Bei einer Oligozoospermie liegen definitionsgemäß weniger als 20x106
Spermien pro Milliliter Ejakulat vor. Diese Konzentration ist zu gering, um
eine normal hohe natürliche Befruchtungsrate zu erreichen. Häufig kommen bei
Männern mit Oligozoospermie noch eine verminderte Motilität und eine schlechte
morphologische Ausbildung der Spermien hinzu. Auch wenn sich oftmals ausreichend
viele motile Spermien für eine In-vitro-Fertilisation gewinnen lassen, ist der Erfolg
dieser Methode insgesamt unbefriedigend. Daraus lässt sich schließen, dass für die
eingeschränkte Fertilität von Männern mit Oligozoospermie noch andere Faktoren
eine Rolle spielen können.
Die Befruchtung ist ein Prozess, der sich aus mehreren Schritten zusammensetzt:
Zunächst bindet das Spermium an die Zona pellucida der Oozyte.
Durch die Interaktion mit der Zona pellucida wird die akrosomale
Reaktion ausgelöst.
Das Spermium dringt in die Zona pellucida ein.
Das Spermium verschmilzt mit dem Oolemm.
In einer Untersuchung an infertilen Männern mit Oligozoospermie ließ sich
eine deutliche Mehrheit ermitteln, bei denen eine In-vitro-Fertilisation (IVF) aufgrund
gestörter Interaktionen zwischen den Spermien und der Zona pellucida nicht
möglich ist (Liu DY, Baker HWG. 2004):
Am häufigsten bleibt die Akrosomenreaktion aus
Bei 20 von 72 Männern mit einer Oligozoospermie wurde eine niedrige
Bindungsfähigkeit der Spermien an die Zona pellucida festgestellt. Von den
52 Männern, deren Spermien eine normale Bindungsfähigkeit an der
Zona pellucida aufwiesen, war die Auslösung der Akrosomenreaktion durch die Zona
pellucida unzureichend.
Schematische Darstellung der Akrosomenreaktion:
a) Die äußere Zellmembran und die akrosomalen Membranen sind
intakt.
b) Zu Beginn der Akrosomenreaktion kommt es zu multiplen Fusionen zwischen
der Zellmembran und der äußeren Akrosomenmembran. Hierdurch kommt es zu
Öffnungen im Akrosom aus denen akrosomale Inhaltstoffe entweichen.
c) und d) Reste der vesikulierten Membran werden teilweise noch durch einen
klebrigen Molekularverbund zusammengehalten.
Abwägung zwischen IVF und intraztoplasmatischer
Spermium-Injektion (ICSI)
Indem man die Fähigkeit der Spermien testet, mit der Zona pellucida zu interagieren,
ist es möglich, jene Männer zu erkennen, bei denen eine IVF Erfolg versprechend
ist. Fällt der Test negativ aus, oder ist die Durchführung eines Tests
nicht möglich, empfehlen die Autoren, eine Behandlung durch die ICSI
vorzuziehen.
Die Interaktionen zwischen Spermium und Zona pellucida lassen sich nur
an menschlichen Oozyten testen. Hierzu können Oozyten dienen, die im
klinischen Routinebetrieb bei der IVF nicht
befruchtet worden sind. Darüber hinaus sind zum Teil unreife Oozyten verwendbar,
die sich nicht für die ICSI eignen. Dennoch ist der Mangel an menschlichen
Oozyten ein limitierender Faktor für diese Testung. Es besteht aber Hoffnung,
in Kürze über rekombinante menschliche Zona pellucida zu verfügen.
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