Hodenfunktion männlicher Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom (mNZK) unter Sunitinib-Behandlung

Hintergrund/Zielsetzung

Monotherapien mit Tyrosinkinase-Inhibitoren werden bei Patienten mit mNZK vielfach noch als Erstlinienbehandlung angewendet. Von diesen Substanzen ist bekannt, dass sie Funktionsstörung von endokrinen Drüsen verursachen können. In dieser Studie mit zwei Patientenkohorten wurde die Hodenfunktion bei mit Sunitinib behandelten männlichen mNZK-Patienten bewertet.

Patienten und Methoden

In dieser Studie wurden eine Querschnittskohorte vorbehandelter Patienten (>6 Monate) und eine Kohorte behandlungsnaiver Patienten prospektiv nachverfolgt. Alle Patienten wurden auf Hypogonadismus untersucht und erhielten zu Studienbeginn und nach 6 Monaten Therapie einen Fragebogen zur funktionellen Bewertung der Krebstherapie - Functional Assessment of Cancer Therapy – General (FACT-G). Patienten, die Kandidaten für eine Testosteronersatztherapie (TRT) waren, erhielten ebenfalls einen FACT-G-Fragebogen zu Studienbeginn und drei Monate nach der Supplementierung.

Abb. A, B: Von Patienten berichtete Ergebnismessungen anhand des Functional Assessment of Cancer Therapy – General (FACT-G)-Scores: (A) Korrelation zwischen berechnetem freiem Testosteron und körperlichem Wohlbefinden. (B) Insge-
samter Benefit bei der Lebensqualität bei Patienten nach Erhalt einer Testosteronausgleichstherapie. Δ: Veränderung der Punktebewertung.  
Hypogonadismus-Prävalenz

An der Querschnittsphase und der prospektiven Phase waren 17 bzw. 13 Patienten beteiligt. Die Hypogonadismus-Prävalenz betrug zu Baseline 27,3% und erreichte nach neun Monaten 68,4%.

Hypogonadismus-Prävalenz unter Sunitinib-Behandlung

Von den 13 Männern aus der prospektiven Kohorte unterzogen sich 12 zwischen 6 Wochen und 6 Monaten nach Beginn mit Sunitinib-Behandlung einer Untersuchung ihrer Hodenfunktion. Bei fünf Patienten (41,7%) lag Hypogonadismus vor: Vier von ihnen waren normogonadotrop und einer subklinisch hypogonadotrop. Sieben Männer derselben Kohorte wurden zwischen 6 und 9 Monaten nach Beginn der Behandlung hormonell bewertet: Drei Männer waren offensichtlich hypogonadal; zwei von ihnen normogonadotrop und einer subklinisch hypogonadotrop. Schließlich wurde bei 19 Männern aus beiden Kohorten 9 Monate oder länger nach dem Beginn der Sunitinib-Behandlung eine Bewertung der Hodenfunktion durchgeführt. 13 Patienten (68,4%) waren hypogonadal: zwei von ihnen hatten primären Hypogonadismus, einer einen sekundären Hypogonadismus, sieben Patienten waren normogonadotrop und drei subklinisch hypogonadotrop.

TRT und Lebensqualität

Der mittels FACT-G-Fragebogen ermittelte QoL-Score verschlechterte sich während der Behandlungsdauer im Vergleich zu Baseline signifikant (medianer globaler Score: 64 versus 79 Punkte). Das überschritt die Schwelle von 5 Punkten für klinische Signifikanz mit dem FACT-G-Punktesystem. Bei der Betrachtung bestimmter Punkte war nach Beginn der Therapie keine der vier Subskalen physisch, sozial, emotional und funktional wesentlich verschlechtert. Der Vergleich von Hormonspiegeln mit den QoL-Scores ergab nur für das freie Testosteron eine schwache Korrelation mit dem körperlichen Wohlbefinden (Abb. A).

Nach der Diagnose von klinisch bedeutsamem Hypogonadismus erhielten sechs Patienten eine TRT. Diese begann bei zwei Männern etwa 6 Monate nach dem Therapiebeginn mit Sunitinib, während die anderen vier Patienten erst nach mehr als 9 Monaten damit begannen. Bei den der Hormonsubstitution zugeteilten Patienten wurde nach drei Monaten TRT ein signifikanter Benefit bei der QoL mit einer medianen Verbesserung von 11,5 Punkten des FACT-G-Globalscores registriert (Abb. B) – weit oberhalb des oberen Grenzwerts für klinische Relevanz. Die Punkte mit dem höchsten Benefit waren nicht auf das physische und funktionelle Wohlbefinden beschränkt, sondern erstreckten sich auch auf den sozialen Bereich.

Ergebnisse

Unter den 30 eingeschlossenen Patienten war die Prävalenz von Hypogonadismus höher bei denen, die Sunitinib über einen längeren Zeitraum erhielten (27,3% zu Studienbeginn, 41,7% in den ersten 6 Monaten und 68,4% nach 9 Monaten Therapie). Der Testosteronspiegel der Patienten korrelierte mit der Lebensqualität. Insgesamt sechs Patienten erhielten eine TRT, die eine signifikante Verbesserung ihrer allgemeinen Lebensqualität nach den ersten 3 Behandlungsmonaten bewirkte.

Kernaussagen
 
❏ Bei langfristig mit Sunitinib behandelten männlichen Patienten wurde eine erhöhte Prävalenz von Hypogonadismus festgestellt.

❏ Eine TRT stand mit erheblichen Verbesserungen der Lebensqualität im Zusammenhang.

❏ Diese Ergebnisse bestätigen ähnliche Beobachtungen und ermutigen zur Beurteilung der Hodenfunktion bei männlichen Patienten mit mNZK unter Sunitinib-Behandlung.


Literatur:
Volta AD, Delbarba A, Valcamonico F, et al. 2023. Gonadal function in male patients with metastatic renal cell cancer treated with sunitinib. In vivo 37:410–416.
 Februar 2023 Drucken jfs