Seit einiger Zeit mehren sich die Anzeichen einer verschlechterten reproduktiven
Gesundheit bei jungen Männern. Als mögliche Ursachen hierfür werden in
erster Linie Faktoren aus der Umwelt vermutet.
Aber auch Veränderungen in der Lebensführung tragen unter Umständen zu
Fertilitätsstörungen bei.
Nachdem nachgewiesen worden ist, daß Frauen mit einem erhöhten
Body Mass Index (BMI) länger bis zum Eintreten einer Schwangerschaft warten
müssen als normalgewichtige Frauen, sollte jetzt untersucht werden, ob Adipositas
bei Männern ebenfalls mit einer verminderten Fertilität aufgrund einer
verschlechterten Samenqualität im Zusammenhang steht (Jensen TK, et a. 2004):
Über einen angeblichen Rückgang der Zahl der Spermien pro Milliliter Ejakulat
wird bereits seit einigen Jahrzehnten immer wieder berichtet. Zudem ist in der
gesamten westlichen Welt festzustellen, daß der durchschnittliche BMI in allen
Bevölkerungsschichten anwächst und Adipositas bereits bei Jugentlichen und
jüngeren Erwachsenen zu einem gesundheitlichen Problem geworden ist. Aber auch
Untergewicht stört insbesondere bei Frauen die endokrinen Funktionen und
führt nachfolgend zu Unregelmäßigkeiten des ovariellen Zyklus.
Im Rahmen der militärischen Musterung in Dänemark wurden 1558 Männer im
Durchschnittsalter von 19 Jahren für die Studie rekrutiert. Die Probanden
lieferten jeweils eine Samenprobe, eine Blutprobe, unterzogen sich einer
körperlichen Untersuchung und füllten einen Fragebogen zu früheren und
bestehenden Erkrankungen aus. Von den 1558 Studienteilnehmern hatten 217 einen
BMI <20 kg/m2, 1042 einen BMI zwischen 20 und 25 kg/m2
und 299 einem BMI >25 kg/m2.
Beeinträchtigung der Samenqualität bei Unter-
und Übergewicht
Bei Männern mit einem BMI <20 kg/m2 lagen die Spermienkonzentration
und die Gesamtzahl der Spermien um 28,1 % bzw. 36,4 % niedriger als bei
normalgewichtigen Männern mit einem BMI zwischen 20 und 25 kg/m2.
Für Männer mit einem BMI >25 kg/m2 waren die entsprechenden Werte
21,6 % bzw. 23,9 %.
Bei erniedrigtem und erhöhtem BMI wurden vermehrt morphologisch anomale
Spermien gefunden, ohne daß dies statistische Signifikanz erreichte. Das
Ejakulatvolumen und der Anteil motiler Spermien waren vom BMI unbeeinflußt.
Bei übergewichtigen Männern war der Serum-Testosteronspiegel erniedrigt
und der Serum-Estradiolspiegel erhöht.
Bei Übergewichtigkeit können endokrine Störungen die
Spermatogenese beeinträchtigen
Bei übergewichtigen Männern ist das Verhältnis von Testosteron (T) zu
Estradiol (E2) erniedrigt, wie es auch häufig bei infertilen Männern
festzustellen ist. Es wird angenommen, daß durch ein niedriges T/E2-Verhältnis
die Spermatogenese negativ beeinflußt wird. Verbesserungen der Samenqualität
ließen sich daher unter einer Behandlung mit Aromatase-Inhibitoren erzielen.
Auch durch eine Gewichtsreduktion kann sich der Sexualhormonstatus
normalisieren. Inwieweit sich hierbei auch eine Verbesserung der Samenqualität
erreichen läßt, muß indes noch untersucht werden.
Auch bei untergewichtigen Männern kommt es zu endokrinen Störungen, die sich
möglicherweise negativ auf die Samenproduktion auswirken. Die zugrundeliegenden
Mechanismen sind aber weniger evident und unterscheiden sich offenbar von denen bei
übergewichtigen Männern. Zudem liegen bei Untergewichtigkeit oft weitere
gesunheitliche Störungen vor.
Bei Abweichungen vom Idealgewicht verschlechtert sich bei jungen Männern
die Samenqualität, so daß negative Folgen für die Fertilität prognostiziert werden.
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