Gute Wirksamkeit bei konstanten Serumspiegeln
Wie unter Teriparatid die Progredienz des Krankheitsverlaufs aufgehalten
werden kann, demonstrierte Professor Peyman Hadji aus Marburg anschaulich
anhand von Patientenfällen. Gerade bei Patienten mit multiplen Vorfrakturen
könne mithilfe der osteoanabolen Therapie das Auftreten weiterer Knochenbrüche
signifikant reduziert werden. Dies hatte sich bereits in den
Zulassungsstudien zu Teriparatid gezeigt: Dort sank z.B. bei Patienten mit
mindestens drei vorbestehenden vertebralen Frakturen das Risiko für neue
mittelschwere oder schwere Frakturen um 92% [3]. Dass hinsichtlich der Verhinderung
neuer vertebraler Frakturen Teriparatid einen Vorteil gegenüber
Bisphosphonaten haben könnte, legte die Zulassungsstudie zur
glukokortikoidinduzierten Osteoporose nahe, in der Teriparatid mit Alendronat
verglichen wurde [4]. Professor Hadji referierte auf dem Osteologie Kongress
nun aktuelle Ergebnisse aus einer weiteren doppelblind randomisierten direkten
Vergleichsstudie, in der das Bisphosphonat Risedronat als Wochentablette
mit 35 mg zum Einsatz kam. Explorativ wurde das Auftreten neuer Frakturen
erfasst. In der Teriparatid-Gruppe kam es nach der 18-monatigen
Therapie zu signifikant weniger neuen vertebralen Frakturen (9,4% vs. 4,1%;
p=0,01), wobei in der Gruppe, die mit Teriparatid behandelt wurde, insbesondere
die für das zukünftige Frakturrisiko ungünstigeren schweren und mittel-
schweren Frakturen seltener aufgetreten sind [5]. Von den 710 Patientinnen, die
an der Studie teilnahmen und randomisiert entweder mit Teriparatid oder
Risedronat behandelt wurden, hatten mehr als 50% eine schwere Osteoporose
mit mindestens zwei vorbestehenden radiologisch gesicherten vertebralen
Frakturen „Bei solchen Patienten ist es sehr wohl gerechtfertigt, ein
osteoanaboles Therapieprinzip einem antiresorptiven vorzuziehen“, so Hadji.
Osteoanaboles Therapieprinzip: regenerieren und aufbauen
Worin bei diesen Patienten der Vorteil des osteoanabolen Wirkprinzips von
Teriparatid gegenüber den Antiresorptiva liegt, erläuterte Professor Franz
Jakob aus Würzburg. Der pathologischen Situation einer Osteoporose liege
im Wesentlichen ein überstürzter Knochenabbau und/oder eine insuffiziente
Aufbauleistung zugrunde. In der Therapie würden heutzutage überwiegend
antiresorptiv wirksame Substanzen eingesetzt: „Antiresorptiva wirken primär
hemmend auf die Osteoklasten und können durch eine erhöhte Mineralisierung
eine Stabilisierung vorhandener Knochenstrukturen erzielen, jedoch in
keinem nennenswerten Umfang neues Knochengewebe aufbauen oder regenerieren.“
Teriparatid hingegen wirkt in erster Linie auf die Osteoblasten und
stimuliert so den Knochenaufbau. So ist die Substanz in der Lage, in die
osteogene Differenzierung fördernd einzugreifen und hemmend auf die
Apoptose von Osteocyten und Osteoblasten zu wirken und damit geeignet,
auch wesentliche negative zellbiologische Vorgänge im Zusammenhang mit
der glukokortikoidinduzierten Osteoporose umzukehren. Die regenerative
Potenz von Teriparatid haben sich in einer Studie mit gepaarten Knochenbiopsien
bei Patientinnen, die entweder noch keine spezifische
Osteoporosetherapie erhalten hatten oder bereits seit längerer Zeit mit
Alendronat vorbehandelt waren, unter anderem in der signifikant reduzierten
Dichte der Microcracks manifestiert [6]. „Dies zeigt, dass sich durch den Ersatz
mit neuem Knochengewebe auch die Qualität der extrazellulären Matrix verbessert“,
so Jakob.
Neuer Knochen – neue Stabilität
Wie der Einfluss von Teriparatid auf die Knochenstrukur und damit auf die
Festigkeit des Knochens sichtbar gemacht werden kann, demonstrierte Professor
Claus Glüer (Kiel) anhand von Daten der EUROFORS-Studie. Hierin
wurde der osteoanabole Effekt durch hochauflösende quantitative Computertomographie
(HRQCT) aufgezeigt. Untersuchungen am 12.
