Aktuelle Studien bekräftigen kardiovaskuläre Sicherheit bei indizierter Testosterontherapie

Hintergrund

Als Reaktion auf zwei Beobachtungsstudien, in denen für Männer im Abgleich mit Verschreibungsdaten von Testosteronpräparaten eine erhöhte Herzinfarkt- und Apoplex-Mortalität errechnet worden war, veranlasste die US-Arzneimittelbehörde FDA die Aufnahme von Sicherheitshinweisen in die Patienteninformation der Präparate zur Testosteronsubstitution. Zugleich wurden Restriktionen bei der Verschreibungspraxis an jüngere Männer mit bedingter Kenntnis über die ursächlichen/auslösenden Faktoren eines Testosteronmangels angemahnt.

Ein Risikobewertungsverfahren der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA hatte keine eindeutigen Anhaltspunkte für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko erbracht, sofern testosteronhaltige Arzneimittel eine zulassungsgemäße Anwendung finden. Zudem wurde von der European Medicines Agency’s (EMA) Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) festgehalten, dass Testosteronmangel selbst das Risiko für Herzprobleme erhöhen könne. Um den Studien mit widersprechenden Ereignissen Rechnung zu tragen, wurde die Produktinformation der Präparate zur Testosteronsubstitution auf Empfehlung der PRAC auch in Europa mit Warnhinweisen für diejenigen versehen, bei denen ein erhöhtes Risiko für Herzprobleme bestehen kann. Darin sollte auch klar zum Ausdruck kommen, dass Testosteron nur angewandt werden solle, wenn ein anormal niedriger Spiegel des Hormons nachgewiesen wurde und entsprechende Symptome vorliegen.

Zielsetzung
Aktuell wurde eine neuerliche Bewertung der 2015er Sicherheitshinweise anhand nachfolgend publizierter Studien vorgenommen (Miner M, et al. 2018):

Literaturrecherche
Die systematische Literaturrecherche ergab 23 sachdienliche Studien zur Testosterontherapie, die im Zeitraum nach der Sitzung des Beratungsausschusses der FDA im September 2014 bis eischließlich Juni 2017 neu erschienen sind. Diese umfassen 12 klinische Prüfungen und 11 Anwendungsbeobachtungen.

Ergebnisse

Es bestätigten sich die hinreichend bekannten positiven Effekte der Testosteronsubstitution auf die Sexualfunktion. Die mit Testosteron behandelten Männer profitierten von vermehrtem Sexualverlangen und gesteigerter sexueller Aktivität. Der Benefit machte sich auch in erhöhter körperlicher Aktivität und verbesserter Stimmungslage bemerkbar.

Die Befunde zur Therapiesicherheit aus den klinischen Prüfungen ergaben für die Testosterontherapie ein gegenüber Placebo vorteilhaftes Sicherheitsprofil. In den Studien wurden bei insgesamt 790 Männern im Alter 65+ mit Testosteronmangel ungeklärter Ätiologie, die über ein Jahr entweder Testosteron-Gel oder Placebo erhielten, weniger ernste kardiovaskuläre Ereignisse unter Testosteron-Therapie als bei Placebo-Gabe registriert (9 versus 16).

Mehrere große Beobachtungsstudien kamen zu dem Ergebnis, dass die Testosterontherapie mit einer Verringerung kardiovaskulärer Ereignisse im Zusammenhang steht. Ein Bericht stellte heraus, dass sowohl kardiovaskuläres als auch Mortalitätsrisiko mit zunehmender Therapiedauer stetig abnehmen. In zwei Beobachtungsstudien kam man zu einem deutlich geringeren Hazard Ratio für ernste kardiovaskuläre Ereignisse bei Männern mit normalisierten Testosteronspiegeln unter der Testosteronsubstitution gegenüber Männern, deren Testosteronspiegel wohl aufgrund suboptimaler Behandlung insuffizient geblieben war.

Unter den nach der Abänderung von Patienteninformationen erschienenen Studien war keine, die Hinweise auf ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko unter Testosterontherapie geliefert hätte. Die Befunde sprechen bei indizierter Testosterontherapie indes für neutrale oder sogar protektive kardiovaskuläre Effekte.

Ein systematischer Review mit Metaanalyse bezüglich des kardiovaskulären Risikos bei Testosterontherapie gegenüber Placebo, mit 24 randomisierten, kontrollierten Studien aus dem Zeitraum bis 2014 (Corona et al., 2014) hatte bereits vor der FDA-Intervention keine ursächliche Rolle einer Testosteronsubstitution für kardiovaskuläre Ereignisse erkennen lassen. Damit übereinstimmend wurde auch in einer neuerlichen Metaanalyse mit 30 randomisierten, kontrollierten Studien (Alexander et al., 2017) kein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko unter Testosteronsubstitution gegenüber Placebo ermittelt.

Schlussfolgerungen
Die Autoren belegen anhand einer Analyse aktueller Studien, dass sich bei Männern mit indizierter Testosterontherapie kein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko nachweisen lässt. Die Normalisierung des Testosteronspiegels bei symptomatischen Männern kann sogar zur Erniedrigung des kardiovaskulären Risikos beitragen.    
Literatur:
Miner M, Morgentaler A, Khera M, Traish AM, et al. 2018. The state of testosterone therapy since the FDA’s 2015 labelling changes: Indications and cardiovascular risk. Clin Endocrinol 89:3–10.
Corona G, Maseroli E, Rastrelli G, et al. 2014. Cardiovascular risk associated with testosterone-boosting medications: a systematic review and meta-analysis. Expert Opin Drug Saf 13:1327-1351.
Alexander GC, Iyer G, Lucas E, et al. 2017. Cardiovascular risks of exogenous testosterone use among men: a systematic review and meta-analysis. Am J Med 130:293-305.

 Oktober 2018 Drucken jfs