Symptomatische Benefits einer Testosteronsubstitution bei diversen Patienten-Subgruppen

Hintergrund/Zielsetzung

Mit einer Testosteron-Substitutionstherapie (TRT) kann sich bei unter 40-jährigen hypogonadalen Männern eine eingeschränkte Sexualfunktion verbessern. Allerdings ist nicht klar, inwieweit sich sexuelle Funktionsstörungen bei älteren wie auch fettleibigen Männern mit Testosteron verringern lassen, obwohl Testosteron in erster Linie einer solchen Patientenpopulation verschrieben wird. Es wurde davon ausgegangen, dass sich die symptomatischen Benefits einer TRT aufgrund von Subgruppen-Charakteristika wie Alter, Baseline-Testosteronkonzentration, BMI, Raucherstatus und dem Vorliegen von Diabetes unterscheiden könnten.

Patienten und Methoden

In einem systematischen Review mit Metaanalyse wurden Besonderheiten in Verbindung mit dem symptomatischen Benefit einer Testosteronbehandlung versus Placebo bei Männern mit einer Serum-Gesamttestosteronkonzentration <12 nmol/l in Relation zum Alter der Patienten, Adipositas oder dem Grad des Testosteronmangels bewertet. Aus einigen Studien konnten anonymisierte Daten einzelner Teilnehmer erhalten werden. Aktuell wurden sekundäre Ergebnisse der Sexualfunktion, der Lebensqualität (QoL) und psychologische Ergebnisse nach 12 Monaten berichtet.

Sexualfunktion

Zur Bewertung der Sexualfunktion unter der Testosteronbehandlung diente zumeist der IIEF-15-Fragebogen. Aus fünf Studien wurden individuelle Daten von 1.412 Männern analysiert. Dabei war der mittlere Unterschied des IIEF-15-Gesamtscores mit TRT versus Placebo am größten. Hohe Differenzen ergaben sich auch bei den Subscores für die erektile Funktion wie die Zufriedenheit mit dem Geschlechtsverkehr. Geringere Unterschiede resultierten bei den Subscores für die orgasmische Funktion, das sexualle Verlangen und die allgemeine Zufriedenheit.

Die Befunde zeigten keine signifikante Abhängigkeit vom Alter, vom Gesamt- und freien Testosteron zu Baseline, vom Diabetes-Status oder vom BMI. Der Raucher-Status war für 481 (26,6%) der 1.810 Teilnehmer mit individuellen Daten bekannt. Mit Testosteron verbesserte sich der IIEF-15-Score bei Nichtrauchern deutlich (p<0,0001), aber nicht bei Rauchern.

Signifikante Schwellenwerte des IIEF-15-Scores unter der TRT wurden bei Teilnehmern der Altersstufen von 52,0 Jahren, 70,0 Jahren, 72,0 Jahren und 72,8 Jahren ermittelt. Zusammenfassend ließ sich erkennen, dass Männer älter als 70,0 Jahre nach der Behandlung eine geringere Sexualfunktion hatten als diejenigen mit 70,0 Jahren oder jünger. Die Erhöhung des IIEF-15-Scores unter der Testosteronbehandlung war nicht vom Alter abhängig. Allerdings hatten ältere Männer mit einem niedrigeren IIEF-15-Score zu Baseline auch nach der Behandlung niedrigere mittlere IIEF-15-Scores.

Die Zunahme des IIEF-15-Scores unter der Testosteronbehandlung hing nicht vom Testosteronspiegel zu Baseline ab. Andererseits war der IIEF-15-Score nach der Behandlung bei Männern geringer, deren Gesamttestosteron-Konzentration zu Baseline <9,8 nmol/l betrug.

Zunahmen des IIEF-15-Scores unter der Testosteronbehandlung waren nicht vom BMI abhängig. Allerdings hatten Männer mit einem BMI oberhalb eines Schwellenwerts von 30,6 kg/m² nach der Behandlung den geringsten mittleren Anstieg des IIEF-15-Scores.

Testosteroneffekte auf die Lebensqualität

Mit dem AMS-Fragebogen wurden für gewöhnlich die Testosteroneffekte auf die Lebensqualität erfasst. Mittels einstufiger Analyse der Daten individueller Teilnehmer wurde gezeigt, dass die QoL unter Testosteronbehandlung besser war als mit Placebo. Das betraf auch alle AMS-Subscores der QoL. Die Unterschiede zwischen den Teilnehmern in der Testosteron- und der Placebogruppe waren nicht signifikant mit dem Alter, dem Gesamt- und freiem Testosteron zu Baseline oder dem BMI assoziiert. Bei Tabakrauchern und bei Männern mit Diabetes wurden unter der Testosteronbehandlung keine signifikanten Verbesserungen des AMS-Scores registriert. In fünf Studien mit insgesamt 539 Teilnehmern waren die Fragebögen (SF-36 oder die 12-Punkte Kurzform [SF-12]) zur Untersuchung der Testosteroneffekte auf die gesundheitsbezogene QoL angewendet worden. Dabei ergab die Datenanalyse individueller Teilnehmer signifikante Verbesserungen bei drei der zehn SF-36- oder SF-12-Subscores unter der Testosteronbehandlung vs. Placebo, explicit die soziale Funktion, die Rollenbegrenzung aufgrund emotionaler Probleme und der Gesamtscore für psychische Gesundheit. Eine Analyse von Daten einzelner Teilnehmer anhand des Beck Depression Inventory (BDI) ergab im Vergleich mit Placebo keinen signifikanten Testosteroneffekt auf psychologische Symptome. Zwischen den Testosteroneffekten auf dem BDI bestanden auch keine Assoziationen mit Alter, Gesamttestosteron zu Baseline, freiem Testosteron, Raucherstatus oder Diabetes.

Kernaussagen
 
❏ Bei Männern ab 40 Jahren mit einem Serum-Testosteron von weniger als 12 nmol/l zu Baseline kann eine kurz- bis mittelfristige Testosterontherapie zu klinisch bedeutsamen Behandlungserfolgen bei milder erektiler Dysfunktion führen, unabhängig vom Alter, Adipositas oder dem Grad des Testosteronspiegels der Patienten.

❏ Allerdings kann der unter Testosteronbehandlung erreichte absolute Grad der Sexualfunktion bei älteren und bei adipösen Männern verringert sein.

❏ Die aktuelle Analyse liefert nützliche neue Informationen für Ärzte, um Männer ohne klassischen Hypogonadismus zu erkennen, die höchstwahrscheinlich von einer kurz- bis mittelfristigen Testosteronbehandlung profitieren können.

Literatur:
Hudson J, Cruickshank M, Quinton R, et al. 2023. Symptomatic benefits of testosterone treatment in patient subgroups: a systematic review, individual participant data meta-analysis, and aggregate data meta-analysis. Lancet Healthy Longev 4:e561–e572.
Januar 2024 Drucken jfs
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