Kontext
Im Grunde genommen besteht Konsens darüber, dass die erektile Funktion durch Androgene in mehrerlei Hinsicht
beeinflusst wird. Andererseits wird die Substitution hypogonadaler Männer mit erektiler Dysfunktion (ED)
als potenzielle Behandlungsmethode der Erektionsschwäche als Monotherapie oder in Kombination mit einem
Phosphodiesterase-5 (PDE5)-Inhibitor kontrovers beurteilt. Ähnliche Vorbehalte werden gelegentlich auch
anderen Komponenten der männlichen Sexualfunktion entgegengebracht. Mit einer Metaanalyse sollte die
Wirksamkeit der Testosteronsubstitution bei hypogonadalen Männern bezüglich sexueller Funktionsstörungen
näher beleuchtet werden [1].
Erektile Funktion
Daten zur erektilen Komponente in Bezug auf sexuell stimulierte wie auch spontane Erektionen standen
aus 24 Studien mit insgesamt 1.473 Teilnehmern zur Verfügung. In der Meta-Regressionsanalyse
zeigte sich eine inverse Beziehung zwischen den Baseline-Testosteronspiegeln und dem Effekt der
Testosteronsubstitution auf die erektile Funktion. In diesen Studienkohorten bestand dagegen kein
Zusammenhang mit dem mittleren Alter der Patienten.
In einer Sensitivitätsanalyse getrennt nach Industrie-gesponserten und nicht Industrie-gesponserten
Studien ergaben sich für beide Gruppen positive Effekte für die Testosteronsubstitution auf die
erektile Funktion – allerdings waren die Effekte bei ersteren stärker ausgeprägt (Abb. 1)
Zur Ermittlung des Effekts einer Kombinationsbehandlung von ED-Patienten mit PDE5-Hemmern
und Testosteronsubstitution wurden 12 Studien ausgewertet. Insgesamt konnte eine Verbesserung der
Behandlungsergebnisse mit einem PDE5-Hemmer allein festgestellt werden. Beschränkt auf
randomisierte, Placebo-kontrollierte Studien konnten die positiven Ergebnisse nicht völlig
bestätigt werden. Zu bedenken ist aber, dass in die meisten dieser Studien gemischt eugonadale/hypogonadale
Populationen aufgenommen wurden, und somit die Zuverlässigkeit einer statistischen Analyse eingeschränkt ist.
Libido
Anhand der Ergebnisse aus 17 Studien (1.111 Teilnehmer) ließ sich die deutliche Verbesserung
der Libido unter einer Testosteronsubstitution verifizieren (Abb. 2). Bei
Patienten, deren Testosteronspiegel noch im Normbereich lag, wurde hingegen kein Effekt auf das
sexuelle Verlangen festgestellt.
Orgasmische Funktion
Daten zum Effekt der Testosteronsubstitution hinsichtlich der Orgasmusfunktion standen aus 10 Studien
(677 Patienten) zur Verfügung, aus denen sich insgesamt eine Verbesserung des Orgasmus ableiten ließ.
Eine Sensitivitätsanalyse aus vier Studien, in denen der International Index of Erectile Function
(IIEF)-Orgasmus Score angewandt worden war, bestätigte sich der positive Effekt einer Testosteronsubstitution
auf die Orgasmus-Komponente. Die Meta-Regressionsanalyse ergab eine inverse Beziehung zwischen den
Baseline-Testosteronspiegeln und der Größe des Effekts auf die Orgasmusfunktion. Es bestand keine Assoziation mit
dem Alter.
Schlussfolgerungen
Bei hypogonadalen Männern ließen sich positive Effekte der Testosteronsubstitution bei Sexualstörung verifizieren. Andererseits
waren diesbezügliche Erfolge bei Sexualstörungen nicht eindeutig hypogonadaler Männer oder in gemischten
Populationen nicht deutlich nachweisbar. Offensichtlich differierende Ergebnisse bei von der Industrie
und nicht von der Industrie unterstützten Untersuchungen könnten nach Ansicht der Autoren unter anderem auf
unterschiedliche Studiendesigns zurückzuführen sein.
Literatur:
[1] Corona G, Isidori AM, Buvat J, et al. 2014.
Testosterone supplementation and sexual function: a meta-analysis study.
J Sex Med [Epub ahead of print].