April 2014 
 
Sollten vor einer ambulanten Zystoskopie Antibiotika gegeben werden?

  Antimikrobielle Resistenzen stellen heute ein ernstes Gesundheitsproblem dar. Sie werden hauptsächlich durch den Einsatz von Antibiotika in klinischen Situationen, die die Gabe nicht erforderlich machen, verursacht. Vor einer ambulanten Zystoskopie wird in den Praxisleitlinien empfohlen, zur Vermeidung einer symptomatischen Harntraktinfektion den Patienten, die mit erhöhtem Risiko behaftet sind, prophylaktisch Antibiotika zu verabreichen. Diesbezüglich wurde die Häufigkeit einer febrilen Harntraktinfektion nach ambulanter flexibler Zystoskopie bei Antibiotika-naiven Blasentumor-Patienten bestimmt (Herr HW, 2014):

  Zu den Risikofaktoren für Harntraktinfektion gehören Alter, Rauchen, anatomische Anomalien, Steroidanwendung, eingeschränkte Immunfunktion und Urethralkatheter. Da auf die meisten Blasentumor-Patienten eine mehr oder minder große Auswahl dieser Risikofaktoren zutrifft, werden gewöhnlich Antibiotika vor einer ambulanten Zystoskopie gegeben. Bei ≤25% der ambulanten Blasentumor-Patienten liegt eine asymptomatische Bakteriurie vor. Die routinemäßige Gabe von Antibiotika bei Zystoskopien reduzierte in einigen Studien die Häufigkeit von Harntraktinfektionen. Andere Untersucher konnten das nicht bestätigen.

  In die prospektive Registerstudie wurden 2.010 aufeinander folgende Zystoskopien bei 895 Patienten mit Blasentumoren aufgenommen. Nach Abgabe einer Urinprobe für die Kultur unterzogen sich alle Patienten der Zystoskopie. Es wurden flexible Zystoskopien ohne Antibiotikagabe unmittelbar vor oder nach der Zystoskopie durchgeführt. Als signifikante Bakteriurie wurden >104 koloniebildende Einheiten mit einem einheitlichen Organismus pro Milliliter definiert. Die Patienten wurden hinsichtlich des Auftretens einer febrilen Harntraktinfektion 30 Tage nachverfolgt.

  Von den 895 Patienten hatten 380 eine Zystoskopie. In 515 Fällen waren es bis zu 10 Zystoskopien. Bei 489 Zystoskopiefällen (24%) wurde eine signifikante Bakteriurie festgestellt. Die Kulturen ergaben Escherichia coli (41%), Enterokokken (32%), Staphylokokken (13%) sowie Spezies von Klebsiella, Gardnerella, Proteus, Bacteroides oder Pseudomonas (14%).
      In 39 Fällen (1,9%) entwickelten die Patienten innerhalb von 30 Tagen nach der Zystoskopie eine febrile Harntraktinfektion. Bei 17 von 1.521 Fällen (1,1%) waren die Urinkulturen negativ, und 22 von 489 Fällen (4,5%) hatten eine asymptomatische Bakteriurie. Von letzteren entwickelten sich in 3 Fällen mit >104 koloniebildenden Einheiten/ml eine symptomatische Harntraktinfektion. Mehrheitlich trat das erst bei einer bakteriellen Belastung >105 koloniebildenden Einheiten/ml auf. Kein Patient – auch bei mehrmaliger Zystoskopie – hatte mehr als eine Harntraktinfektion. Die multivariate Analyse ergab nur für Alter (>65 Jahre) und für Bakteriurie einen signifikanten Zusammenhang mit der Entwicklung einer febrilen Harntraktinfektion.

Die routinemäßige antimikrobielle Prophylaxe bei ambulatorischer flexibler Zystoskopie wird als nicht notwendig erachtet.
  Selbst bei asymptomatischen Patienten sind Harntraktinfektionen nach dem Eingriff selten und gegebenenfalls leicht zu behandeln. Durch Antibiotic Stewardship (ABS; Strategien zum rationalen Einsatz von Antibiotika) ließe sich die Entstehung resistenter bakterieller Organismen deutlich reduzieren.

Herr HW, 2014. Should antibiotics be given prior to outpatient cystoscopy? A plea to urologists to practice antibiotic stewardship. Eur Urol 65:839-842.
 

 April 2014

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Referat: jfs