Neu diagnostizierter Prostatakrebs

Niedriges Serumtestosteron mit kardiovaskulären Risikofaktoren asssoziiert: Eine RADICAL-PC Substudie

Hintergrund/Zielsetzung

Kardiovaskuläre Krankheit ist bei Prostatakrebs (PCa)-Patienten eine häufige Todesursache. In der allgemeinen männlichen Bevölkerung steht niedriges Serumtestosteron (T) mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko in Verbindung. Die Beziehung zwischen Serum-Testosteron, kardiovaskulärer Krankheit und Risikofaktoren bei Androgendeprivationstherapie (ADT)-naiven Prostatakrebspatienten sollte untersucht werden.

Patienten und Methoden

Die Querschnittsanalyse wurde mit einer Subgruppe von 1.326 ADT-naiven Männern aus der RADICAL-PC (Role of Androgen-Deprivation Therapy In CArdiovascular Disease – A Longitudinal Prostate Cancer study) durchgeführt, deren T-Werte zu Baseline bestimmt worden waren. Bei der Prüfung handelte es sich um eine prospektive multizentrische Kohortenstudie mit Männern (2.565), die innerhalb eines Jahres nach der PCa-Diagnose, oder innerhalb von sechs Monaten nach erstmaligem Beginn einer ADT aufgenommen worden waren. Kardiovaskuläre Risikofaktoren, die Krebscharakteristika und das Serumgesamttestosteron wurden zu Baseline bestimmt. Niedriges T war als Gesamt-T <11 nmol/l (<320 ng/dl) definiert. Ein Framingham-Risikoscore 15 galt als hohes Risiko für zukünftige kardiovaskuläre Ereignisse.

Patientenmerkmale

Von 2.565 rekrutierten Männern erfüllten 1,326 die Eignungsbedingungen. In 553 Fällen lag ein Serum-T-Spiegel <11 nmol/l (<320 ng/dl) vor. Das mediane Alter betrug 67 (45–93) Jahre, 68% hatten Hypertonie, 15% Diabetes und 18% KVK in der Anamnese.

T-Spiegel und PCa-Charakteristika

Die Teilnehmer mit niedrigem T-Spiegel bei der Diagnose hatten einen signifikant höheren PSA-Spiegel als diejenigen mit einem normalen T-Spiegel (p=0,045). Niedrige T-Spiegel standen auch mit einem höheren Gleason-Grad (p=0,012) und einer höheren PCa-Risikoklassifikation im Zusammenhang (p=0,007). Gemäß einer Varianz­analyse sank der T-Spiegel mit ansteigendem Gleason-Grad signifikant ab (ptrend=0,0041).

T-Spiegel und kardiovaskuläre Risikofaktoren

Männer mit vorausgegangener KVK hatten einen niedrigen T-Spiegel (p=0,028). Diabetes und höheres Hämoglobin A1c standen ebenfalls mit einem niedrigem T-Spiegel in Verbindung (p <0,0001 bzw. p=0,0001). Körperliche Aktivitäten unter den Männern mit niedrigem und normalem T-Spiegel waren vergleichbar. Teilnehmer mit niedrigem T-Spiegel hatten einen höheren BMI und größeren Hüftumfang (p <0,0001). Ein erhöhter systolischer und diastolischer Blutdruck waren bei Teilnehmern mit niedrigem T-Spiegel gehäuft (p=0,0009 bzw. p=0,0005). Die Muskelkraft war bei Teilnehmern mit niedrigem T-Spiegel im Vergleich zu jenen mit normalem T signifikant geringer (p=0,034). Teilnehmer mit niedrigem T hatten höhere Serum­triglyceridspiegel (p <0,0001) und niedrigere HDL-C-Spiegel (p <0,0001). Andererseits war der LDL-Cholesterinspiegel bei Teilnehmern mit niedrigem T-Spiegel erniedrigt (p=0,0002). Insbesondere Männer mit einem niedrigem T-Spiegel hatten einen hohen Framingham-Risikoscore. Von den Teilnehmern mit niedrigem T-Spiegel hatten 71% einen Framingham-Risikoscore von 15 vs. 60% der Teilnehmer mit normalem T-Spiegel (p <0,0001). Bei univariabler logistischer Regression war niedriges T mit einem OR von 1,60 für hohes Framingham-Risiko assoziiert. Nach Adjustierungen für Ethnizität, die Ausbildung, den Alkoholkonsum, das PCa-Risiko, das körperliche Aktivitätsniveau und den Body Mass Index blieb niedriges T mit hohem Framingham-Risiko assoziiert (OR, 1,33).

Diese Beziehung lässt erkennen, dass der Serum-T-Spiegel während der nächsten 10 Jahre gleichbleibend und invers mit kardiovaskulären Risikofaktoren und der Wahrscheinlichkeit für kardiovaskuläre Ereignisse assoziiert ist.

In den logistischen Regressionsmodellen waren bei Berücksichtigung der im Framingham-Score berücksichtigten Risikofaktoren (Alter (65 Jahre), Diabetes, Hypertonie, aktueller oder früherer Tabakkonsum, Gesamtcholesterin >4 mmol/l und HDL-C Konzentration 1 mmol/l) als gesonderte Ergebnisvariablen Diabestes und vermindertes HDL-C am stärksten mit niedrigen T assoziiert (adjustiertes OR 1,67 bzw. 1,82.

Kernaussage
 
❏ Bei androgendeprivationtherapienaiven Prostatakrebspatienten, kommt niedriges Testosteron häufig mit vermehrten kardiovaskulären Risikofaktoren assoziiert vor.



Literatur:
Pinthus JH, Duivenvoorden WCM, Klotz L, et al. 2022. Low serum testosterone in men mit newly diagnosed androgen-deprivation therapy-naive prostate cancer and its relationship to cardiovascular risk factors: A RADICAL-PC substudy. J Urol 207:1020–1028.
 Mai 2022 Drucken Autor: jfs