Für Männer mit einem erniedrigten Testosteron-Spiegel ist das Osteoporose-
und Frakturrisiko erhöht. Diesbezüglich liegen eine Reihe stichhaltiger Befunde
vor. Weniger beweiskräftig ist hingegen die bisherige Datenlage bezüglich einer Erhöhung der Knochenmineraldichte bei hypogonadalen älteren Männern unter einer
Hormon-Substitutionstherapie,
obwohl verschiedene Befunde für einen solchen Zusammenhang sprechen. Es ist aber
nicht bekannt, ob osteoanabole Wirkungen durch Testosteron selbst oder den
Metaboliten Dihydrotestosteron (DHT) zustande kommen.
Bei älteren Männern wird der 5a-Reduktase-Hemmer
Finasterid, durch den die Umwandlung von Testosteron in DHT
inhibiert wird, zur Behandlung einer benignen Prostatahyperplasie eingesetzt. Hierbei
kommt es zu keiner Beeinträchtigung der Knochenmineraldichte. Insofern könnte es bei
einigen hypogonadalen älteren Männern als vorteilhaft erachtet werden, den
Testosteron-Spiegel anzuheben, ohne zugleich die DHT-Wirkungen an der Prostata
in Kauf nehmen zu wollen.
In einer randomisierten, Plazebo-kontrollierten Studie wurde bei hypogonadalen
älteren Männern durch Testosteron allein und durch Testosteron plus Finasterid
eine Vermehrung der Knochenmineraldichte sowohl im Lumbal- als auch im
Hüftbereich festgestellt (Amory JK, et al. 2004):
Osteoanabole Effekte eher durch Testosteron als durch
Dihydrotestosteron vermittelt
Der Anstieg des Plasma-Testosteronspiegels war unabhängig von der zusätzlichen
Gabe von Finasterid. Hingegen sank der DHT-Spiegel bei Testosteron/Finasterid-Einnahme im
Vergleich zu alleiniger Testosteron-Zufuhr auf weniger als die Hälfte ab.
Die Knochenmineraldichte in den Lendenwirbeln und der Hüfte nahm sowohl
mit Testosteron allein als auch mit Testosteron plus Finasterid über einen
Zeitraum von 36 Monaten kontinuierlich zu (Abb.). Dies zeigt, dass DHT im
Knochen offensichtlich nicht das maßgebliche Androgen ist
Das Volumen der Prostata nahm bei den Männern in allen Gruppen zu. Allerdings
war diese Zunahme bei den zusätzlich mit Finasterid behandelten Männern
signifikant geringer als bei den mit Testosteron allein oder mit Plazebo
behandelten Männern.
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Abb.: Durchschnittliche prozentuale Zunahme der Knochenmineraldichte
in der Lendenwirbelsäule (oben) und der Hüfte (unten) bei älteren
hypogonadalen (T < 12,1 nMol/l) Männern (T < 12,1 nMol/l)
unter einer Therapie mit entweder Testosteron allein, Testosteron
plus Finasterid oder Plazebo.
Die Patienten erhielten zweiwöchentlich eine Injektion von 200 mg
Testosteronenantat plus Plazebo-Pillen täglich (Testosteron alleine),
oder zweiwöchentliche Injektionen von 200 mg Testosteronenantat plus
5 mg Finasterid täglich,
oder Plazebo-Injektionen plus Plazebo-Pillen (nach Amory JK et al. 2004). |
Bei den mit Testosteronenantat und Testosteronenantat plus Finasterid
behandelten Patienten stiegen der Hämatokrit und der Hämoglobinwert signifikant
an, so dass in einigen Fällen eine Dosisreduzierung notwendig wurde.
Welche Rolle spielen Dosis uns Applikationsform von Testosteron?
In einem angegliederten Editorial preisen E. Barrett-Connor und S. Bhasin
die in dieser Studie gemessene Anhebung der Knochendichte bei älteren Männern
mit einem niedrigen Testosteron-Spiegel als die bisher eindrucksvollsten
Plazebo-kontrollierten Ergebnisse auf diesem Gebiet. Und wie es Wissenschaftlern
eigen ist, leiten sie daraus sogleich die Notwendigkeit weiterer Forschertätigkeit
ab.
Tatsächlich ist in der Studie von Amory et al. insbesondere die Frage nach
der optimalen Testosteron-Dosierung unbeantwortet geblieben. Die relativ hohen
Testosteron-Spitzen in relativ kurzen Abständen führten vermehrt zu nicht
unproblematischen Wirkungen auf das blutbildende System. Dieser Effekt ließe
sich bei Anwendung eines Testosteron-Gels bei dann gleichmäßigen
Wirkstoff-Spiegeln sicherlich weitgehend vermeiden.
Da während der Studie teilweise eine Dosisreduktion vorgenommen wurde, ist
davon auszugehen, dass die eingangs gewählte Dosis von vierzehntägig 200 mg
Testosteronenantat wohl von vornherein zu hoch gewählt worden war und positive
Effekte am Knochen eben auch mit drei Vierteln dieser Dosis erzielt werden.
In erster Linie wird in dieser Studie eindeutig nachgewiesen, dass bei
hypogonadalen älteren Männern durch eine Testosteron-Substitution Knochenmineraldichte
hinzugewonnen werden kann. Ferner wird gezeigt, dass diese Zunahme auch
zustande kommt, wenn durch zusätzliche Gabe von Finasterid jegliche Wirkung
auf die Prostata vermieden werden soll.
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