Adipositas überzieht die westlichen Industriestaaten heute als ein sich kontinuierlich ausbreitendes Gesundheitsrisiko.
Insbesondere die vermehrte Akkumulation von viszeralem Fettgewebe trägt zur Entwicklung eines Diabetes mellitus
Typ 2, zu Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen bei und ist ein bedeutsamer Prädiktor für kardiovaskuläre
Krankheiten. Zudem wurde in letzter Zeit deutlich, dass bei Männern Adipositas per se zur Absenkung der Serum-Testosteronspiegel
führen kann. Andererseits wird dem Mangel an Testosteron eine wichtige Rolle bei fehlregulierter Fettspeicherung beigemessen.
Darüber hinaus kommt es bei niedrigen Testosteronspiegeln zu verstärkter Adipogenese. Durch die Interaktion zwischen Fettspeichern
und zirkulierendem Testosteron erklärt sich bei adipösen Männern mit symptomatischem Testosterondefizit einerseits die positive
Auswirkung der Testosteronsubstitution auf die Körperzusammensetzung wie andererseits auch die Anhebung der Serum-Testosteronspiegel
bei vielfach allerdings nicht unproblematischer Gewichtsreduzierung [1, 2].
Wechselseitige Abhängigkeit von Serum-Testosteronkonzentration und Adipositas
Adipositas tritt häufig im Zusammenhang mit dem metabolischen Syndrom und/oder bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 auf. Vielfach wurde daher angenommen, Adipositas fördere indirekt als Wegbereiter für Insulinresistenz bzw. Diabetes mellitus Typ 2 und das metabolische Syndrom die Neigung zu Adipositas. Aktuellere Befunde lassen jedoch erkennen, dass Adipositas auch bei metabolisch gesunden Männern im Zusammenhang mit niedrigen Testosteronspiegeln steht.
Erhöhung der Spiegel an Gesamt- und freiem Testosteron durch Gewichtsreduktion
Aktuell untersuchte eine Arbeitsgruppe aus Kiel, Köln und Göttingen die Auswirkung einer kalorischen Reduktion (800 kcal/d) bei metabolisch gesunden, stark adipösen Männern (BMI: =42,7±3 kg/m2) auf die Konzentration von freiem Testosteron im Serum. Hierbei wurde durch Beeinflussung der SHBG-Spiegel nicht nur das Gesamttestosteron beeinflusst, sondern es wurde auch eine signifikante Erhöhung des Spiegels an freiem Testosteron ermittelt. Letzteres wird auf eine verbesserte Hodenfunktion mit verminderter Konversion von Testosteron in Estradiol zurückgeführt [5].
Mechanistische Verbindungen von Adipositas und niedrigem Testosteronspiegel
Fettgewebe setzt sich aus einer Reihe verschieder Zelltypen zusammen. Darunter finden sich neben ausgereiften Adipozyten auch Präadipozyten unterschiedlicher Differenzierungsstufen und pluripotente Zellen mesenchymalen Ursprungs. Diese Zellen exprimieren verschiedene Steroidhormonrezeptoren - darunter auch Androgenrezeptoren (AR). In den Zellen des viszeralen Fettgewebes wurde eine höhere AR-Dichte als in den Zellen des subkutanen Fettgewebes nachgewiesen. Die Aktivierung der AR in Vorläuferzellen des viszeralen Fettgewebes führt zu myogener Differenzierung, während ein Testosterondefizit umgekehrt die Differenzierung in Richtung Adipozyten lenkt. Das macht sich mit zunehmendem Alter dadurch bemerkbar, dass sich bei älteren Männern vermehrt intraabdominales Fettgewebe einlagert, wohingegend das Unterhautfettgewebe nach dem fünften Lebensjahrzehnt allmählich abnimmt.
Testosteron inhibiert das Enzym Lipoprotein-Lipase, durch das die Triglyzerid-Aufnahme im Fettgewebe gesteuert wird. Die Ablagerung überschüssiger Triglyzeride in den Adipozyten ist die biochemische Grundlage von Adipositas. Die Blockierung der Triglyzerid-Aufnahme durch Testosteron führt zur verstärkten Mobilisierung von Lipiden und nachfolgend zur Reduzierung des viszeralen Fettgewebes.
April 2012 | Autor: jfs |