Die Zunahme infektiöser Komplikationen nach Prostata-Nadelbiopsien wird heute durch kumulierte
Indizien gestützt. Wenig bekannt ist hingegen, welches Risiko für Prostatakrebs-Patienten unter
Active Surveillance besteht, die sich zum Teil über etliche Jahre wiederholt Prostatabiopsien
unterziehen. Dieser Frage wurde am Memorial Sloan-Kettering Cancer Center nachgegangen
(Ehdaie B, et al. 2014):
Verschiedene Beobachtungsstudien ermittelten, dass mit der ersten Prostata-Nadelbiopsie
eine beträchtliche Morbiditätsrate assoziiert ist.
Bei den an der European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer (ERSPC;
Sektion Rotterdam) beteiligten Männern traten in 4,2% der Fälle febrile Komplikationen auf,
und in 0,8% der Fälle war eine Hospitalisierung nach den Prostata-Nadelbiopsien erforderlich.
Signifikante Risikofaktoren waren Diabetes und Prostatavergrößerung (Loeb S, et al. 2012).
Aus aufeinander folgenden Patienten, die sich von Jan. 2011 bis Jan. 2012 einer Prostatabiopsie unterzogen, wurden 403
Männer mit zuvor diagnostiziertem Prostatakrebs rekrutiert und infektiöse Komplikationen nach der Biopsie abgeklärt.
Die Teilnehmer unterzogen sich im Rahmen eines Active-Surveillance-Programms einer durch rektalen Ultraschall
geleiteten 14-Stanzen-Nadelbiopsie.
Von 403 Teilnehmern der Studie hatten sich 55% nur einer vorausgegangenen Prostatabiopsie
unterzogen. Bei nur 40 (ca. 10%) waren es 4 oder noch mehr Biopsien. Ein
Fluorochinolon-Antibiotikum bekamen 92% der Patienten, die sich im Rahmen der Studie
einer Prostatabiopsie unterzogen. Eine intramuskuläre Injektion mit Gentamycin erhielten 28% der Patienten.
Bei 14 Patienten (3,5%) kam es nach der Biopsie zu einer Infektion. In 5 Fällen waren Urinkulturen
positiv und in 9 Fällen negativ. Unter ersteren waren 4 Ciprofloxacin-resistente Escherichia coli
einschließlich zweier Fälle mit erweitertes Spektrum Betalaktamase (ESBL)-produzierendem Isolat.
Ein Patient hatte Aminoglykosid-resistente Enterokokken.
Das Risiko der Infektion nach einer Prostatabiopsie erhöhte sich signifikant mit der Anzahl
zurückliegender Biopsien (Abb.). Im Durchschnitt erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit
einer Infektion mit jeder weiteren Biopsie um den Faktor 1,33.
Bemerkenswerterweise erhöhte sich das Infektionsrisiko signifikant, wenn der gegenwärtigen Biopsie
eine mit Gentamycin-Prophylaxe vorausgegangen war (p=0,026). Andererseits verringerte
sich das Infektionsrisiko bei Gabe von Fluorochinolon-Antibiotika vor der aktuellen Biopsie
deutlich (p=0,008). Höheres Alter und Diabetes mellitus waren mit keinem höheren
Infektionsrisiko assoziiert.
Bei Prostatakrebs-Patienten unter Active Surveillance steht die Anzahl stattgefundener
Prostatabiopsien im Zusammenhang mit einem signifikanten Risiko für infektiöse Komplikationen.
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Jede vorausgegangene Biopsie erhöht das Infektionsrisiko. Am häufigsten wurden Fluorochinolon-resistente
und ESBL-produzierende Isolate identifiziert.
Die Prostatakrebs-Patienten unter Active Surveillance sollten auf die Risiken wiederholter
Prostatabiopsien hingewiesen werden.
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Ehdaie B, Vertosick E, Spaliviero M, et al. 2014.
The impact of repeat biopsies on infectious complications in men with prostate cancer on active surveillance.
J Urol 191:660-664.
Loeb S, van den Heuvel S, Zhu X, et al. 2012.
Infectious complications and hospital admissions after prostate biopsy in a European randomized trial.
Eur Urol 61:1110-1114.
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