In der Prostata beeinflussen sowohl Androgene als auch Estrogene die
zelluläre Proliferationsrate. Dies geht im Wesentlichen aus tierexperimentellen
Befunden hervor, die sich an der menschlichen Prostata aber nur schwer
nachvollziehen lassen. Denn in der menschlichen Prostata findet man nur
sehr wenige sich teilende Zellen, so dass die Rolle der Sexualsteroidhormone
bei der Pathogenese der BPH noch nicht völlig geklärt ist.
Im Alter kommt es bei Männern zu einer
relativen Estrogendominanz. Parallel dazu vergrößert sich das Volumen
der Prostata. Dass hierbei ein Zusammenhang bestehen könnte, ergibt
sich aus Befunden, wonach die Männer mit der am stärksten ausgeprägten BPH
meist auch die höchsten Estradiol-Spiegel aufweisen. Estrogene Wirkungen
kommen entweder über ERα oder
der ERβ zustande. Aus der Verteilung
der beiden Rezeptoren in der Prostata lässt sich auf deren Rolle in der
Pathogenese der BPH schließen.
Verteilung der Steroidhormon-Rezeptoren in der Prostata
ERα-positive Zellen finden
sich nur im Stroma der peripheren Zone, während ERβ-positive
Zellen im Stroma der peripheren und der Übergangszone vorkommen.
In beiden Zonen der Prostata lassen sich auch ERβ-positive
Epithelzellen in relativ gleichmäßiger Verteilung nachweisen.
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ERα
|
ERβ
| AR |
Periphere Zone: |
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|
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Glanduläre
Epithelzellen |
— |
+ |
+++ |
Basalzellen |
— |
+++ |
+ |
Stromazellen |
++ |
+++ |
++ |
|
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|
|
Übergangszone: |
|
|
|
Glanduläre
Epithelzellen |
— |
+ |
+++ |
Basalzellen |
— |
+++ |
+ |
Stromazellen |
— |
+ |
++ |
Intensität: — keine; + gelegentlich; ++ oft; +++ reichlich.
Spielt ERβ
eine Rolle beim Wachstum der Prostata?
Wenn man bedenkt, dass sich BPH-Knötchen aus dem Gewebe der Übergangszone
entwickeln, ergibt sich aus der Verteilung von ERα
und ERβ eher eine Beteiligung
von Estradiol über den ERβ
an der BPH-Pathogenese. Diese Rolle könnte darin bestehen, die Proliferation
der glandulären Epithelzellen herunterzuregulieren. Diese Schlussfolgerung
ergibt sich aus Untersuchungen an Knockout-Mäusen, die keine ERβ
bilden können und eine BPH entwickeln. Im Gegensatz dazu findet man in
Knockout-Mäusen, die keine ERα bilden
können, keinerlei abnormes Prostatawachstum.
Estrogenen wird angelastet, bei der Entwicklung und dem Wachstum von
Prostatakarzinomen eine Rolle zu spielen. Da davon ausgegangen wird, dass
malignes Wachstum der Prostata seinen Ausgang von der peripheren Zone nimmt,
scheint in diesen Prozess der ERα
involviert zu sein. Dieser Rezeptor lässt sich tatsächlich in den Krebszellen
und den angrenzenden Stomazellen nachweisen.
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