Inwieweit kann die erektile Funktion allein mit Testosteron-Substitutionstherapie verbessert werden?

Hintergrund

Prinzipiell kann anhand zahlreicher Studien, Metaanalysen und systematischen Reviews von einer eindeutigen Datenlage bezüglich hinreichender Nachweise der Besserung sexueller Symptome bei hypogonadalen Männern unter einer Testosteron-Substitutionstherapie ausgegangen werden. Nachdem aber die Diskussion über den sexuellen Benefit unter einer Testosterontherapie jüngst dennoch wieder entfachte, sahen sich ausgewiesene Andrologie-Experten veranlasst, darauf mit einer aktuellen Metaanalyse zu reagieren. Dabei diente der validierte International Index of Erectile Function (IIEF) einheitlich als Bewertungsmaßstab für die erektile und andere sexuelle Funktionen.

Zielsetzung
Anhand von IIEF-Scores aus Placebo-kontrollierten, randomisierten klinischen Prüfungen wurde eine Metaanalyse zur Bewertung der Effekte einer Testosteron-Substitution auf die männliche Sexualfunktion angefertigt (Corona G, et al. 2017):

Methoden
Die ausgedehnte Internetsuche in verschiedenen Datenbanken ergab roh 284 Artikel aus den Jahren 2004 bis 2016. Vierzehn von ihnen wurden für die aktuelle Analyse als geeignet ausgewählt. Sie beinhalteten insgesamt 2.298 Teilnehmer und hatten ein mittleres Follow-up von 40,1 Wochen. In jeweils sechs Studien lag der Spiegel an Gesamttestosteron (TT) <8 nmol/l und <12 nmol/l.

Ergebnisse
EF-Komponente
Zur Beurteilung des Effektes einer Testosteron-Substitutionstherapie auf die erektile Funktion (EF) waren die auf sechs oder fünf Punkte verkürzten Versionen IIEF-EFD bzw. IIEF-5 des ursprünglich 15 Punkte umfassenden IIEF angewandt worden. Die kombinierten Daten der IIEF-EFD- und IIEF-5-Scores ergaben für die Behandlung mit Testosteron gegenüber Placebo eine signifikante Verbesserung der EF-Komponente (p<0,0001).

Abb.: Der positive Effekt einer Testosteron-Substitution auf die erektile Funktion nahm mit längerer Studiendauer zu. Die Kreisdimensionen veranschaulichen die Größe der jeweiligen Teilnehmerzahl.
 
Die Metaregressionsanalyse ergab für Studien mit einem höheren Anteil Diabetiker oder adipöser Männer im Studienkollektiv erniedrigte Effektivitätsraten für die Testosterontherapie. Das weist darauf hin, dass bei Männern mit leichter erektiler Dysfunktion (ED) der Ausgleich eines Testosterondefizits zur Behebung der Erektionsschwäche ausreichend sein kann. Dagegen können zusätzliche Behandlungsmethoden wie die Gabe eines Phosphodiesterase-5-Inhibitors bei schwereren ED-Formen mit zugrundeliegenden Krankheiten angezeigt sein. Unabhängig vom Anteil der Männer mit metabolischen Entgleisungen wirkte sich die Dauer der Behandlung positiv auf die EF aus (Abb.). Signifikante Effekte ergaben sich allerdings bereits nach dreimonatiger Testosteron-Behandlung.

Bei Patienten mit stärker ausgeprägtem Hypogonadismus (TT <8 nmol/l) wurde abschließend ein stärkerer Anstieg des IIEF-EFD-Scores registriert als bei jenen mit moderaterem Testosteronmangel (TT <12 nmol/l; 2,95 vs. 1,47). Die Verbesserung der EF-Komponente war vom mittleren Alter der Männer, dem mittleren Testosteronspiegel und dem IIEF-Score zu Baseline unabhängig.

Andere Sexualfunktionen
Bewertungen der Subdomänen Libido, Zufriedenheit mit dem Geschlechtsverkehr und allgemeine sexuelle Zufriedenheit anhand des IIEF-Scores ergaben bei Männern mit Testosterontherapie anders als jenen mit Placebo-Gabe ebenfalls signifikante Verbesserungen im IIEF-Score.

Schlussfolgerungen
Bei hypogonadalen Männern führt die Substitution mit Testosteron – am Anstieg des IIEF-Scores ablesbar – zur Verbesserung der erektilen Funktion und anderer Sexualparameter. Sexuelle Dysfunktion kann somit als kennzeichnender Parameter für Testosteronmangel berücksichtigt werden. Mit dem Ausgleich eines Testosterondefizits alleine lässt sich milde erektile Dysfunktion zufriedenstellend behandeln, während bei schwereren Formen zusätzliche Therapieformen wie etwa die Einnahme eines Phosphodiesterase-5-Inhibitors zweckmäßig ist.
   
Literatur:
Corona G, Rastrelli G, Morgentaler A, et al. 2017. Meta-analysis of results of testosterone therapy on sexual function based on International Index of Erectile Function scores. Eur Urol doi: 10.1016/j.eururo.2017.03.032. [Epub ahead of print].

 Oktober 2017 Drucken jfs