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Beeinflussung des endokrinen Systems durch sportliches Training
Bei Männern steigt der Serum-Testosteronspiegel nach intensivem Widerstandstraining oder
Ausdauertraining akut an [1–3]. Verschiedenen Beobachtungen zufolge wird der Testosteronspiegel
durch exzessives Krafttraining zumeist stärker angehoben
als bei vergleichbar intensivem aerobem Ausdauertraining. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen
führt exzessives sportliches Training zum Ansteigen des Serum-Kortisonspiegels. Diese Reaktion auf
körperliche Belastung (Stress) wird über die Aktivierung der adrenalen Achse
Hypothalamus-Hypophyse-Nebenierenrinde bewirkt. Diesbezüglich wurde in den letzten
Jahrzehnten eine Reihe von Studien durchgeführt in denen das Ansprechen des endokrinen Systems
auf einen Workout in Abhängigkeit vom Alter und Trainingszustand sowie der Dauer, Übungsart
und Trainingsmuster untersucht worden ist.
Akuter Einfluss intensiven Krafttrainings auf Testosteron und Kortison
Unabhängig von der Gesamtmasse der Muskulatur eines Mannes führt anstrengendes Training mit Widerstandsübungen
wie insbesondere Kniebeugen (Squats) zu einem akuten Anstieg des Testosteronspiegels. Frauen reagieren hingegen
eher mit deutlicher Zunahme der Wachstumshormon-Sekretion. Das Ausmaß des Testosteronanstiegs steigt mit der
Masse der belasteten Muskeln sowie mit dem Umfang und der Intensität des Trainingsprogramms. Zudem ist der
Effekt von einer hohen Wiederholungsrate und kurzen Ruheintervallen abhängig [4].
Widerstandstraining ist ein wirksamer Stimulus für den Aufbau von Muskelmasse und den Zuwachs an Kraft.
Dieser Effekt wird bekanntermaßen durch Testosteron unterstützt. Bei einer Supprimierung der endogenen
Testosteronproduktion ließ sich Placebo-kontrolliert nachweisen, dass die Reaktion auf Krafttraining bei
Androgenmangel deutlich reduziert ist [5].
Der therapeutisch bedeutsame Aufbau von
Muskulatur und der Zugewinn an Kraft durch eine Testosteron-Substitutionstherapie in Verbindung mit adaptiertem
Krafttraining bei hypogonadalen Männern ist bei den zumeist älteren Patienten mit
einer langfristigen Behandlung verbunden. Im Gegensatz dazu können sich durch intensive Widerstandsübungen
herbeigeführte Testosteron- und Kortisoneffekte auch akut leistungssteigernd auswirken. Hierbei spielen
offenbar Steroidhormonrezeptoren auf der Plasmamembran eine Rolle, über die – anders als bei den intrazellulären,
transkriptorisch wirksamen Rezeptoren – kurzfristig Adaptionen der Muskulatur ausgelöst werden können.
Diese Reaktionswege treten insbesondere bei Athleten markant in Erscheinung, was auf deren konditionierte
neuromuskuläre und endokrine Systeme zurückzuführen sein dürfte [6].
Nach intensivem Widerstandstraining wurden bei nicht trainierten Männern im Alter von 30 Jahren trendmäßig
geringere Anstiege des Kortisonspiegels registriert als bei 62-jährigen Männern. Der Effekt hält jeweils
über mehr als 30 Minuten an. Nach zehn Wochen mit periodischem Krafttraining erhöhte sich der Kortisonspiegel
nach einer Trainingseinheit bei den jüngeren Männern in deutlich geringerem Ausmaß als zu Beginn des Trainingsprogramms.
Bei den älteren Männern war dieser Effekt deutlich schwächer ausgeprägt. Zugleich sank bei beiden Altersgruppen der Kortisonspiegel im
Ruhezustand. Signifikanz wurde allerdings nur bei den älteren Probanden ermittelt [7].
