April 2003 
 

Welche Rolle spielt der Estrogenrezeptor-β (ERβ) in der Pathogenese der BPH?


In der Prostata beeinflussen sowohl Androgene als auch Estrogene die zelluläre Proliferationsrate. Dies geht im Wesentlichen aus tierexperimentellen Befunden hervor, die sich an der menschlichen Prostata aber nur schwer nachvollziehen lassen. Denn in der menschlichen Prostata findet man nur sehr wenige sich teilende Zellen, so dass die Rolle der Sexualsteroidhormone bei der Pathogenese der BPH noch nicht völlig geklärt ist.

Im Alter kommt es bei Männern zu einer relativen Estrogendominanz. Parallel dazu vergrößert sich das Volumen der Prostata. Dass hierbei ein Zusammenhang bestehen könnte, ergibt sich aus Befunden, wonach die Männer mit der am stärksten ausgeprägten BPH meist auch die höchsten Estradiol-Spiegel aufweisen. Estrogene Wirkungen kommen entweder über ERα oder der ERβ zustande. Aus der Verteilung der beiden Rezeptoren in der Prostata lässt sich auf deren Rolle in der Pathogenese der BPH schließen.

Verteilung der Steroidhormon-Rezeptoren in der Prostata
ERα-positive Zellen finden sich nur im Stroma der peripheren Zone, während ERβ-positive Zellen im Stroma der peripheren und der Übergangszone vorkommen. In beiden Zonen der Prostata lassen sich auch ERβ-positive Epithelzellen in relativ gleichmäßiger Verteilung nachweisen.

  ERα ERβ AR

Periphere Zone:

     
Glanduläre Epithelzellen + +++
Basalzellen +++ +
Stromazellen ++ +++ ++
       
Übergangszone:       
Glanduläre Epithelzellen + +++
Basalzellen +++ +
Stromazellen + ++
Intensität: — keine; + gelegentlich; ++ oft; +++ reichlich.

Spielt ERβ eine Rolle beim Wachstum der Prostata?
Wenn man bedenkt, dass sich BPH-Knötchen aus dem Gewebe der Übergangszone entwickeln, ergibt sich aus der Verteilung von ERα und ERβ eher eine Beteiligung von Estradiol über den ERβ an der BPH-Pathogenese. Diese Rolle könnte darin bestehen, die Proliferation der glandulären Epithelzellen herunterzuregulieren. Diese Schlussfolgerung ergibt sich aus Untersuchungen an Knockout-Mäusen, die keine ERβ bilden können und eine BPH entwickeln. Im Gegensatz dazu findet man in Knockout-Mäusen, die keine ERα bilden können, keinerlei abnormes Prostatawachstum.

Estrogenen wird angelastet, bei der Entwicklung und dem Wachstum von Prostatakarzinomen eine Rolle zu spielen. Da davon ausgegangen wird, dass malignes Wachstum der Prostata seinen Ausgang von der peripheren Zone nimmt, scheint in diesen Prozess der ERα involviert zu sein. Dieser Rezeptor lässt sich tatsächlich in den Krebszellen und den angrenzenden Stomazellen nachweisen.

Tsurusaki T, Aoki D, Kanetake H, et al 2003. Zone-dependent expression of estrogen receptors α and β in human benign prostatic hyperplasia. J Clin Endocrinol Metab 88:1333-1340. J Androl 23:927-935.

April 2003

Drucken