Ergebnisse aus epidemiologischen und prospektiven Studien
haben erkennen lassen, dass die Progression von Prostatakrebs durch
grundlegende Veränderungen der Ernährungsweise und des Lebensstils
positiv beeinflusst werden kann. Bislang gibt es allerdings kaum
Erkenntnisse über molekulare Mechanismen, die dem zugrunde liegen.
Um basale Daten für deren Erforschung zu schaffen, wurden Veränderungen
der Gen-Expression in der Prostata bei Männern mit einem nicht behandelten
Prostatakarzinom unter aktiver Überwachung im Rahmen einer tiefgreifenden
Ernährungs- und Lifestyle-Intervention registriert (Ornish D, et al. 2008):
Für die Gene Expression Modulation by Intervention with Nutrition
and Lifestyle (GEMINAL) Study wurden 31 Prostatakrebs-Patienten im
Alter von 49 bis 80 Jahren (mittleres Alter 62,3 Jahre) rekrutiert.
In allen Fällen lag ein Gleason Score von 6 vor, und die Männer hatten
sich gegen eine Behandlung und für aktive Überwachung entschieden.
Zum Zeitpunkt der basalen Biopsie lag der mittlere PSA-Wert bei 4,6 ng/ml.
Die Intervention beinhaltete eine fettarme, vollwertige, überwiegend
pflanzliche Ernährung, Stressbewältigungstechniken, ein moderates
körperliches Trainingsprogramm und die Teilnahme an einem psychosozialen
„Group Support“.
RNA-Präparationen von nicht tumorösem Prostatagewebe aus dem Biopsiematerial,
das von jedem Patienten jeweils vor und nach der dreimonatigen Intervention
erhalten wurde, diente zur Erstellung von Gen-Expressionsprofilen.
Veränderungen des Gen-Expressionsmusters mit
Hinweis auf antitumoröse Effekte
Der therapeutische Nutzen der Ernährungs- und Lebensstil-Intervention
machte sich bei einigen kardiovaskulären Risikofaktoren deutlich bemerkbar.
Signifikant verbesserte Werte wurden beim BMI, Bauchumfang, systolischen
und diastolischen Blutdruck und Serum-LDL-Spiegel registriert. Andererseits
sank der Serum-HDL-Spiegel ebenfalls signifikant. Ferner besserten sich
verschiedene psychologische Variablen. Der PSA-Wert verringerte sich nur
insignifikant.
Bei der Microarray-Auswertung wurden in den Proben nach dreimonatiger
Intervention im Vergleich zum Basiswert 48 hoch- und 453 herunterregulierte
Transkripte identifiziert. Anhand von Pathway-Analysen ließ sich erkennen,
dass durch diese Veränderungen offenbar in biologische Prozesse, denen eine
entscheidende Bedeutung bei der Tumorigenese zukommt, eingegriffen wird.
Zu den herunterregulierten Genen gehören solche, die im Proteinmetabolismus,
bei der Modifizierung von Proteinen, im intrazellulären Proteinverkehr und
der Phosphorylierung funktioneller Proteine eine Rolle spielen.
Eine Reihe von Onkogenen aus der RAS-Familie waren nach der Intervention
herunterreguliert. Eines dieser Onkogene, RAN (ras-related nuclear protein),
fungiert vermutlich als Koaktivator des Androgenrezeptors. Seine Expression
im Tumorgewebe ist erhöht. Für RAN sind zudem Funktionen bei der Kontrolle
der DNA-Synthese und bei der Zellteilung beschrieben worden.
Bei einschneidenden Ernährungs- und Lebensstil-Interventionen kommt es
zu Veränderungen des Gen-Expressionsmusters, die auf antitumoröse Effekte
hindeuten könnten.
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Obwohl es sich bei dieser Pilotstudie nicht um randomisierte, kontrollierte
Untersuchungen handelte, liefern die Ergebnisse dennoch wertvolle Anhaltspunkte
für zukünftige Prüfungen, in denen es zu ermitteln gilt, welche normalen
und/oder malignen Zellen auf Ernährungs- und Lebensstil-Veränderungen reagieren.
Ferner steht der Nachweis aus, dass sich die Veränderungen im Gen-Expressionsmuster
auch in einer veränderten Expression der entsprechenden Proteinprodukte wiederfindet.
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