Einfluss intensiven Ausdauertrainings auf Testosteron und Kortison
Intensives Ausdauertraining auf dem Laufband oder Fahrradergometer bewirkt sowohl bei Männern als auch bei
Frauen ein Ansteigen der Spiegel von Stresshormonen wie Kortison und Prolaktin. Untersuchungen mit
Ausdauertrainierten Männern, die bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit beansprucht wurden, stieg der
Kortisonspiegel zunächst deutlich an und erreichte nach 30-minütiger Erholungsphase sein Maximum. Innerhalb
der folgenden 60 Minuten wurde das Ausgangsniveau wieder erreicht, um danach signifikant unter den
Ausgangswert abzufallen. Der Verlauf des Prolaktins zeigte bei Erreichen des Erschöpfungszustandes den
höchsten Wert und ging während der Erholungsphase kontinuierlich auf das Ausgangsniveau zurück. Die
Testosteronkurve erreichte ihr Maximum unmittelbar nach dem Training. Bereits nach 60 Minuten war wieder
der Ausgangswert erreicht. Der Abfall des Testosteronspiegels setzte sich fort und war 24 Stunden nach dem
Test signifikant erniedrigt [2]. Die Ergebnisse bestätigen die negative Korrelation zwischen Kortison und
Gesamttestosteron, wobei davon ausgegangen wird, dass erhöhtes Kortison den Testosteronspiegel supprimiert.
Inwieweit die Dauer eines Lauftrainings bei relativ niedriger Belastung (55% der VO2max) die Spiegel von Testosteron
und Kortison beeinflusst, wurde mit Ausdauer-trainierten Männern (19–49 Jahre) untersucht [3]. Sowohl Gesamt- als
auch freies Testosteron blieben in Ruhe und nach einem 40-minütigen Trainingslauf nahezu unverändert. Beide Spiegel
stiegen aber in der ersten Stunde eines 80- und eines 120-minütigen Trainings um ca. 20% an und fielen danach
wieder deutlich ab, was sich in die anschließende Erholungsphase hinein fortsetzte. Ein Anstieg des Kortisolspiegels
trat erst bei dem Trainingslauf über 120 Minuten auf. Üblicherweise wird indes davon ausgegangen, dass Kortison
erst ab einem Schwellenwert von 60–70% der VO2max auf Ausdauertraining anspricht. Es zeigt sich, dass sich unter
diesen Trainingsbedingungen ein eher kataboles hormonelles Milieu erst nach ca. 80 Minuten einstellt.
Nach extremster körperlicher Belastung wie bei einem Ironman/Triathlon wurde auf den Anstieg des Kortisonspiegels nach
dem Zieleinlauf ebenfalls ein deutlicher Abfall unter das Ausgangsniveau registriert, der über die folgenden drei
Wochen anhielt. Bei den Athleten wurde während der ersten Erholungsphase zudem eine verminderte Immunkompetenz
ermittelt, die zu erhöhter Anfälligkeit gegenüber Infektionen führen könnte [8].
Hormonelles Ansprechen auf unterschiedliche Trainingsarten
Sportliches Training stimuliert die Freisetzung von Kortison, Prolaktin, Testosteron und Wachstumshormon.
Das Ausmaß des jeweiligen Effekts bei ein und derselben Person ist von der Art der Betätigung abhängig [1].
Sowohl Ausdauer-, Sprint- als auch Widerstandsübungen hatten einen deutlichen Anstieg des Serum-Testosteronspiegels zur Folge. Innerhalb von
20 Minuten war der Testosteronspiegel wieder nahezu auf den Wert vor Beginn des Trainings zurückgekehrt (Abb. 1).
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Abb. 1: Serum-Testosteronspiegel in Ruhe sowie nach einem Sprint über 30 Sekunden,
einem Ausdauertraining über 30 Minuten und einer 30-minütigen Trainingseinheit mit Widerstandsübungen
(nach Stokes KA, et al. 2013).
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Ein 30-minütiges Ausdauertraining bei 70% der VO2max auf dem Fahrradergometer führte bei jungen Männern
zu einem deutlichen Ansteigen des Kortisonspiegels. Nach einem 30-Sekunden-Sprint stieg der Kortisonspiegel
erst nach 20 Minuten signifikant auf den Höchstwert (Abb. 2).
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Abb. 2: Serum-Kortisonspiegel in Ruhe sowie nach einem Sprint über 30 Sekunden,
einem Ausdauertraining über 30 Minuten und einer 30-minütigen Trainingseinheit mit Widerstandsübungen
(nach Stokes KA, et al. 2013).
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Beeinflusst Krafttraining die Androgenrezeptor-Expression?
