostatitis-Symptomen (Geramoutsos I, et al. 2004).
Allerdings werden Prostatasteine häufig auch bei Männern ohne CP/CPPS gefunden.
Vereinzelt wurde von Patienten mit CP/CPPS berichtet, die völlig beschwerdefrei wurden,
wenn sie sich wegen einer zugleich bestehenden Koronarerkrankung einer comET-Therapie unterzogen.
In der Pilotstudie wurden 16 Patienten einer auf CPPS spezialisierten Klinik mit einer comET-Therapie
behandelt. Alle Männer waren bereits intensiv vorbehandelt. Als Einschlußkriterien galten:
Symptome über mehr als 9 Monate,
Fehlschlagen einer entsprechenden Antibiotika-Therapie,
Nichtansprechen auf eine Therapie mit Entzündungshemmern,
keine schmerzhaften Spasmen der seitlichen Beckenwand bei rektaler Palpation,
prostatische Calculi im rektalen Ultraschall und
keine Allergie gegenüber Tetrazyklinen.
Die Patienten wurden über drei bis vier Monate mit täglich 500 Tetrazyklin, einem Nutraceutical
und einem EDTA-Suppositorium behandelt. Die Bewertung der Beschwerden erfolgte anhand des
National Institutes of Health Cronic Prostatitis Symptom Index (NIH-CPSI)-Score.
Deutliche Mehrheit der Patienten mit langwieriger
CP/CPPS profitiert von comET-Therapie
Die Gesamtbewertung nach dem National Institutes of Health Chronic Prostatitis
Symptom Index (NIH-CPSI) sank nach einer comET-Therapie im Durchschnitt von 25,7 ±
1,6 auf 13,7 ± 2 Punkte.
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Abb.: Anteil der Patienten mit einem bestimmten Grad symptomaler Besserung im
National Institutes of Health Cronic Prostatitis Symptom Index (NIH-CPSI)-Score
nach einer comET-Therapie (nach Shoskes DA, et al. 2005).
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Bei zehn Patienten, die nach der Therapie mit transrektalem Ultraschall untersucht wurden,
waren die Prostatasteine verkleinert oder gänzlich aufgelöst.
Bei nanobakteriellen Kalzifizierungen nur Kombinationstherapie effektiv?
Die doch sehr beeindruckenden Ergebnisse dieser unkontrollierten Studie mit
einer Kombinationstherapie könnten prinzipiell auch durch jede der Komponenten
alleine oder durch einen Plazebo-Effekt bewirkt worden sein. Dem widerspricht
folgendes:
Bei derart intensiv vorbehandelten Patienten wie in dieser Studie bewegt sich
der Plazebo-Effekt erfahrungsgemäß um die 20 %.
Bei allen Teilnehmern war eine erfolglose Antibiotikatherapie vorausgegangen.
Die im Nutraceutical enthaltenen Entzündungshemmer waren nur sehr niedrig dosiert. Zudem
waren alle Männer zuvor mit Entzündungshemmern behandelt worden.
EDTA komplexiert Kalzium und kann Calculi auflösen. Allerdings korrelierte die Auflösung der
Kalzifizierungen nicht mit der Besserung der Symptome.
Mit einer Therapie, die geeignet ist, Nanobakterien zu eliminieren, wurde bei einer
deutlichen Mehrheit von Männern mit therapierefraktären chronischen Beckenschmerzen
eine erhebliche Besserung der Beschwerden erzielt.
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Shoskes DA, Thomas KD, Gomez E. 2005.
Anti-nanobacterial therapy for men with chronic prostatitis/chronic pelvic pain syndrome and
prostatic stones: preliminary experience.
J Urol 173:474-477.
Geramoutsos I, Gyftopoulos K, Perimenis P, et al. 2004.
Clinical correlation of prostatic lithiasis with chronic pelvic pain syndromes in young adults.
Eur Urol 45:333-337.
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