Dezember 2004 
 

Beeinträchtigt oxidativer Streß die Samenqualität?


Spermatozoen produzieren bei Anwesenheit des Nukleotids NADPH vermehrt reaktive Sauerstoffverbindungen (reactive oxygen species = ROS) wie das Superoxidanion O2· – und Wasserstoffperoxid H2O2. Hierin wird eine Ursache vermutet, durch die Spermien geschädigt werden können. Daher sollte untersucht werden, ob die Spermien von infertilen Männern auf Zugabe einer bestimmten Menge an NADPH mehr ROS als die von fertilen Kontrollprobanden erzeugen und ein Zusammenhang zwischen der erzeugten ROS-Menge und der Spermienqualität besteht (Said TM, et al. 2004):

Von Spermatozoen werden physiologischerweise verschiedene ROS gebildet, die bei der Kapazitation, der Akrosomenreaktion und dem Verschmelzen mit der Eizelle eine Rolle spielen. Da solche aggressive Oxidationsmittel auch Zellen schädigen können, verfügen diese über Schutzmechanismen, durch die ROS unschädlich gemacht werden. Übersteigt aber die Bildungsrate der ROS das Abwehrpotential gegenüber Oxidantien, kommt es zu oxidativem Streß mit möglicherweise deletären Folgen für die Zelle.

Die untersuchten Samenproben stammten von elf Patienten, bei denen der Verdacht auf Infertilität bestand, und sechs gesunden nachgewiesenermaßen fertilen Spendern. Alle Teilnehmer waren vor der Bereitstellung des Samens 48 bis 72 Stunden sexuell abstinent.

 
Spermatozoen erzeugen spontan ROS. Diese Reaktion wurde durch Zugabe von 5 mM bzw. 10 mM NADPH verstärkt. Die Menge der erzeugten ROS wurde mittels Chemilumineszenz quantitativ nachgewiesen. Fabstoffe wie Lucigenin werden von ROS dazu angeregt, Photonen auszusenden, die mittels eines Luminometers gezählt werden.

Spermatozoen von infertilen Patienten bilden vermehrt Superoxid-Anionen
Mit Lucigenin wurde im Sperma infertiler Männer eine signifikant größere Menge an ROS nachgewiesen als bei den Männern der Kontrollgruppe. Die Chemilumineszenz von Lucigenin ist kennzeichnend für die Bildung von O2· –.

Auf Zugabe von NADPH erhöhte sich die ROS-Produktion in den Spermien der infertilen Patienten deutlich stärker als in denen der Kontrollprobanden (Abb.).

Die Menge des produzierten O2· – stand im umgekehrten Verhältnis zur Spermienkonzentration, zur Spermienmotilität und zum Anteil morphologisch normaler Spermien.

Sind defekte Spermatozoen eine Ursache oder das Ergebnis erhöhter ROS-Spiegel?
Wenn Spermatozoen auf Zugabe von NADPH vermehrt ROS produzieren, kann das auf defekte Zellmembranen zurückzuführen sein, die für das Nukleotid eine erhöhte Durchlässigkeit aufweisen. Möglicherweise ist dieser Defekt primär vorhanden und es kommt sekundär zu einer weiteren Schädigung der Spermien, die sich dann in morphologischen Veränderungen und geringer Motilität bemerkbar macht.

Möglich ist auch, daß das intrazytoplasmatische Redoxpotential durch entgleiste metabolische Aktivität verschoben ist. Hierdurch könnten vermehrt ROS gebildet werden, die als Ursache für geschädigte Membranen in Frage kommen.

Bei infertilen Männern mit verminderter Samenqualität bilden die Spermatozoen vermehrt reaktive Sauerstoffverbindungen wie insbesondere Superoxid-Anionen.
 

Said TM, Agarwal A, Sharma RK, et al. 2004. Human sperm superoxide anion generation and correlation with semen quality in patients with male infertility. Fertil Steril 82:871-877.
 

Dezember 2004

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Autor: JF Schindler