Hintergrund
Bei Hypogonadismus weist die Körperzusammensetzung einen erhöhten Anteil an Fettgewebe auf, der insbesondere
im intraabdominalen Bereich lokalisiert ist. Andererseits wirkt sich der damit verbundene verminderte Anteil
an fettfreier Masse nicht zuletzt in einer Abnahme der Skelettmuskulatur aus. In erster Linie bei älteren
hypogonadalen Männern – aber auch bei langfristig unbehandelten Männern jüngeren Alters – kommt es
durch Muskelverlust zu Sarkopenie mit dem Risiko ein Pre-Frailty- oder Frailty-Syndrom zu entwickeln.
Der Testosteronausgleich kann sich bei hypogonadalen Männern günstig auf die Körperzusammensetzung
auswirken. Auf der anderen Seite ist davon auszugehen, dass positive Effekte der Testosteron-Therapie auf die
Leistungsfähigkeit der Muskulatur wohl eher im Zusammenwirken mit deren aktiver Beanspruchung zu erreichen sind.
Zielsetzung
Es wurde analysiert, inwieweit die funktionelle Leistungsfähigkeit des motorischen Systems bei
jungen, hypogonadalen Männern, die mit Testosteron substituiert werden, durch zusätzliche
Physiotherapie gesteigert wird [1].
Teilnehmer
An der Studie beteiligten sich junge Männer im mittleren Alter von 26 Jahren, von denen 20
als gesund und 18 als hypogonadal (medianer Testosteronspiegel: 4,2 nmol/l) eingestuft wurden.
Von letzteren wurden 10 Teilnehmer allein mit Testosteron substituiert, während 8 zusätzlich eine
Physiotherapie zur Stärkung der Bein-, Arm- und Rückenmuskulatur für 6 Monate von 2x wöchentlich
60 Minuten erhielten.
Bisherige Befunde
Positive Effekte einer Testosteronsubstitution bei Androgenmangel auf den Fettgewebsanteil
und die Muskulatur wurden wiederholt in unterschiedlichen Patientenkollektiven nachgewiesen.
Deutlich weniger geklärt ist diesbezüglich der Zusammenhang mit einem Zugewinn an Kraft
und funktioneller Leistungsfähigkeit.
Die 6-monatige Behandlung mit 1% Testosteron-Gel verbesserte die Körperzusammensetzung
und die gesundheitsbezogene Lebensqualität bei symptomatischen Männern mit niedrigem
bis normalen Testosteronspiegel [2].
Bei älteren Männern mit Frailty oder Pre-Frailty-Syndrom und niedrigem Testosteronspiegel
kann eine sechsmonatige Testosteronsubstitution den mit dem Alter verbundenen Verlust an
Beinmuskelkraft verhindern und die Körperzusammensetzung, die körperliche Leistungsfähigkeit
wie auch die Lebensqualität verbessern [3].
In der Tromsø Study verbesserten sich bei älteren Männern mit subnormalem Testosteronspiegel unter
der Behandlung mit Testosteron die Körperzusammensetzung und die Knochenmineraldichte in der Hüfte gegenüber
Placebo-behandelten Kontrollen signifikant.
Eine messbare Zunahme der Kraft (Kniestrecken, Griffkraft) war damit nicht verbunden. Da aber
in der Placebo-Gruppe eine deutliche Abnahme der Kraft registriert wurde, war der Unterschied
zwischen beiden Gruppen signifikant [4].
In der Massachusetts Male Aging Study wurde festgestellt, dass
die physische Leistungsfähigkeit älterer Männer im defizitären Bereich mit steigendem Gesamt-
und bioverfügbarem Testosteronspiegel bis zum Erreichen jeweiliger Schwellenwerte zunimmt [5].
Aktuelle Ergebnisse
Die Veränderung der Körperzusammensetzung bezüglich der Fett- und fettfreien Masse
erreichte nur in der Gruppe mit kombinierter Testosteron- und Physiotherapie
hohe statistische Signifikanz.
Bei den teilnehmenden hypogonadalen Männern wurde gegenüber den eugonadalen Kontrollen
anhand des International-Physical-Activity-Fragebogens nur eine mäßige körperliche Aktivität registriert.
Als Maß für die motorische Leistungsfähigkeit zu Begiin und nach 6 Behandlungsmonaten
dienten Messungen der Kraft
und der Höhe eines senkrechten Sprungs mit beiden Beinen aus dem Stand.
Die Sprungkraft bei den Männern mit Testosteronausgleich plus Physiotherapie erhöhte sich
nach 6 Monaten im Mittel signifikant von 2,56 kW auf 3,32 kW. Veränderungen in der Gruppe
mit alleiniger Testosteronsubstitution erreichten nur minimalen Zuwachs (Abb. 1).
Zu Beginn der Untersuchung
bestand zwischen den eugonadalen Kontrollen und hypogonadalen Männer ein deutlicher Unterschied
bezüglich der Sprungkraft. Dieser Unterschied zu den auch mit Physiotherapie behandelten
hypogonadalen Männer war nach 6 Monaten nur noch insignifikant.
Die Verbesserung
der Sprunghöhe war in der Gruppe mit zusätzlicher Physiotherapie ebenfalls deutlich
stärker ausgeprägt als bei alleiniger Testosterontherapie (Abb. 2).
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Schlussfolgerungen
Durch zusätzliche Physiotherapie zum Testosteronausgleich bei hypogonadalen Männern lassen sich
raschere und höhere physische Leistungssteigerungen erreichen als ohne die aktive Beanspruchung der
Muskulatur.
Literatur:
[1] Baceviciene R, Valonyte L, Ceponis J, 2013.
The effect of physiotherapy in addition to testosterone replacement therapy on the efficiency of the
motor system in men with hypogonadism. Medicina (Kaunas) 49:71-77.
[2] Behre HM, Tammela TLJ, Arver S, et al. 2012. A randomized double-blind, placebo-controlled
trial of testosterone gel on body composition and health-related quality-of-life in men with
hypogonadal to low-normal levels of serum testosterone and symptoms of androgen deficiency
over 6 months with 12 months open-label follow-up. Aging Male 15:198-207.
[3]Srinivas-Shankar U, Roberts SA, Conolly MJ, et al. 2010.
Effects of testosterone on muscle strength, physical function, body composition, and
quality of life in intermediate-frail and frail elderly men: a randomized, double-blind,
placebo-controlled study. J Clin Endocrinol Metab 95:639-650.
[4] Svartberg J, Agledahl I, Figenschau Y, et al. 2008. Testosterone treatment in elderly men with
subnormal testosterone levels improves body composition and BMD in the hip. Int J Impot Res 20:378-387.
[5] O´Donnell AB, Travison TG, Harris SS, et al. 2006. Testosterone, Dehydroepiandrosterone, and physical
performance in older men: results from the Massachusetts Male Aging Study. J Clin Endocrinol Metab 91:425-431.