Hodenkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern in der reproduktiven
Lebensphase. Insofern gilt Azoospermie nach der Tumorbehandlung als eine gravierende Nebenwirkung.
In diesem Zusammenhang wurde in einer Registerstudie bei Männern mit Ejakulat nach unilateraler
Orchiektomie mögliche Prädiktoren einer Langzeit-Azoospermie untersucht
(Isaksson S, et al. 2014):
Inhibin B reguliert die Bildung/Freisetzung des Follikel-stimulierenden Hormons über einen
negativen Feedback-Mechanismus und ist ein Marker der Spermatogenese. Nicht nachweisbare
Spiegel an Inhibin B sind mit dem Ausbleiben der Spermatogenese oder einem Spermatogenesearrest
assoziiert. Diese Fakten deuten darauf hin, dass Inhibin B als prädiktiver Faktor für Azoospermie
nach Hodenkrebstherapie geeignet sein könnte.
Von 217 Hodenkrebs-Patienten lieferten 119 Ejakulate und Blutproben nach der Orchiektomie aber noch vor der
Fortsetzung der Behandlung (T0). Bei 117 dieser Männer lagen Spermien vor, so dass
longitudinale Daten ermittelt werden konnten. In der gesamten Kohorte wurden weitere Ejakulate
und Blutproben zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Behandlung (Tx; x = 6, 12, 24 bzw.
36-60 Monate) analysiert.
Die Spiegel an Inhibin B im Serum zu den Zeitpunkten T6, T12
und T24 waren alle Prädiktoren für Azoospermie zum Zeitpunkt T36.
Die Sensitivität erreichte mit dem jeweils geeignetsten Schwellenwert (49,7, 55,9 bzw. 97,8 ng/l)
bei unterschiedlicher
Spezifität durchweg 100%. Beurteilt nach Spezifität und positiv prädiktivem Wert war Inhibin B
bei T12 der zuverlässigste Prädiktor für Azoospermie bei T36.
Unter den 117 Patienten mit longitudinalen Daten hatten 6 zum Zeitpunkt T12 eine
Azoospermie. Sie waren alle bei T36 weiterhin azoospermisch. In der Gesamtkohorte
befanden sich 2 Patienten mit Azoospermie bei T12, deren Spermienproduktion jedoch bis
T36 wieder hergestellt war. In beiden Fällen lag die Inhibin-B-Konzentration zu
T12 <14 ng/l.
Die Häufigkeit von Azoospermie in der Gesamtkohorte betrug bei T36-60 7,8%. Verglichen
mit Patienten, die lediglich überwacht wurden, hatten Patienten mit >4 Chemotherapiezyklen oder
≥4 Zyklen Chemotherapie plus Bestrahlung ein deutlich erhöhtes Risiko für Langzeit-Azoospermie
(63% versus 4,4% bei Überwachung).
Alle Männer, die während Orchiektomie und Weiterbehandlung Spermien im Ejakulat hatten und deren Inhibin B
ein Jahr nach der Behandlung >56 ng/l betrug, wiesen 3 Jahre nach der Behandlung keine Azoospermie auf.
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Damit kann die Konzentration an Inhibin B im Serum 12 Monate nach beendeter Therapie beim Follow-up
von geheilten Hodenkrebs-Patienten herangezogen werden, um diejenigen zu identifizieren, bei denen
nach weiteren zwei Jahren auch noch Azoospermie besteht.
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