Verbindung der Gesamt-, Krebs- und kardiovaskulären Mortalität mit dem Sexualhormonstatus

Hintergrund

Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Testosteronspiegeln und dem sich für Männer daraus ergebenden Mortalitätsrisiko haben bislang zu keinem abschließenden Ergebnis geführt. Vielfach liegt offenbar ein mit dem Alter in Verbindung stehender so genannter kompensierter primärer Hypogonadismus vor, der bei relativ hohem Spiegel an Luteinisierungshormon (LH) durch weniger deutliche Androgeninsuffizienz gekennzeichnet ist. Die Männer leiden an sexuellen und insbesondere physischen Symptomen [1].

Zielsetzung
In diesem Zusammenhang wurde die Assoziation zwischen LH und Testosteron (LH/T) sowie anderen reproduktiven Hormonen mit der folgenden Mortalität analysiert [2].

Patienten und Methoden
Die prospektive Kohortenstudie wurde mit insgesamt 5 323 Männern im Alter von 30 bis 70 Jahren aus vier bevölkerungsbasierten Erhebungen durchgeführt. Von allen Teilnehmern lagen Serumproben und ein mittleres Follow-up von 18,5 Jahren vor. Während des Beobachtungszeitraums verstarben 1 533 Männer – 428 an kardiovaskulärer Krankheit und 480 an Krebs.

Gesamtmortalität
Bei der Gesamtmortalität bestanden bezüglich altersstandadisierter Quartilen des Testosterons (Abb. A) oder des Follikel-stimulierenden Hormons (FSH) keine signifikanten Unterschiede. Für die oberste Quartile des freien Testosterons und der zweiten Quartile des Sexualhormon bindenden Globulins (SHBG) wurde eine signifikant erniedrigte bzw. erhöhte Mortalität registriert. Deutlich erhöhte Mortalität wurde bei den Männern in den obersten Quartilen des Estradiols, des LH und des LH/Testosterons registriert.

Die Assoziation der Gesamtmortalität mit LH bzw. mit dem Verhältnis LH/Testosteron nicht aber mit dem Gesamttestosteron lässt auf das Vorliegen eines kompensierten primären Hypogonadismus schließen. Denn lägen eine verminderte Androgenwirkung infolge antiandrogener Effekte oder eine verringerte Androgensensitivität vor, sollten sowohl erhöhte LH als auch erhöhte Testosteronspiegel erwartet werden.

Kardiovaskuläre Mortalität
Zwischen altersstandadisiertem Testosteron und kardiovaskulärer Mortalität bestand zwischen unterster und oberster Quartile des Testosterons eine negative lineare Beziehung (Abb. A). Gleiches galt für das freie Testosteron, während beim SHBG nur der Trend zu verringerter Mortalität bestand. Keine Assoziationen ergaben sich für LH, FSH, SHBG wie auch Estradiol und kardiovaskulärer Mortalität. Quartilenübergreifend bestanden keine signifikanten Unterschiede bezüglich der kardiovaskulären Mortalität und altersstandardisiertem Estradiol, LH, LH/Testosteron wie auch FSH. Vergleichbare Ergebnisse wurden in getrennten Analysen für Raucher und Nichtraucher erhalten.
Krebsbedingte Mortalität
In der Analyse unter Einbeziehung aller Männer zeigte sich die Tendenz zu erhöhter Krebsmortalität mit höheren Spiegeln an Testosteron (Abb B), SHBG und Estradiol. Dies wird durch den stärker ausgeprägten Effekt bei Rauchern erklärt, die bekanntermaßen höhere Spiegel an Testosteron und SHBG als Nichtraucher aufweisen. Männer mit Estradiol- und LH-Spiegeln in der obersten Quartile wiesen unabhängig vom Raucherstatus eine erhöhte krebsbedingte Mortalität auf. Die vom Raucherstatus unabhängige positive Assoziation zwischen LH und krebsspezifischer Mortalität steht im Einklang mit der Gesamtmortalität.

Schlussfolgerungen
Der positive Zusammenhang zwischen LH nicht aber Testosteron und der Gesamtmortalitätsrate lässt auf eine kompensierte Beeinträchtigung der Leydigzellfunktion als Risikofaktor für die Sterblichkeit aufgrund jedweder Ursache schließen. Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse erscheint es empfehlenswert, bei Patienten mit Androgeninsuffizienz bei der diagnostischen Abklärung auch LH-Bestimmungen mit einzubeziehen.
   
Literatur:
[1] Tajar A, Forti G, O’Neill TW, et al. 2010. Characteristics of secondary, primary, and compen­sated hypogonadism in aging men: evidence from the European Male Ageing study. J Clin Endocrinol Metab 95:1810-1818.
[2] Holmboe SA, Vradi E, Jensen TK, et al. 2015. The Association of reproductive hormone levels and all-cause, cancer, and cardiovascular disease mortality in men. J Clin Endocrinol Metab 100:4472-4480.

 März 2016 Drucken Autor: jfs