Mit dem Älterwerden lässt die kognitive Leistungsfähigkeit nach. Ob dieser Prozess
durch das Vorliegen vaskulärer Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Diabetes mellitus
beschleunigt wird, ist aufgrund diskordanter Studienergebnisse bislang ungeklärt. Ursächlich
hierfür ist insbesondere die Schwierigkeit, geeignete Vergleichsgruppen zusammenzustellen.
Um diesem Problem zu begegnen, wurden in einer aktuellen Studie entsprechende Zwillingspaare
rekrutiert. Durch direkten Vergleich zwischen Zwillingsbrüdern, die sich durch das Vorliegen
vaskulärer Risikofaktoren unterschieden, wurde ein möglicher Zusammenhang zwischen Diabetes,
Hypertonus, Hypercholesterinämie sowie erhöhtem Body Mass Index (BMI) und kognitiven
Leistungseinbußen untersucht (Xiong GL, et al., 2006):
An der Duke Twins Study of Memory and Aging nahmen 1.126 männliche Zwillingspaare
(650 monozygot, 476 dizygot; durchschnittliches Rekrutierungsalter 72 Jahre) teil.
Die Brüder unterschieden sich in 177 Paaren bezüglich eines Diabetes mellitus, in 326
Paaren bezüglich eines Hypertonus, in 282 Paaren bezüglich einer Hypercholesterinämie und in 166
Paaren bezüglich eines erhöhten BMI ≥ 30 kg/m2. Zwischen 1990 und 2002 wurde
bei den Teilnehmern im Abstand von jeweils vier Jahren der
kognitive Leistungsstatus durch ein Telefon-Interview ermittelt.
Deutlich raschere Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit beim Zwillingsbruder mit Diabetes
Ältere Männer mit Diabetes mellitus büßten über eine Zeitspanne von 12 Jahren mehr an kognitiver
Leistungsfähigkeit ein als ihre nicht diabetischen Zwillingsbrüder. Dieser Unterschied erreichte
allerdings erst zwischen dem 3. und 4. Test. d.h. zwischen 8 und 12 Jahren Studiendauer statistische
Signifikanz (Abb). Verschiedene Analysen zeigten, dass dieser Effekt großenteils auf die älteren
Teilnehmer (76 bis 84 Jahre) zurückzuführen war.
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Abb.: Veränderungen der Punktewertung beim 3. und 4. Telefon-Interview im Vergleich zur
Ausgangsbeurteilung von Zwillingsbrüdern die sich entweder durch das Vorliegen eines Diabetes
mellitus (n=177), eines Hypertonus (n=326), einer Hypercholesterinämie (n=282) oder eines
erhöhten BMI (n=166) unterscheiden (nach Xiong GL, et al. 2006).
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Zwischen Zwillingsbrüdern, von denen einer einen Hypertonus, eine Hypercholesterinämie oder
einen erhöhten BMI hatte, wurde kein unterschiedlicher Verlust an kognitiven Fähigkeiten registriert.
Bei Zwillingspaaren ließ sich ein deutlicher Unterschied im Abbau der geistigen
Leistungsfähigkeit feststellen, wenn einer der Brüder Diabetiker war.
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Aus klinischer Sicht hat der relativ geringe, aber statistisch signifikante
Unterschied zwischen den diabetischen und nicht diabetischen Teilnehmern der Studie
wohl wenig Einfluss auf die täglichen Aktivitäten der Männer. Zu klären bleibt aber, ob es
sich hierbei möglicherweise um das erste Anzeichen einer Demenzentwicklung handelt.
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