CAG-Polymorphismus des Androgenrezeptor-Gens
Einfluss auf Ergebnis der Testosterontherapie bei hypogonadotropem Hypogonadismus
Hintergrund
Zwischen der Anzahl aneinander gereihter CAG-Tripletts im Exon 1 des Androgenrezeptor
(AR)-Gens und der transkriptionellen Aktivität des AR besteht ein Zusammenhang. Doch über
die Verbindung zwischen den CAG-Polymorphismus des AR-Gens und dem
metabolischen Profil gibt es einander widersprechende Befunde. Zum einen wurde eine
hohe Anzahl von CAG-Repeats mit niedrigen LDH-Cholesterinspiegeln und erhöhter Schwere
von koronaren Herzkrankheiten in Zusammenhang gebracht [1]. Andererseits wurden bei
einer hohen Anzahl an CAG-Repeats gravierende kardiovaskuläre Risikofaktoren
festgestellt [2].
Zielsetzung
Inwieweit sich die Anzahl der CAG-Repeats bei der Testosteronsubstitution
eines hypogonadotropen Hypogonadismus auswirkt, wurde bei Männern untersucht, die nach
operativer Behandlung eines Hypophysenadenoms unter hypogonadotropem Hypogonadismus litten
und mit Testosteron substituiert wurden [3, 4].
Patienten und Methoden
An den Studien waren 15 Männer
[3] bzw. 12 Männer
[4]
beteiligt, die sich nach operativer
Entfernung des Hypophysenadenoms einer Testosteron-Ausgleichstherapie aufgrund von
hypogonadotropem Hypogonadismus unterzogen. Bestimmungen der Studienparameter erfolgten
zu Beginn der Testosteronsubstitution und dann erneut nach 74 bis 84 Wochen. Alle Patienten
wurden in Abhängigkeit ihrer spezifischen Hormondefizite mit adäquaten Dosen von Kortisonacetat,
rekombinantem Wachstumshormon und Levothyroxin behandelt. Zudem wurde eine Genotypisierung
der CAG-Repeats des AR-Gens vorgenommen.
Bisherige Befunde
Allgemein wird von einer eher relativ geringen Prävalenz der Hypophysentumore ausgegangen.
Andererseits wurde in einer Metaanalyse der enorm hohe Wert 16,7% ermittelt
(14,4% in Autopsiestudien und 22,5% in radiologischen Studien)
[5]. Eine aktuellere Untersuchung
in Großbritannien ergab eine Prävalenz von 77,6 Fällen eines Hypophysenadenoms auf 100 000
Einwohner
[6].
|
Das Androgenrezeptor (AR)-Gen enthält acht Exons, die nach Transkription in mRNA und Spleißen ohne
Introns miteinander verbunden sind. Im Exon 1 befindet sich eine unterschiedlich lange Sequenz von
CAG-Tripletts (10-35), die bei der Translation in das AR-Protein zum Poly-Glutamin (Gln)-Trakt übersetzt wird.
Das große Exon 1 umfasst die Transaktivierungsdomäne (TAD). Die Exons 2-8 kodieren für die
DNA-Bindungsdomäne (DBD), die Gelenkdomäne (GD) und die Ligandenbindungsdomäne (LBD).
|
Die Anzahl der CAG-Repeats ist invers mit der transkriptorischen Aktivität des AR korreliert.
Aktuelle Ergebnisse
Der Testosteronspiegel stieg nach Einleitung der Testosterontherapie von 1,53±0,5 auf
3,96±0,4 ng/ml. Die Anzahl der CAG-Tripletts des AR-Gens betrug 18,1±3,4. Bei den Teilnehmern
stand eine kürzere Sequenz des CAG-Repeat-Polymorphismus mit einer deutlich stärker
ausgeprägten Verbesserung zahlreicher kardiovaskulärer Risikofaktoren im Zusammenhang [3]:
Signifikante Reduzierungen wurden für das Körpergewicht, den Blutglukosespiegel, das HbA1c,
das LDL-Cholesterin, die Triglyceride, die homeostasis model assessment of insulin resistance
(HOMA-IR), und den systolischen wie auch diastolischen Blutdruck registriert. Das HDL-Cholesterin
stieg signifikant an.
Bei 12 Patienten wurden Serummarker des Knochenmetabolismus bestimmt und Knochenmineraldichtemessungen
durchgeführt [4]. In der Gruppe veränderten sich die Serummarker während des Messintervalls kaum,
während die Knochenmineraldichte zwar nur in geringem Maße aber signifikant zunahm. Die Veränderung
der Knochenmineraldichte war negativ und signifikant mit der Anzahl der CAG-Trippletts im AR-Gen
korreliert
Schlussfolgerungen
Bei Männern mit postoperativem hypogonadotropem Hypogonadismus, wurden nach der
Testosteron-Substitutionstherapie eindeutigere metabolische Verbesserungen [3]
und Knochenmineraldichte-Erhöhungen [4] registriert, wenn ihr Androgenrezeptor-Gen
eine geringe Anzahl an CAG-Wiederholungen aufwies als bei einer langen repetitiven CAG-Sequenz.
Dieser Effekt war nicht von begleitenden Substitutionstherapien zur Kompensation der Hormondefizite
durch Hypophysenfunktionsstörung abhängig.
Literatur:
[1] Alevizaki M, Cimponeriu AT, Garofallaki M, et al. 2003.
The androgen receptor gene CAG polymorphism is associated with the severity of coronary artery
disease in men. Clin Endocrinol 59:749–755.
[2] Haring R, Ernst F, Schurmann C, et al. 2012.
The androgen receptor CAG repeat polymorphism as a risk factor of low serum testosterone and
its cardiometabolic effects in men. Int J Androl 35:511–520.
[3] Tirabassi G, delli Muti N, Corona G, et al. 2013.
Androgen receptor gene CAG repeat polymorphism regulates the metabolic effects of
testosterone replacement therapy in male postsurgical hypogonadotropic hypogonadism.
Internat J Endocrinol 2013:816740.
[4] Tirabassi GT, delli Muti N, Gioia A, et al. 2014.
Effects of testosterone replacement therapy on bone metabolism in male post-surgical
hypogonadotropic hypogonadism: focus on the role of androgen receptor CAG polymorphism.
J Endocrinol Invest [Epub ahead of print].
[5] Ezzat S, Asa SL, Couldwell WT, et al. 2004.
The prevalence of pituitary adenomas: a systematic review. Cancer 101:613-619.
[6] Fernandez A, Karavitaki N, Wass JA, 2010.
Prevalence of pituitary adenomas: a community-based, cross-sectional study in Banbury (Oxfordshire, UK).
Clin Endocrinol (Oxf) 72:377-382.