Mit Krafttraining lässt sich sowohl bei jüngeren als auch bei älteren Männern eine Vergrößerung des Querschnitts
der beanspruchten Muskelfasern herbeiführen. In den hypertrophierten Synzytien wurden Veränderungen der
Gen-Expression verschiedener Proteine nachgewiesen. Vielfach standen hierbei Untersuchungen zur Expression des Androgenrezeptors (AR)
im Mittelpunkt des Interesses. Zum einen wurde eine Reihe von Studien durchgeführt, in denen eine Zunahme
der AR und/oder der AR-mRNA ermittelt worden ist [9–11]. Andererseits unterschieden sich die einzelnen
Studien bezüglich der Rahmenbedingungen wie Alter und Trainingsstatus der Testpersonen
sowie Intensität, Dauer und Art der Übungen, so dass die Übereinstimmung der
beobachteten Resultate entsprechend durchwachsen ist.
Bei bis dahin untrainierten Probanden kam es unter Widerstandsübungen in Form von Beinpressen zur Hypertrophie
des Musculus vastus lateralis. Bestimmungen der AR-Konzentration in Muskelbiopsien ergab in der Gesamtkohorte
trainierender Männer (n = 20) keine signifikante Veränderung. Allerdings wurde individuell sowohl bei jüngeren
als auch bei älteren Probanden eine deutliche Zunahme an AR-Protein registriert [12]. Ähnliche Ergebnisse
wurden mit männlichen Probanden erzielt, die zuvor bereits Krafttraining betrieben hatten. In den Muskelbiopsien
waren 48 h nach den Beinpressübungen weder AR-Protein noch AR-mRNA erhöht [13].
Literatur:
[1] Stokes KA, Gilbert KL, Hall GM, et al. 2013
Different responses of selected hormones to three types of exercise in young men. Eur J Appl Physiol 113:775-783.
[2] Daly W, Seegers CA, Rubin DA, et al. 2005
Relationship between stress hormones and testosterone with prolonged endurance exercise.
Eur J Appl Physiol 93:375-380.
[3] Tremblay MS, Copeland JL, Van Helder W, 2005
Influence of exercise duration on post-exercise steroid hormone responses in trained males.
Eur J Appl Physiol 94:505-513.
[4] Kraemer WJ, Ratamess NA, 2005.
Resistance training increases possibility of a positive drug test. Sports Med 35:339-361.
[5] Kvorning T, Andersen M, Brixen K, et al. 2006.
Suppression of endogenous testosterone production attenuates the response to strength training:
a randomized, placebo-controlled, and blinded intervention study. Am J Physiol Endocrinol Metab 291:E1325-E1332.
[6] Crewther BT, Cook C, Cardinale M, et al. 2011.
Two emerging concepts for elite athlets. The short-term effects of testosterone and cortisol on the neuromuscular
system and the dose-response training role of these endogenous hormones. Sports Med 41:103-123.
[7] Kraemer WJ, Häkkinen K, Newton RU, et al. 1999.
Effects of heavy-resistance training on hormonal response patterns in younger vs. older men. J Appl Physiol 87:982-992.
[8] Neubauer O, König D, Wagner K-H, 2008.
Recovery after an Ironman triathlon: sustained inflammatory responses and muscular stress. Eur J Appl Physiol 104:417-426.
[9] Kraemer WJ, Spiering BA, Volek JS, et al. 2006.
Androgenic response to resistance exercise: effects of feeding and L-carnithine. Med Sci Sports Exerc 38:1288-1296.
[10] Hulmi JJ, Ahtiainen JP, Selänne H, et al. 2008.
Androgen receptors and testosterone in men – effects of protein ingestion, resistance exercise and fiber type.
J Steroid Biochem Mol Biol 110:130-137.
[11] Spiering BA, Kraemer WJ, Vingren JL, et al. 2009.
Elevated endogenous testosterone concentrations potentiate muscle androgen receptor response to resistance exercise.
J Steroid Biochem Mol Biol 114:195-199.
[12] Ahtiainen JP, Hulmi JJ, Kraemer WJ, 2011.
Heavy resistance exercise training and skeletal muscle androgen receptor expression in younger and older men. Steroids 76:183-192.
[13] Ahtiainen JP, Lehti M, Hulmi JJ, 2011.
Recovery after heavy resistance exercise training and skeletal muscle androgen receptor and insulin-like growth
factor-I isoform expression in strength trained men. J Strength Cond Res 25:767-777.