Brustwirbelkörper zeigten, dass sich sowohl der apparente Knochenvolumenanteil
als auch die apparente Anzahl der Trabekel unter der Therapie
mit Teriparatid erhöhte, so dass die trabekuläre Vernetzung zunahm [7]. Dass
diese neu gebildeten Knochenstrukturen eine hohe Relevanz für die Knochenfestigkeit
haben, ließ sich mit Hilfe einer Finite-Elemente-Analyse belegen:
unter Therapieeinwirkung verbesserte sich bereits nach 6 Monaten die
Festigkeit sowohl für Kompression, als auch für Biegung oder Torsion. Die
Anwendung der Finite-Elemente-Analyse auf die QCT-Ergebnisse am Oberschenkelhals
zeigten, dass sich unter fortlaufender Behandlung auch die
Knochenfestigkeit für Knick- und Biegebelastungen am Femur erhöhte [8]. „Hervorzuheben
ist, dass unter Teriparatid-Therapie Knochen vorwiegend da angebaut
wird, wo hohe Belastungen auftreten und das Schädigungsrisiko besonders
groß ist“, so Glüer. Dies erkläre auch zunächst paradoxe
Phänomene wie den temporären Rückgang der Knochenmineraldichte unter
Teriparatid in Regionen, in denen dadurch die Knochenfestigkeit nicht beeinträchtigt
wird. Neu aufgebautes Knochenvolumen benötige Zeit, um vollständig
zu mineralisieren. Umgekehrt könne die erhöhte Mineralisierung bestehenden
Knochenvolumens unter Antiresorptiva nicht ohne weiteres als
Verbesserung der Knochenfestigkeit interpretiert werden, da technikbedingt
ein Anstieg der Mineralisierung einen Knochenvolumenanstieg vortäuschen
könne und Veränderungen der Knochenmatrix – z.B. durch Alterung - derzeit
noch nicht erfasst werden können. Letztere kann jedoch die Knochenfestigkeit
und das Frakturrisko entscheidend mit beeinflussen. In der EUROFORSStudie
war die Behandlung mit Teriparatid über 24 Monate mit einem signifikanten
Anstieg der Knochenmineraldichte assoziiert, sowohl bei mit
Antiresorptiva vorbehandelten als auch bei nicht-vorbehandelten Patienten
(Obermayer-Pietsch 2008), und – so Prof. Hadji – mit zunehmender Dauer
der Behandlung sei eine Abnahme der Frakturraten zu beobachten gewesen.
Osteoanaboles Wirkprinzip – Nutzen in der Praxis
Wie sich die Ergebnisse der klinischen Studien im Praxisalltag wiederspiegeln,
stellte Prof. Jakob anhand der jüngsten Ergebnisse der nichtinterventionellen
European Forsteo Observational Study (EFOS) dar. Primärer
Endpunkt war das Auftreten neuer klinischer vertebraler und extravertebraler
Frakturen während eines Gesamtbeobachtungszeitraums von 36 Monaten.
Alle Patientinnen (n=1.581) erhielten zunächst während einer aktiven
Behandlungsphase über einen Zeitraum von bis zu 18 Monaten Teriparatid
und wurden anschließend über weitere 18 Monate nachbeobachtet. Im Mittel
lagen bei dem eingeschlossenen Patientenkollektiv bereits 2,9 anamnestisch
bekannte Frakturen vor und 92,3% hatten zuvor bereits eine spezifische
Osteoporosetherapie erhalten, 73,4% in Form von mindestens einem
Bisphosphonat. Von 907 Patientinnen lagen zum Ende der Studie Daten über
die Anschlussmedikation nach der 18-monatigen aktiven Behandlungsphase
vor; 70,7% von ihnen erhielten Antiresorptiva, meist Bisphosponate. Im Verlauf
des Gesamtbeobachtungszeitraums nahm das Risiko für neue klinische
vertebrale und nicht-vertebrale Frakturen, das jeweils im 6-Monatsintervall im
Vergleich zu den ersten 6 Monaten unter Therapie ermittelt wurde, stetig ab [9].
Die Rückenschmerzen der Patientinnen verbesserten sich schnell (am deutlichsten
innerhalb der ersten drei Monate der aktiven Therapie mit
Teriparatid); die Verbesserung hielt bis zum Ende der 18-monatigen Nachbeobachtungszeit
an. Auch die Compliance sei mit >70% sehr gut gewesen,
berichtete Prof. Jakob.
Die Referenten stimmten darin überein, dass bei Patienten mit schwerer Osteoporose
und einem hohen Frakturrisiko der Einsatz einer osteoanabol wirksamen
Substanz in Form von Forsteo bei der insgesamt beobachteten guten
Compliance gute Aussichten für das Erreichen der in der
Osteoporosetherapie wichtigen Ziele – Verhindern weiterer Frakturen, Verbesserung
der Mobilität der Patienten – bieten kann.
Quelle: Lilly-Symposium anlässlich des Kongresses Osteologie 2012
Neuer Knochen, neue Stabilität – Was kann eine osteoanabole Therapie leisten?
März 2012, Basel
Referenzen:
[1] http://www.dv-osteologie.org/dvo_leitlinien/dvo-leitlinie-2009.
[2] Kado DM et al. Arch Intern Med 1999;159(11):1215-1220.
[3] Gallagher JC et al. Calcified Tissues Int 2003;7374(4):333.
[4] Saag KG et al. N Engl J Med 2007;357(20):2028-2039.
[5] Hadji P et al. Osteoporos Int (published online Dec 2011)
DOI 10.1007/s00198-011-1856-y
[6] Dobnig H, et al. J Bone Miner Res 2009;24:1998-2006.
[7] Graeff C et al., J Bone Miner Res 2007;22(9):1426-1433.
[8] Graeff C et al., J Bone Miner Res 2009;24(10):1672-1680.
[9] Fahrleitner-Pammer A et al., Osteoporos Int 2011:22:2709-19.
Mai 2012
Printversion
© 2003-2024 pro-anima medizin medien
–
impressum
–
mediadaten
–
konzeption
–
datenschutz